Aesthesioneuroblastom (Olfaktoriusneuroblastom)
Das sehr seltene Aesthesioneuroblastom des N. olfactorius führt sehr häufig zu einer nasalen Kongestion. Je nach Lokalisation können Epistaxis, nasaler Ausfluss und Schmerzen auftreten. Weiterhin kann es je nach Größe und Lokalisation auch eine Anosmie, Doppelbilder, Ohrenschmerzen und frontale
Kopfschmerzen verursachen. In der Regel besteht die Behandlung aus der Resektion und postoperativen
Strahlentherapie. Die Rolle der Chemotherapie ist unklar. Das Aesthesioneuroblastom hat bei geeigneter Therapie prinzipiell eine gute Prognose, die sich nach der Tumorstadiengradierung nach Kadish richtet (Stadium A: Beschränkung auf die Nasenhöhle; B: Befall von Nasenhöhle und paranasalen Sinus; C: Tumorausbreitung überschreitet die Nasenhöhle und die paranasalen Sinus, z. B. nach intrakraniell). Es wird interdisziplinär behandelt. Unter Einschluss der operativen Resektion und einer Strahlentherapie werden 5-Jahres-Überlebensraten von über 60 % erreicht. Unbehandelt nehmen die Tumoren einen aggressiven Verlauf und können metastasieren. Eine langfristige bildgebende Verlaufskontrolle behandelter Aesthesioneuroblastome ist notwendig, da diese Tumoren auch nach einer Dekade rezidiveren können.
Optikusgliom
Das Optikusgliom
ist ein problematischer Tumor des Kindesalters (histologisch meist
pilozytische Astrozytome WHO-Grad I), der durch
Sehstörungen, Hirndruck,
Hydrozephalus oder endokrine Störungen auffällig wird. Kinder mit asymptomatischen oder minimal symptomatischen Optikusgliomen, die vom N. opticus ausgehen, sollten zunächst beobachtet werden (MRT-Verlaufskontrollen und neuroophtalmologische Kontrollen). Bei Tumorprogression oder relevanter Visusminderung ergibt sich eine Indikation zur Therapie. Hier ist eine Chemotherapie (z. B. Carboplatin-haltige Protokolle) die Therapie der Wahl. Bei einer
Strahlentherapie können die Spätfolgen (
Hypophyseninsuffizienz, Gefäßverschlüsse,
Moyamoya-Syndrom) gerade bei Kindern unter 4 Jahren den Therapieerfolg zunichte machen. Dennoch ist meist im Verlauf bei weiterem Tumorprogress eine Strahlentherapie indiziert. Eine Resektion sollte bei einer relevanten Protrusio bulbi und Visusverlust angestrebt werden.
Grundsätzlich sollte es durch die Operation zu einer Verbesserung einer bestehenden Symptomatik kommen! Sonst ist eine Operation nur bei eindeutiger Größenprogredienz gerechtfertigt oder wenn zur Therapieführung eine bioptische Sicherung vonnöten ist.
Bei Kindern mit Optikusgliomen, die chiasmal und/oder hypothalamisch wachsen, richten sich die Empfehlungen danach, ob eine Assoziation mit
Neurofibromatose Typ 1 vorliegt (NF1). Bei Patienten mit einer NF1 und Optikusgliomen, die chiasmal und/oder hypothalamisch wachsen, ist die Prognose relativ gut. Deshalb ist bei Fehlen einer relevanten Gesichtsfeldeinschränkung und ohne Hirndruckzeichen zunächst eine Verlaufskontrolle sinnvoll. Im Falle eines Rezidivs oder einer relevanten Gesichtsfeldeinschränkung ist die Chemotherapie indiziert. Eine chirurgische Dekompression kann erwogen werden, je nachdem, ob ein raumfordernder Effekt vorhanden ist. Eine
Strahlentherapie sollte so lang wie möglich hinausgezögert werden, um die Entwicklung des ZNS nicht negativ zu beeinflussen.
Bei Kindern mit Optikusgliomen, die chiasmal und/oder hypothalamisch wachsen und bei denen keine Assoziation mit NF1 vorliegt, sollte zunächst eine Biopsie erfolgen, um die Tumordiagnose zu sichern. Auch hier muss jedoch das OP-Risiko unter Berücksichtigung der klinischen Symptomatik abgewogen werden. Sofern die histologische Diagnose einem pilozytischen Astrozytom WHO-Grad I entspricht, wird bei Kindern unter 10 Jahren eine Chemotherapie empfohlen. Bei älteren Kindern kann auch eine
Strahlentherapie erfolgen. Die Therapie richtet sich nach der Tumordiagnose, wenn kein pilozytisches Astrozytom WHO-Grad I nachgewiesen wurde.
Bei Erwachsenen kommt es selten zu malignen, einseitigen Optikusgliomen; die Verläufe sind rasch progredient mit kurzen Überlebenszeiten. Sie entsprechen meist Tumoren des WHO-Grads III (anaplastisches Astrozytom) oder IV (Glioblastom). Die Therapie sollte entsprechend den Leitlinien für höhergradige Astrozytome erfolgen und kann z. B. aus einer kombinierten Radiochemotherapie bestehen.
Vestibularisschwannom
Vestibularisschwannome machen ca. 80 % der Kleinhirnbrückenwinkeltumoren aus. Das mediane Alter bei Diagnose ist ca. 50 Jahre. In über 90 % der Fälle treten Vestibularisschwannome einseitig auf. Bei bilateralen Vestibularisschwannomen muss an das Vorhandensein einer
Neurofibromatose Typ 2 gedacht werden. Ein möglicher Risikofaktor für das Auftreten von Vestibularisschwannomen im Erwachsenenalter ist eine stattgehabte
Strahlentherapie des Kopfes oder Halses im Kindesalter mit einer Erhöhung des relativen Risikos um mindestens 10 % für Patienten mit einer Strahlendosis >4,75 Gy verglichen mit <4,45 Gy. Die häufigste klinische Manifestation ist ein ipsilateraler Hörverlust, häufig mit
Tinnitus assoziiert.
Die Therapie der Vestibularisschwannome ist komplex und wird zunehmend individualisiert. Zunächst muss unterschieden werden zwischen Tumoren, die mit der
Neurofibromatose assoziiert sind, und denen, die spontan auftreten, wobei Letztere die Mehrheit bilden.
Bei den spontanen Vestibularisschwannomen gibt es grundsätzlich drei Optionen. Zunächst kann der Spontanverlauf abgewartet werden; dieses wird man bei kleinen, den Hirnstamm nicht bedrängenden Tumoren, die zufällig gefunden werden, und insbesondere bei älteren Patienten über 65 Jahren empfehlen. Sind die Patienten symptomatisch und die Tumoren groß und den Hirnstamm komprimierend, muss die Indikation zur Therapie gestellt werden. Dem Patienten sollen sowohl die resektiven neurochirurgischen Optionen als auch die radiochirurgischen Möglichkeiten angeboten werden. Die mikrochirurgische Resektion ist seit langer Zeit etabliert und so standardisiert, dass je nach Größe des Tumors die Funktionserhaltung des N. facialis die Regel ist und bei guter Ausgangslage auch eine Erhaltung eines alltagstauglichen Gehörs erreicht wird. Für Tumoren unter 3 cm Durchmesser gibt es mittlerweile auch gute Langzeiterfahrungen mit der Radiochirurgie. Welche Therapieoption gewählt wird, muss individuell im Gespräch mit dem Patienten unter Berücksichtigung aller Fakten abgewogen werden, die sowohl für die komplette funktionserhaltende Resektion sprechen können als auch für eine Bestrahlung.
Bei den Vestibularisschwannomen im Rahmen einer Neurofibromatose Typ 2 müssen noch andere Umstände berücksichtigt werden. Die Tumoren sind tendenziell biologisch aggressiver und beidseitig. Daher muss besondere Rücksicht auf das Hörvermögen genommen werden. Ist nur noch ein Ohr alltagstauglich hörfähig, wird man den Tumor erst dann operieren, wenn durch langsame Progredienz eine Ertaubung eingetreten ist.
Schwannome des
N. trigeminus liegen in dessen Verlauf und dabei vorwiegend im Sinus cavernosus. Sie werden in der Regel exstirpiert. Sprechen allgemeinmedizinische Gründe gegen eine operative Maßnahme oder bleiben nichtresektable Reste, kann eine stereotaktische fokussierte Bestrahlung erwogen werden.