Die fremde Schlafumgebung und die Verkabelung können als Nebeneffekt den Schlaf der Untersuchten stören. Daher werden bei polysomnographischen Untersuchungen gewöhnlich zwei aufeinander folgende Nächte zur Messung vorgesehen. Die Störung überwiegt in der ersten Nacht. Dieser sogenannte First-night-Effekt äußert sich in häufigerem Erwachen und einer niedrigeren Schlafeffizienz. Mitunter verkürzen sich auch der Tiefschlaf- und der REM-Schlafanteil. Der Effekt der ersten Nacht ist besonders ausgeprägt bei Patienten mit „Insomnien“. Bei Patienten mit „Hypersomnie“ kann er sehr stark variieren. Die Unterschiede der zweiten Nacht gegenüber einer dritten Nacht sind zwar immer noch nachweisbar aber so gering, dass sie gegenüber pathologischen Veränderungen nicht mehr ins Gewicht fallen. So kann in der Regel die zweite Messnacht zur Bewertung des Schlafes zuverlässig herangezogen werden.
Die Polysomnographie stellt den
Goldstandard zur quantitativen Auswertung des Schlafes dar. Aufgrund der großen interindividuellen Variation des Schlafverhaltens darf es aber nicht verwundern, dass aus der Polysomnographie berechnete Werte keine hohe Korrelation mit den Maßen der Schläfrigkeit aufweisen, die am Tage nach der Polysomnographie erhoben werden. Man hat auch versucht, Korrelationen mit Reaktionszeiten und Tests zur Leistungsfähigkeit zu finden. Für alle diese Tests gibt es zwar positive Korrelationen, aber diese sind so schwach, dass eine direkte Vorhersage der Werte nicht möglich ist (Einzelheiten zu den Tests und deren Beziehung zu Schläfrigkeit in „Leistungs-, Schläfrigkeits- und Vigilanzmessung“). Die visuelle Schlafstadienauswertung („scoring“) weist eine begrenzte Reliabilität auf, so wie alle visuellen Auswertungen von Kurven oder Bildern. Prinzipiell lässt sich bei den Auswertern eine Intra-Scorer-Reliabilität und eine Inter-Scorer-Reliabilität bestimmen. Um die
Reliabilität zu bestimmen, wird die Anzahl der unterschiedlich bewerteten Epochen zur Gesamtzahl der gescorten Epochen in Beziehung gesetzt. Bei 100 % Reliabilität gäbe es keine Unterschiede zwischen 2 Auswertedurchgängen beziehungsweise 2 Auswertern. Die Intra-Scorer Reliabilität liegt für die Schlafstadienauswertung bei 85–98 %. Die Inter-Scorer-Reliabilität liegt bei 65–85 % (Norman et al.
2000). Das Ausmaß der Abweichungen hängt als erstes von der Erfahrung der
Scorer ab. Weiterhin ist von hoher Bedeutung, wie eng unterschiedliche Scorer zusammenarbeiten und wie viel sie sich über Zweifelsfälle der Auswertung austauschen. Bei
Multicenter-Studien wird daher entweder nur ein Auswertezentrum gewählt, in dem die Scorer eng zusammenarbeiten, oder es werden wiederholt Schulungen für alle beteiligten Zentren durchgeführt, bei denen die Scorer ihre unterschiedlich bewerteten Epochen diskutieren und zu einem Konsens kommen. Die Reliabilität sinkt weiter, wenn Polysomnographien von Patienten mit
Schlafstörungen verglichen werden (Norman et al.
2000). Die Reliabilität sinkt auch, wenn die Polysomnographien von Patienten höheren Alters stammen.