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05.10.2022 | Spinalanästhesie | Nachrichten

Kaiserschnitt mit Spinalanästhesie

Konversion zu Vollnarkose bei zu niedriger Anästhetikadosis

verfasst von: Thomas Müller

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Wird eine Sectio zunächst mit einer Spinalanästhesie versucht, ist nur selten eine Konversion zu einer Allgemeinnarkose nötig. In eine Studie aus Israel war dies bei weniger als 2% der Fall. Ein Risikofaktor dafür ist eine relativ niedrige Dosis des Anästhetikums.

Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels.

Bei einer geplanten Sectio setzen Ärztinnen und Ärzte zu 90% auf eine Spinalanästhesie, Ausnahmen gelten in der Regel bei Notoperationen oder bestimmten Kontraindikationen. Doch kann es in seltenen Fällen nötig sein, von einer bereits eingeleiteten Spinal- auf eine Allgemeinanästhesie zu wechseln, etwa dann, wenn das Lokalanästhetikum nicht ausreichend wirkt oder sich der chirurgische Eingriff in die Länge zieht. In solchen Fällen werde oft von einer höheren Komplikationsrate berichtet als bei Geburten mit einer Allgemeinnarkose von Beginn an, schreibt ein Team um Dr. Michael Stav von der Sackler Medical School in Tel Aviv in Israel. 

Wie häufig eine Konversion zu einer Allgemeinnarkose nötig ist und welche Faktoren dabei von Bedeutung sind, das haben die Forschenden um Stav anhand einer retrospektiven Analyse von rund 4300 Kaiserschnittgeburten mit Spinalanästhesie untersucht. Ein entscheidender Risikofaktor für eine Konversion ist danach die Bupivacain-Dosis.

Das Team um Stav analysierte sämtliche Geburten einer Klinik in Israel aus den Jahren 2017–2020, bei denen die Spinalanästhesie zur Sectio leitliniengerecht eingeleitet wurde. Dabei verwendeten die Ärztinnen und Ärzte in der Regel 10–13 mg einer 0,5%igen Bupivacain-Lösung, in Kombination mit Fentanyl (20 Mikrogramm) und Morphin (0,1 mg). Ausgeschlossen wurden Frauen, bei denen die Spinalanästhesie schon vor Beginn der Sectio nicht ausreichend war und deshalb auf eine Allgemeinnarkose umgestellt werden musste. Traten während der Sectio leichte Schmerzen auf, konnten die Ärztinnen und Ärzte mit intravenösem Fentanyl, Propofol oder Ketamin nachlegen, bei ausgeprägten Schmerzen wurde zu einer Allgemeinnarkose gewechselt, die Entscheidung oblag den jeweiligen Anästhesistinnen und Anästhesisten.

Wie sich zeigte, war eine Konversion bei 71 Frauen (1,7%) nötig, die meisten Konversionen erfolgten vor der Entbindung, 39% jedoch danach, zu 70% waren Frauen mit einer notfallmäßigen Sectio von einer Konversion betroffen.

Erhöhte Konversionsrate bei 11 mg oder weniger Bupivacain

Als Gründe wurde bei knapp zwei Drittel der Konversionen eine unzureichende Narkosewirkung der Spinalanästhesie angegeben, bei knapp einem Viertel dauerte der Eingriff zu lange, in den übrigen Fällen waren die Frauen hämodynamisch instabil. Neben eine Notoperation gingen vor allem eine Dosis von 11 mg oder weniger Bupivacain mit einer erhöhten Konversionsrate einher, auch postpartale Blutungen erwiesen sich als Risikofaktor – dabei war die Konversionsrate rund sechsfach erhöht.

Das Team um Stav schaute sich zudem diejenigen Schwangeren an, die zwar ohne Allgemeinnarkose klarkamen, aber zusätzlich zur Spinalanästhesie weitere Anästhetika benötigten, das betraf immerhin 175 oder 4,1% der Frauen, knapp 10% bekamen zusätzliche Anxiolytika. 85% benötigten die Mittel nach der Geburt, etwa 2% erhielten sowohl Anxiolytika als auch Sedative und/oder Analgetika. Eine lange dauernde Operation sowie Komplikationen, etwa Blutungen, erwiesen sich hier ebenfalls als Risikofaktoren für den zusätzlichen Medikamentenbedarf.

Das Team um Stav sieht vor allem die Bupivacain-Dosis als modifizierbaren Risikofaktor für eine Konversion oder einen weiteren Bedarf an Anästhetika, Sedativa und Anxiolytika. Manche Ärztinnen und Ärzte würden Dosen unter 11 mg bevorzugen, um eine Hypotonie zu vermeiden. Dieser Gefahr lasse sich jedoch auch durch Vasopressoren vorbeugen.

Das Wichtigste in Kürze

Frage: Was sind Risikofaktoren für die Konversion einer Spinalanästhesie in eine Allgemeinnarkose während eines Kaiserschnitts?

Antwort: Vor allem eine Notoperation sowie eine Bupivacain-Dosis von 11 mg oder weniger.

Bedeutung: Anästhesistinnen und Anästhesisten sollten bei der Spinalanästhesie auf ausreichend hohe Bupivacain-Dosen achten.

Einschränkung: Retrospektive und monozentrische Studie.
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Literatur

Stav M et al. Incidence of conversion to general anaesthesia and need for intravenous supplementation in parturients undergoing caesarean section under spinal anaesthesia: A retrospective observational study. Acta Anaesthesiol Scand 2022; https://doi.org/10.1111/aas.14146

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