Erschienen in:
15.07.2016 | Vestibularisschwannom | Leitthema
Pathogenese und Molekularpathologie des Vestibularisschwannoms
verfasst von:
M. Brodhun, V. Stahn, PD Dr. med. A. Harder
Erschienen in:
HNO
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Ausgabe 5/2017
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Zusammenfassung
Schwannome sind Tumoren der Nervenscheide, die sich von den Schwann-Zellen herleiten. Am häufigsten treten sie am VIII. Hirnnerv (Vestibularisschwannome) auf. Histologisch finden sich mäßig zelldichte Spindelzelltumoren mit Ausbildung von Antoni-A- und -B-Regionen sowie Verocay-Körperchen. Eine maligne Entartung ist sehr selten. Ursächlich ist die Inaktivierung von Merlin (Schwannomin), dem Genprodukt von NF2, durch Mutationen, Allelverlust oder Methylierung. Im Rahmen einer Neurofibromatose Typ 2 finden sich bei der Hälfte der Betroffenen eine Keimbahnmutation und in den Tumoren eine weitere Mutation (zweiter „hit“) des NF2-Gens. Häufig besteht ein Verlust von Chromosom 22 oder 22q. Merlin verbindet die Zellmembran mit dem Zytoskelett und reguliert intrazelluläre Signalwege, sodass der Verlust zu einer Dysorganisation des Zytoskeletts führt. Durch die Inaktivierung von Merlin werden Rac1 und Ras nicht mehr inhibiert und die Signalwege PAK1, mTORC1, EGFR-Ras-ERK, PI3K-Akt, WNT und Hippo sowie Rezeptortyrosinkinasen aktiviert. Im Zellkern inhibiert Merlin die E3-Ubiquitin-Ligase CRL4DCAF1. Neben der biallelischen Inaktivierung von NF2 in Schwannomen kommt es in Schwannomatose-assoziierten Tumoren zur Inaktivierung weiterer Gene, wie LZTR1, SMARCB1 und COQ6, wobei Erstere die Funktion des SWI/SNF-Chromatin-Remodeling-Komplexes für die Genese von Schwannomen belegen. Eigene Untersuchungen weisen auf eine Deregulierung von BAF170 hin, einer weiteren Komponente des SWI/SNF-Komplexes. Aus diesen Wirkmechanismen ergeben sich gezielte molekulare Therapieansätze, z. B. gegen mTOR (Rapamycin/Sirolmus/Everolimus), EGFR (Lapatinib) oder VEGF (Bevacizumab), obwohl klinische Studien noch keinen Anlass zur breiteren klinischen Anwendung gegeben haben.