Interpretation
Serum
Erhöhte Transferrinkonzentrationen
Transferrinerhöhungen treten schon bei (latentem) Eisenmangel auf. Transferrin ersetzt infolge seiner einfacheren analytischen Bestimmbarkeit zunehmend die totale
Eisenbindungskapazität (TEBK). Nährungsweise errechnet sich die TEBK aus dem Transferrin zu:
TEBK μmol/L = Transferrin g/L × 25,12 (SI)
TEBK μg/dL = Transferrin mg/dL × 1,40 (konventionell)
(relative Atommasse von
Eisen: 55,847)
Für die Feststellung eines latenten Eisenmangels ist die
Transferrinsättigung (%) (Koreaner haben eine höhere Transferrinsättigung als die kaukasische Rasse) empfindlicher als die TEBK und die Eisenkonzentration:
% Transferrinsättigung = Serumeisen μmol/L: TEBK μmol/L × 100 (SI)
% Transferrinsättigung = Serumeisen μmol/L: Transferrin g/L × 3,98 (SI)
% Transferrinsättigung = Serumeisen μg/dL: Transferrin mg/dL × 71,2 (konventionell)
Werte für die
Transferrinsättigung von <15 % bei Erwachsenen, <10 % bei Kindern und <8 % bei alten Menschen (in Verbindung mit Ferritin-Werten <45 μg/L) zeigen empfindlich einen „latenten“ oder bei zusätzlichem Abfall von
Hämoglobin einen manifesten Eisenmangel an (
Eisenmangelanämie).
Besteht dabei eine chronische Entzündung oder eine maligne Erkrankung, so scheint der lösliche Transferrinrezeptor-(sTfR-)Anstieg (
Transferrinrezeptor, löslicher) den vorhandenen Eisenmangel noch empfindlicher anzuzeigen.
Es gibt Störfaktoren bei der Bewertung von Eisen- und Transferrinkonzentrationen für die Fragestellung „Eisenmangelanämie“: Wichtig ist, dass der Patient 12 Stunden keine Nahrung aufgenommen hat und dass der zirkadiane Rhythmus für
Eisen im Blut beachtet wird (
Maximum variabel, überwiegend in den Morgenstunden). Die Blutabnahme für Transferrin und Eisen sollte deshalb zwischen 7 und 10 Uhr erfolgen. Bei der Fragestellung „Eisenüberladung“ sollten 2 Blutabnahmen an 2 verschiedenen Tagen bezüglich der
Transferrinsättigung und des
Ferritins bewertet werden.
Weiterhin können hohe Estrogenkonzentrationen (
Estrogene; Schwangerschaft), Kontrazeptiva und Kortikosteroidkonzentrationen zu erhöhten Transferrinkonzentrationen führen.
Erniedrigte Transferrinkonzentrationen
Wegen dieser Einflussfaktoren empfiehlt es sich, bei der Fragestellung „Eisenmangelanämie“ und/oder „Anämie bei chronischer Entzündung“ neben Transferrin immer auch
Ferritin, und auch sTfR bzw. den Ferritinindex (sTfR/log Ferritin) mit zubestimmen sowie außerdem
Akute-Phase-Proteine (z. B. α
1-saures Glykoprotein, unbeeinflusst durch
Östrogene und Lebersynthesestörungen und kaum durch Proteinverlust – und CRP). Außerdem ist eine Kontrolle auf Urinproteine (Verlust des Transferrins) erforderlich. Bei alten Menschen (>65 Jahre) mit einer höheren
Transferrinsättigung werden mehr Krankenhaustage und eine höhere Mortalität beobachtet.
Eine erniedrigte Transferrinkonzentration im Blutserum führt zur Drosselung der Hepcidinexpression und damit zu erhöhtem Eisenexport aus Darm und
Makrophagen.
Transferrin ist ein empfindlicher Parameter zur Beurteilung eines latenten Proteinmangels/Mangelernährung. Bei Urämikern und Dialysepatienten ist Transferrin als Überwachungsparameter für den Proteinhaushalt (Proteinmangel im
Serum) besser geeignet als
Retinol-bindendes Protein (RBP) und
Präalbumin, es versagt aber hier zur Einschätzung des Eisenmangels. Bei Dialysepatienten, die mit Erythropoese stimulierenden Agenzien behandelt werden, ist Voraussetzung für den Hämoglobinanstieg eine
Transferrinsättigung von >20 %.
Tränenflüssigkeit
Transferrin hat in der Tränenflüssigkeit einen Referenzbereich von 0,2–14 mg/L. Patienten mit Conjunctivitis vernalis haben Werte von 10–270 mg/L. Der Quotient Tf Tränenflüssigkeit/Tf
Serum beträgt bei Gesunden 0,002 und bei Konjunktivitis visceralis 0,046.
Nasensekret/Liquor
Feststellung von β
2-Transferrin (τ-Fraktion = Liquor-Asialotransferrin im Nasensekret beweist Liquorbeimengungen im Nasensekret (Verbindung zwischen Liquor- und Nasenraum) (
Liquor-Fistel). Einige Stämme von
Staphylococcus aureus entwickeln im Liquor Neuraminidaseaktivität – in der Immunofixation verschwindet β
1-Transferrin. Bei
multipler Sklerose ist die Transferrinkonzentration nur im Liquor niedrig, und diese Reduktion ist auch assoziiert mit dem Fortschreiten physischer Ausfälle.