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Laktoferrin

Verfasst von: H. Fiedler
Laktoferrin
Synonym(e)
Laktotransferrin; Lf
Englischer Begriff
lactoferrin; lactotransferrin
Definition
Laktoferrin ist ein multifunktionales eisenbindendes Glykoprotein, das für die Abwehr von Bakterien, Viren und Pilzen im Rahmen der angeborenen Immunität, besonders bei Säuglingen, notwendig ist. Ein eisenbindendes Protein in Kuhmilch wurde bereits 1939 beschrieben, konnte aber erst 1961 in genügender Reinheit isoliert werden.
Struktur
Laktoferrin besteht aus einer Peptidkette mit 2 an Asparagin gebundenen Oligosacchariden und gehört zur Transferrin-Familie. Es ist in Blut und Sekreten als Monomer und/oder Tetramer in Abhängigkeit von der Tf- und der Ca-Konzentration vorhanden.
Molmasse
Ca. 80 kDa (abhängig vom Glykosylierungsgrad).
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Laktoferrin wird in neutrophilen Granulozyten (deponiert in azurophilen und spezifischen Granula) und in Drüsenepithelzellen synthetisiert und wird in Serum, Galle, Speichel (0,55 mg/L), Tränenflüssigkeit, Urin, Sperma, Pankreassekret, Stuhl (<2,4 μg/g), Bronchialsekret und besonders in der Muttermilch (4,9–5,5 g/L) gefunden. Durch Proteolyse werden Peptide (Laktoferricin, Kaliocin-1) mit antimikrobieller Wirkung gebildet.
Funktion – Pathophysiologie
Laktoferrin bindet 2 Eisenionen (Fe3+), aber auch Zn und Cu. Die Bindungsaffinität für Fe ist ca. 300-mal höher als die von Transferrin. In Neutrophilen hemmt Lf die eisenabhängige Lipidperoxidation, reguliert die Granulopoese und beseitigt reaktive Sauerstoffspezies. Durch Entzug von Eisen hemmt Laktoferrin das Wachstum von Bakterien und Pilzen und schützt besonders vor deren Schleimhautbefall. Bei rekurrierenden Infekten von Kindern ist der Verdacht eines Laktoferrinmangels in den Neutrophilen auszuschließen. Durch Hemmung der Mastzellen-Tryptase wirkt Lf antiallergisch. Lf bindet fest an DNA und RNA, hat Nukleaseaktivität und soll auf die Progression und Metastasierung von Karzinomen wirken.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Serum, EDTA-Plasma, Leukozyten. Schnelle Bearbeitung des Blutes ist wegen der Freisetzung aus Leukozyten notwendig. Konzentrationen sind im Serum meist höher als im Plasma. Für die Diagnostik des Sjögren-Syndroms wurde ein POC-Test für die Tränenflüssigkeit entwickelt.
Analytik
Radioimmunoassay, Enzymimmunoassay und Lumineszenz-Immunoassays (analytischer VK <4 %, intraindividueller VK 10–14 %). Immunhistochemie.
Referenzbereich – Frauen
Serum 41–163 μg/L. Es werden auch höhere Werte (170–440 μg/L) dokumentiert.
Referenzbereich – Männer
Serum 53–195 μg/L. Es werden auch höhere Werte (170–440 μg/L) dokumentiert.
Referenzbereich – Kinder
Nicht verfügbar.
Diagnostische Wertigkeit
Laktoferrin wird bei der Akute-Phase-Reaktion vermehrt und parallel zur Elastase (Elastase, pankreasspezifische) aus Neutrophilen freigesetzt, hat aber als Entzündungsparameter keine Bedeutung. Der Einsatz der Laktoferrinbestimmung beschränkt sich auf Spezialfälle besonders in der Pädiatrie (auch in neutrophilen Granulozyten). Bei Mukoviszidose verstärkt das Fehlen oder der Mangel von Laktoferrin, Laktoperoxidase und Hypothiozyanit im Bronchialsystem und Speichel die Abwehrschwäche. Neuere Untersuchungen haben Korrelationen von Lf mit Adipositas und Insulinresistenz gefunden (Mayeur et al. 2016).
Literatur
Antonsen S (1993) Within-subject variation of elastase/α1-protease inhibitor complexes and lactoferrin in plasma. Scand J Clin Lab Invest 53:611–616PubMedCrossRef
Mayeur S, Veilleux A, Pouliot Y et al (2016) Plasma lactoferrin levels positively correlate with insulin resistance despite an inverse association with total adiposity in lean and severely obese patients. PLoS One 11(11):e0166138. https://​doi.​org/​10.​1371/​journal.​pone.​0166138. eCollection 2016PubMedPubMedCentralCrossRef
Ward PP, Paz E, Conneely OM (2005) Multifunctional roles of lactoferrin: a critical overview. Cell Mol Life Sci 62:2540–2548PubMedCrossRef