Erschienen in:
01.10.2022 | Suizid | Originalien
Verfolgung, Vertreibung, Vernichtung. Neurologinnen und Neurologen in der NS-Zeit – Für ein aktives Erinnern
verfasst von:
Prof. Dr. med. Heiner Fangerau, Michael Martin, Axel Karenberg
Erschienen in:
Der Nervenarzt
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Sonderheft 1/2022
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Zusammenfassung
Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) hat die Vertreibung und Ermordung deutschsprachiger Neurologinnen und Neurologen während der Zeit des Nationalsozialismus (NS) untersuchen lassen. Als Einführung zu den nachfolgenden Hintergrundaufsätzen und Biografien in dieser Ausgabe von Der Nervenarzt fasst der vorliegende Aufsatz zum einen Ergebnisse und Perspektiven der medizinhistorischen Forschung zum Thema „Verfolgung“ zusammen. Zum anderen zeigt er, wie sich das aktuelle Erinnerungsprojekt der DGN in den Kontext einer fächerübergreifenden Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus einfügt. Für die DGN ist dabei von besonderer Bedeutung, dass sie als Nachfolgerin der 1935 aufgelösten Gesellschaft Deutscher Nervenärzte (GDN) gegründet wurde. Insbesondere die GDN war zu Beginn der NS-Zeit die fachpolitische Heimat zahlreicher jüdischer und von den Machthabern als „jüdisch“ etikettierter Fachärztinnen und Fachärzte, die aus Deutschland und (nach dem „Anschluss“ 1938) aus Österreich vertrieben, in Konzentrationslager verschleppt oder in den Suizid getrieben wurden. Vor diesem Hintergrund werfen „Verfolgung“, „Vertreibung“ und „Vernichtung“ nicht nur Fragen der Kollegialität, des Anstands und der Moral auf. Der Umgang mit dieser Ära betrifft auch die aktuelle Außendarstellung der neurologischen Fachgesellschaft und konstituiert einen wichtigen Teil ihrer Erinnerungskultur sowie Geschichtspolitik.