Erschienen in:
01.12.2014 | Leitthema
Umgang mit vernachlässigten Kindern in pädiatrischer Praxis und Klinik
verfasst von:
PD Dr. phil. J. Reichert
Erschienen in:
Monatsschrift Kinderheilkunde
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Ausgabe 12/2014
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Zusammenfassung
Die Vernachlässigung eines Kindes durch seine Sorgeberechtigten ist eine konkrete Form der Kindeswohlgefährdung, die dem in der Klinik oder Niederlassung tätigen Pädiater häufig begegnen kann. Mindestens eines von 10 Kindern dürfte betroffen sein; hierbei sind akute Symptome seltener und gravierende Folgen erst mittel- oder langfristig zu beobachten. Eine besondere Herausforderung besteht darin, bereits erste Hinweiszeichen zu erkennen, die sich meist aus spezifischen familiären Risikokonstellationen sowie somatischen und psychischen Entwicklungsauffälligkeiten des Kindes ohne erklärende direkte organische Verursachung ergeben. In seiner Rolle als primärer Ansprechpartner der Eltern für gesundheitliche Fragen des Kindes kommt dem Kinderarzt eine wichtige Verantwortung zu, nämlich im Gespräch das Vertrauen der Eltern zu sich aufzubauen und zu festigen. So kann es gelingen, die Familie für die diagnostizierten Auffälligkeiten des Kindes zu sensibilisieren, mit ihr gemeinsam familien- und kindadäquate Unterstützungsangebote zu erörtern und zur Inanspruchnahme zu motivieren. Hierbei hat der Arzt Gestaltungsmöglichkeiten, kann bei gewichtigen Anhaltspunkten den Rat einer insoweit erfahrenen Fachkraft beiziehen oder bei akuter Gefährdung das Jugendamt direkt involvieren. Hinsichtlich einer Intervention steht die Begleitung der gesamten Familie im Mittelpunkt, wobei sich spezifische Präventions- und Interventionsprogramme als vorteilhaft gegenüber eher unspezifischen Programmen erwiesen haben. Der behandelnde Kinderarzt kann an spezielle Einrichtungen vermitteln und für die Familie vertrauter Ansprechpartner bleiben.