Erschienen in:
01.04.2020 | Psychotherapie | Originalien
Märchen der Spätmoderne – Spielfilme in der Psychotherapie
verfasst von:
Prof. Dr. phil. Dipl.-Psych. Christian Roesler
Erschienen in:
Forum der Psychoanalyse
|
Ausgabe 2/2020
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Seit Jahren sind Spielfilme zunehmend Gegenstand psychoanalytischer Betrachtungen. Es wird ein kritischer Überblick über Ansätze der psychoanalytischen Analyse von Filmen gegeben. Im Folgenden wird ein Modell der tiefenpsychologischen Bedeutung von Filmen entwickelt, das sich sowohl auf die analytische Psychologie als auch moderne Medienrezeptionstheorien stützt. Das Konzept der thematischen Voreingenommenheit geht davon aus, dass bei den Individuen die unbewussten Themen szenisch verfasst sind und die Medien diesen durch ihre eigene szenische Form der Bebilderung entgegenkommen. Darüber hinaus zeigen sich auch in zeitgenössischen Filmen dieselben archetypischen narrativen Muster wie in klassischen Märchen und Mythen. Die Mediennutzer finden also in Spielfilmen Passungen für ihre eigenen unbewussten, szenisch verfassten Themen und setzen sich auf diese Weise mit ihren Lebensproblemen und Identitätsfragen auseinander. Aufgrund ihrer archetypischen Grundstruktur können dabei die Filme auch Lösungsansätze in symbolischer Form anbieten. Auf dieser Basis wird eine psychotherapeutische Arbeitsweise mit Filmen vorgestellt, bei denen diese analog zur tiefenpsychologischen Verwendung von Märchen in der Psychotherapie eingesetzt werden können.