19.02.2019 | Polytrauma | Originalien
Häufigkeit und Management von Gesichtsschädelfrakturen – eine MKG-chirurgische Einschätzung
verfasst von:
Dr. med. Jan Oliver Voß, MD, Dr. med. Nadine Thieme, PD Dr. med. Sven Märdian, Dr. med., Dr. med. dent. Christian Doll, Dr. med., Dr. med. dent. Stefan Hartwig, Prof. Dr. med., Dr. med. dent. Max Heiland, PD Dr. med., Dr. med. dent. Jan-Dirk Raguse, PD Dr. med., Dr. med. dent. Nicolai Adolphs
Erschienen in:
Die Unfallchirurgie
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Ausgabe 9/2019
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Zusammenfassung
Hintergrund
Die Versorgung von Gesichtsschädelfrakturen ist fester Bestandteil des mund-, kiefer- und gesichtschirurgischen Therapiespektrums. In Abhängigkeit vom vorliegenden Verletzungsmuster können komplexe Frakturen mehrerer Ebenen des Gesichtsschädels einen interdisziplinären Behandlungsansatz erforderlich machen, der nur durch die Infrastruktur eines überregionalen Traumazentrums gewährleistet ist.
Ziel der Arbeit
Analyse der Häufigkeit und des Managements von Patienten mit komplexen Gesichtsschädelfrakturen unter Berücksichtigung des begleitenden Verletzungsmusters.
Material und Methoden
Retrospektive Analyse von Patienten mit komplexen Gesichtsschädelfrakturen, die in den Jahren 2009–2015 über die chirurgische Notaufnahme eines überregionalen Traumazentrums aufgenommen wurden. Die Identifikation entsprechender Patientenfälle erfolgte auf Basis der ICD-Kodierungen. Berücksichtigung fanden nur Patienten, die mindestens eine Kombinationsfraktur von Unterkiefer sowie Mittelgesicht (Zweietagenfrakturen) aufwiesen. Reine dentoalveoläre Frakturen sowie einfache Nasenbeinfrakturen wurden nicht berücksichtigt. Die Auswertung der elektronischen Patientenakten umfasste die Ätiologie, das Frakturmuster, Schwere vorliegender Begleitverletzungen auf Basis des Injury Severity Score (ISS), Therapie sowie die Länge des stationären Aufenthalts.
Ergebnisse
Im 7‑jährigen Untersuchungszeitraum konnten 3382 Patienten mit Gesichtsschädelfrakturen ermittelt werden. Davon präsentierten 128 Patienten (3,78 %) komplexe Frakturmuster mit einer Kombination von Unter- und Mittelgesichtsfrakturen (Zweietagenfrakturen). Die Mehrheit dieser Patienten (n = 92) wies kleinere Begleitverletzungen (ISS ≤ 16) auf, während 36 Patienten schwere Begleitverletzungen (ISS > 16) zeigten. Das Auftreten einer Dreietagenfraktur unter Einbeziehung von Unterkiefer, Mittelgesicht und Frontobasis betrug lediglich 0,47 % und konnte nur bei 16 Patienten nachgewiesen werden, von denen 10 als Polytrauma (ISS > 16) klassifiziert wurden.
Diskussion
Das Auftreten von komplexen Frakturen des Gesichtsschädels erscheint mit knapp 4 % vergleichsweise gering. Mehr als jeder vierte Patient mit komplexen Verletzungsmustern des Gesichtsschädels wies aufgrund des schweren zugrunde liegenden Traumas vital bedrohliche Begleitverletzungen auf, deren interdisziplinäres Management die Infrastruktur eines entsprechenden Traumazentrums erforderlich machte.