Erschienen in:
13.09.2019 | Rektumkarzinom | Sektion B - Klinische Studien
Organerhaltende Radiochemotherapie des Rektumkarzinoms
Die CAO/ARO/AIO-16 Studie
verfasst von:
Dr. Cihan Gani
Erschienen in:
Forum
|
Ausgabe 5/2019
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Auszug
Die Standardtherapie für das lokal fortgeschrittene Rektumkarzinom im Stadium UICC II und III ist die neoadjuvante Radiochemotherapie gefolgt von der Resektion. Dieses trimodale Therapieregime wurde über die letzten Jahrzehnte unter ständiger Optimierung der einzelnen Bausteine (Bestrahlung, Chemotherapie, Operation) entwickelt und führte dazu, dass die Lokalrezidivrate nach Therapie inzwischen nur noch im Bereich von ca. 5 % liegt [
7]. Gleichzeitig sind jedoch die langfristigen Nebenwirkungen der Therapie nicht zu vernachlässigen. Patienten mit sehr tief sitzenden Tumoren können oft nicht sphinktererhaltend operiert werden und benötigen ein dauerhaftes Stoma. Auch bei Patienten, die schließmuskelerhaltend operiert werden können, sind dauerhafte Nebenwirkungen, wie eine Drangsymptomatik, gehäufte Stuhlgänge oder Inkontinenz häufig [
5]. In Anbetracht dessen stellte sich in den letzten Jahren daher zunehmend die Frage, ob Subgruppen auch mit einer weniger intensiven Therapie behandelt werden können. Da sich in der pathologischen Aufarbeitung des Resektats nach Radiochemotherapie bei ca. 10 % der Patienten kein vitaler Tumor mehr nachweisen lässt, wurde vor einigen Jahren die Hypothese aufgestellt, dass bei vorsichtig selektionierten Patienten im Falle einer klinischen Komplettremission (cCR) auf die Operation verzichtet werden kann. Diese Strategie geht vor allem auf Berichte der Chirurgin Habr-Gama zurück, die in Sao Paulo Patienten, bei denen sich nach der Strahlentherapie klinisch kein Tumor mehr zeigte, anstelle der Operation einer engmaschigen Verlaufskontrolle zuführte. Die onkologischen Ergebnisse in diesen retrospektiven Arbeiten waren überzeugend und konnten prospektiv von anderen Gruppen validiert werden [
3,
6]. Wie geschildert erreichen insgesamt nur wenige Patienten eine cCR, sodass ein Schwerpunkt der klinischen Forschung die Entwicklung von Strategien zur Erhöhung der cCR Rate darstellt. Hierbei wurden unterschiedliche Ansätze untersucht, zu denen die Erhöhung der Bestrahlungsdosis, die Modifikation der Chemotherapie oder auch die Hinzunahme einer Hyperthermie zählen [
1]. Besonders vielversprechend ist ein Ansatz der unter dem Begriff der „totalen neoadjuvanten Therapie (TNT)“ in die Literatur eingegangen ist [
2]. Hierunter versteht man die Applikation einer Systemtherapie im Anschluss an die Radiochemotherapie vor einer möglichen Operation, anstelle einer adjuvanten Chemotherapie nach einer Resektion. Dieser Ansatz ermöglicht eine höhere Compliance hinsichtlich der Applikation der Therapie und eine weitere Regression des Tumors. Die aktuelle rekrutierende CAO/ARO/AIO-16 Studie untersucht diesen Ansatz mit dem Ziel bei möglichst vielen Patienten mit lokal fortgeschrittenen Tumoren eine cCR zu erreichen und eine anhaltende Kuration ohne ausgedehnten chirurgischen Eingriff zu ermöglichen. …