Erschienen in:
04.03.2021 | Paraneoplastische Syndrome | Leitthema
Neuroendokrine paraneoplastische Syndrome
verfasst von:
Prof. Dr. M. Böhm, R. Gellner
Erschienen in:
Die Dermatologie
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Ausgabe 4/2021
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Zusammenfassung
Die Haut ist bei neuroendokrinen paraneoplastischen Syndromen (PNS) häufig Zielorgan. Durch in der Haut exprimierte Rezeptoren, teils auch indirekt, werden hierbei Schlüsselsymptome hervorgerufen, die für die Diagnose eines PNS in einem frühen Stadium richtungsweisend sein können. So kommt es bei der Akromegalie durch die aktivierte Wachstumshormon-Insulin-like-growth-Faktor-1-Achse zu trophischen Störungen an den Akren und Schleimhäuten inklusive Cutis verticis gyrata. Die Hautsymptome eines nichtiatrogenen Cushing-Syndroms sind ident mit den Veränderungen einer protrahierten Glukokortikoideinnahme: zentripetale Fettumverteilung, Plethora und Striae distensae. Anfallsartiger Flush des Gesichts und oberen Rumpfes (in Verbindung mit explosionsartiger Diarrhö) ist dagegen das Schlüsselsymptom bei sekretorischen Karzinoiden, seltener kommt es nicht nur am Herzen und im Peritonealraum, sondern auch in der Haut zu fibrotischen Umbauprozessen durch die Wirkung von 5‑Hydroxytryptamin (Serotonin, 5‑HT) an HT2B-Rezeptoren in Fibroblasten. Bei Androgen produzierenden Tumoren kommt es ebenfalls rezeptorvermittelt zu kutanen Leitsymptomen des peripheren Hyperandrogenismus an der Haut: Seborrhö, Akne, Hirsutismus und androgenetische Alopezie, während die Pathogenese des nekrolytischen migratorischen Erythems bei Glukagonomen immer noch unzureichend verstanden und eine Hypoaminoazidämie vermutet wird. Die vorliegende Übersicht schildert die Klinik neuroendokriner PNS mit Hautbeteiligung, erläutert die zugrunde liegende Pathophysiologie, nennt Differenzialdiagnosen und skizziert das diagnostische und prinzipielle therapeutische Procedere. Ein interdisziplinäres Patientenmanagement ist essenziell für die optimale Betreuung aller Patienten mit neuroendokrinen PNS.