Erschienen in:
18.12.2020 | Begutachtung | Originalien
Antwortverzerrung oder Symptombelastung? Beschwerdeschilderung von psychiatrischen Patienten und sozialmedizinischen Begutachtungsprobanden
verfasst von:
Maximilian Wertz, M.Sc., Eva Mader, Norbert Nedopil, Kolja Schiltz, Elena Yundina
Erschienen in:
Der Nervenarzt
|
Ausgabe 11/2021
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Zusammenfassung
Hintergrund
Psychiatrische Erkrankungen stellen die Hauptursache für Frühberentungen betroffener Patienten dar. Ein Problem besteht bei der sozialmedizinischen Begutachtung darin, originäre Erkrankungen und tatsächliche störungsbedingte Leistungsbeeinträchtigungen von unbegründeten Begehrungshaltungen abzugrenzen. Deshalb ist bei sachverständigen Untersuchungen die Differenzierung zwischen tatsächlich vorliegenden psychiatrischen Erkrankungen samt authentischer Beschwerdeschilderung und simulierten bzw. aggravierten Beschwerden erforderlich. Beschwerdevalidierungstests (BVTs) haben in diesem Zusammenhang in den letzten Jahren zunehmende Beachtung erfahren. Es muss jedoch geprüft werden, wie valide BVTs zwischen geschilderten authentischen und aggravierten bzw. simulierten Beschwerden (unter Einbezug klinischer Stichproben) unterscheiden können und wie sie mit subjektiv empfundener Symptombelastung der Probanden einhergehen.
Fragestellung
Die vorliegende Studie zielte darauf ab, die Validität unterschiedlicher Methoden zur Diagnostik der Beschwerdevalidität in Abhängigkeit der Symptombelastung (Strukturierter Fragebogen Simulierter Symptome (SFSS), Word memory Test (WMT), Symptom-Checkliste (SCL-90‑R), Minnesota Multiphasic Personality Inventory‑2 (MMPI-2)) zu untersuchen.
Material und Methoden
Anhand des Vergleichs klinisch-stationär behandelter psychiatrischer Patienten (n = 30) und sozialmedizinischer Begutachtungsprobanden (n = 29) wurde geprüft, ob sich eine mögliche Begehrenshaltung bei der Begutachtung im Vergleich zu den klinischen Patienten durch solche Methoden erkennen lässt.
Ergebnisse
Es konnte gezeigt werden, dass weder der WMT noch der SFSS zwischen tatsächlich psychisch Kranken und Begutachtungsprobanden diskriminierte. Bei 20 % der stationären Patienten resultierte zudem ein falsch-positives Ergebnis im WMT. Die Ergebnisse des SFSS zeigten mittlere, signifikante Spearman-Korrelationen zwischen der Ausprägung der Symptombelastung und der Intensität der psychischen Belastung in der SCL-90‑R, weshalb vielmehr die Symptombelastung als die Validität der angegebenen Beschwerden erfasst wurde.
Diskussion
Es ergibt sich ein Forschungsbedarf in Bezug auf die Charakterisierung vorhandener als auch neu entwickelter Instrumente, insbesondere hinsichtlich ihrer Abbildung subjektiver Symptombelastung oder von Antwortverzerrungstendenzen der Untersuchten.