18.04.2024 | Thiopental | Originalien
Assistierter Suizid durch Infusion von Thiopental
Eine toxikologische Betrachtung von Fallberichten aus den Jahren 2021–2023
verfasst von:
Maximilian Methling, Nadine Theofel, Sabrina Wangerin, Josephine Janke, Philipp Möller, Michael Tsokos, Stefan Scholtis
Erschienen in:
Rechtsmedizin
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Zusammenfassung
Als Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Sterbehilfe im Jahr 2020 wurde in den Jahren 2021–2023 eine Reihe (n = 23) von assistierten Suiziden im Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin Berlin mit jeweils identischen Fallumständen (Ablauf, Dokumentation, beteiligte Personen, verwendetes Arzneimittel) untersucht. Durch die assistierende medizinische Person wurde jeweils ein Zugang gelegt, über den Thiopental in tödlicher Dosierung (5–10 g) nach selbstständiger Öffnung durch die sterbewillige Person infundiert wurde. Die vorliegende Arbeit beschreibt diese Fälle aus toxikologischer Sicht und stellt die Ergebnisse der chemisch-toxikologischen Untersuchungen dar. Es wurden Konzentrationen von 3,2 bis 174 µg/ml Thiopental in postmortalem Schenkelvenenblut nachgewiesen sowie zusätzlich Herzblut und Lebersaft in 2 Fällen untersucht. Neben Effekten von postmortaler Redistribution und unvollständiger Wirkstoffverteilung werden Faktoren wie die eingesetzte Dosierung sowie die körperliche Konstitution und Dauer des Sterbevorganges als Gründe für die Streuung der Konzentrationen diskutiert. Bei den Obduktionen fanden sich in der Mehrheit der Fälle von den Gefäßzugängen ausgehende, rotbraune, netzartige Hautverfärbungen sowie kristallartige Endokardveränderungen, die auf die i.v.-Thiopental-Gabe zurückzuführen waren.