07.05.2018 | Suizid | Originalien
Entstehungsursachen, Lebenserwartung und Todesursachen bei Menschen mit traumatischer Querschnittlähmung – Eine monozentrische Analyse von 190 Fällen
verfasst von:
PD Dr. R. Thietje, B. Kowald, A. P. Schulz, M. Northmann, S. Hirschfeld
Erschienen in:
Trauma und Berufskrankheit
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Ausgabe 2/2018
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Zusammenfassung
Hintergrund
Trotz aller Fortschritte in Erstversorgung, medizinischer Betreuung und Rehabilitation ist die Lebenserwartung von Menschen mit traumatischer Querschnittlähmung reduziert. Die Ursachen hierfür sind vielfältig.
Fragestellung
Analyse der Ursachen des Lähmungseintritts, Lebenserwartung und Todesursachen von Menschen mit traumatischer Querschnittlähmung
Material und Methodik
Untersucht wurden 190 Patienten mit traumatischer Querschnittlähmung (QSL), die zum Unfallzeitpunkt älter als 16 und jünger als 60 Jahre waren, keine limitierenden Vorerkrankungen hatten und das Trauma mindestens ein Jahr überlebt haben. Die Daten wurden während ambulanter und stationärer Behandlungen erhoben und in eine Datenbank eingespeist. Jede Todesnachricht war Anlass zu umfangreichen Untersuchungen der Todesumstände.
Ergebnisse
Die QSL trat durchschnittlich im Alter von 33,8 Jahren ein. Häufigste Ursachen waren Stürze (48,4 %), gefolgt von Verkehrsunfällen (35,8 %). Badeunfälle machten 4,2 % aus. Die Lebenserwartung der Paraplegiker betrug durchschnittlich 30,8 Jahre, die der Tetraplegiker 19,6 Jahre. Bei Tetraplegikern war die Pneumonie mit 33 % häufigste Todesursache, gefolgt von kardiovaskulären Erkrankungen (18 %) und Suizid bzw. Tumor (jeweils 11 %). Bei Paraplegikern waren kardiovaskuläre Erkrankungen mit 35,6 % häufigste Todesursache, gefolgt von Tumoren (20 %) und Pneumonien (16,7 %). Signifikante Unterschiede hinsichtlich der Lebenserwartungen zwischen kompletten und inkompletten Tetraplegikern (19,3/20,2 Jahre) bestanden genauso wenig wie bei kompletten und inkompletten Paraplegikern (30,6/32,9 Jahre). Die Lebenserwartung von Tetraplegikern in Deutschland variiert je nach Versicherungsstatus zwischen 16,4 und 23,8 Jahren.
Schlussfolgerungen
Trotz wesentlicher Verbesserungen der Rettungs- und Behandlungssysteme nach traumatischer Querschnittlähmung bleibt die Lebenserwartung nach Eintritt einer Querschnittlähmung eingeschränkt. Gerade bei hohen Tetraplegikern führen pulmonale Komplikationen vorzeitig zum Tod. Je länger eine Lähmungssituation überlebt wird und je tiefer das Lähmungsniveau und das Lähmungsausmaß sind, desto eher führen altersassoziierte Erkrankungen zum Tod. Suizide sind bei inkompletten Tetraplegikern besonders häufig. Der Umfang der Krankenversicherung hat bei Tetraplegikern in Deutschland nach Beendigung der stationären Heilbehandlung erheblichen Einfluss auf die Lebenserwartung.