Erschienen in:
20.03.2018 | Leitthema
Bindung und Resilienz und ihre Förderung durch den Kinderarzt
verfasst von:
Prof. i. R. Dr. H. M. Straßburg
Erschienen in:
Monatsschrift Kinderheilkunde
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Ausgabe 8/2018
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Zusammenfassung
Die Geschichte der Kindheit ist auch eine Geschichte der Gefährdung und Misshandlung von Kindern. Neben biologischen Bedingungen ist für sie die Erfahrung von Urvertrauen essenziell. Die Entwicklungspsychologin E. Werner hat aufgrund ihrer soziologischen Feldforschung für ein erfolgreiches Überleben den aus der Technik stammenden Begriff der Resilienz (Elastizität) verwendet und hält diese für erlernbar. In der Entwicklungspsychologie wurden emotionale Sicherheit, Neugier, Anerkennung, Grenzen und Gemeinschaft als wesentliche Voraussetzungen beschrieben, die in kindbezogene, familiäre und soziale Resilienzfaktoren aufgeteilt werden können. Auch wenn eine stabile Mutter-Kind-Bindung als wesentliche Grundlage der gesunden Entwicklung nicht in Zweifel gezogen wird, gibt es doch grundsätzliche Diskussionen bei der praktischen Umsetzung, z. B. dem Beginn der außerhäuslichen Betreuung des Kindes und der Berufstätigkeit der Mutter. Heute werden auch die Autonomie des Säuglings, seine empathische Beobachtung und seine Imitation von Vorbildern als weitere Grundlage der Entwicklung anerkannt. Auf dem Gebiet der Psychologie und der Neurophysiologie haben sich v. a. die Impulskontrolle sowie die Ausbildung von Empathie und eigenem Willen als wichtige Faktoren der erfolgreichen Persönlichkeitsentwicklung herausgestellt. Resilienz wird durch innerfamiliäre Konflikte, ambivalente und psychisch abnorme Verhaltensweisen der engen Bindungspersonen sowie Armut und traumatisierende Erlebnisse nach dem ersten Lebensjahr beeinträchtigt. Es gibt Hinweise, dass Spiritualität des Kindes dessen Resilienz fördert. Vielfältige sozialpolitische Errungenschaften und pädiatrische Angebote in den ersten Lebensjahren können die Resilienz fördern, sie müssen aber frühzeitig genutzt und weiterausgebaut werden.