Peptidhormon aus den Nebenschilddrüsen. Bewirkt eine Erhöhung der Calcium- und eine Reduktion der Phosphatkonzentration im Blut.
Struktur
Einkettiges Peptidhormon aus 84 Aminosäuren. Für die biologische Wirkung relevant sind die N-terminalen Aminosäuren 1–34. Aufgrund der raschen proteolytischen Degradation liegt im Blut stets eine Mischung verschiedener, nur zum Teil noch aktiver PTH-Fragmente vor.
Molmasse
9425 Da.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Die Synthese von PTH erfolgt in den Nebenschilddrüsen. Zunächst wird ein Prä-Pro-PTH synthetisiert (150 Aminosäuren), aus dem durch Abspaltung einer N-terminalen Signalsequenz das Pro-PTH entsteht (90 Aminosäuren). Im Golgi-Apparat wird das Molekül weiter prozessiert, das sezernierte Hormon ist dann das 84 Aminosäuren lange PTH (auch PTH 1-84). Die Freisetzung ist durch verschiedene Mechanismen geregelt, zentral ist die Stimulation durch Absinken der Calciumkonzentration im Blut. Seine Wirkung entfaltet PTH durch Interaktion der aminoterminalen Aminosäuren 1-34 mit membranständigen, G-Protein-gekoppelten Rezeptoren. Im Blut hat PTH (1-84) eine sehr kurze Halbwertszeit, es wird in den Epithelkörperchen selbst, vor allem aber in Leber und Niere proteolytisch gespalten und renal eliminiert. Die Halbwertszeit der Fragmente ist länger als die des PTH (1-84), sie akkumulieren daher in Zirkulation. Dies ist insbesondere bei Patienten mit Niereninsuffizienz zu berücksichtigen. Daher sind Messmethoden, die ausschließlich das PTH (1-84) bestimmen, erforderlich.
Halbwertszeit
3,5–4 Minuten.
Pathophysiologie
Zusammen mit Vitamin D ist PTH zentraler Regulator der Calciumhomöostase. Fallende Calciumkonzentrationen stimulieren, steigende Calciumkonzentrationen inhibieren die PTH-Freisetzung. PTH hat direkte und indirekte Effekte, die in Summe zu einer Erhöhung des Blutcalciumspiegels führen. Zu den direkten Effekten zählen insbesondere die Förderung der Calciumresorption am distalen Tubulus in der Niere (bei Hemmung der Rückresorption von Phosphat am proximalen Tubulus). Zudem aktiviert PTH die renale 1α-Hydroxylase, wodurch die Bildung von 1,25(OH)-Vitamin D stimuliert wird. Indirekt kommt es so zu einer vermehrten enteralen Resorption von Calcium und Phosphat. Bei den PTH-Effekten auf den Knochen ist die intermittierend-kurzfristige von der chronischen Exposition zu unterscheiden: PTH bindet an Rezeptoren auf Osteoblasten und stimuliert deren Proliferation und Differenzierung. Dies begründet den knochenanabolen Effekt, der therapeutisch auch genutzt wird. Gleichzeitig wird jedoch die Freisetzung verschiedener Zytokine aus den Osteoblasten stimuliert, die dann zu einer Aktivierung der Osteoklasten führen. Dauerhaft supraphysiologische Konzentrationen von PTH gehen daher mit einem Knochenabbau einher, was wiederum zu einem Anstieg der Calciumkonzentration im Blut führt.
Eine Erhöhung der PTH-Konzentration im Blut kann entweder primär durch ein PTH-produzierendes Adenom der Epithelkörperchen entstehen (primärer Hyperparathyreoidismus) oder aber sekundär im Sinne einer kompensatorischen Gegenregulation z. B. bei Calcium- und Vitamin-D-Mangel (sekundärer Hyperparathyreoidismus). Insbesondere bei langjährigen Dialysepatienten kann auf dem Boden eines über Jahre bestehenden sekundären Hyperparathyreoidismus ein „tertiärer Hyperparathyreoidismus“ entstehen, bei dem die PTH-Sekretion der Nebenschilddrüse ohne Vorliegen eines Adenoms autonom geworden ist.
Umgekehrt kann eine Erniedrigung der PTH-Konzentrationen primär paratyreogen bedingt sein, z. B. aufgrund des Fehlens der Epithelkörperchen nach Schilddrüsen- oder Nebenschilddrüsenoperationen oder selten auch aufgrund von Autoimmunprozessen. Viel häufiger jedoch ist eine erniedrigte PTH-Konzentration sekundär bedingt durch eine nicht parathyreogene Hyperkalzämie. Neben der häufigen Tumorhyperkalzämie ist hier z. B. auch die Vitamin-D-Überdosierung zu nennen.
Einen Sonderfall stellen die seltenen genetischen Syndrome dar, die mit einer Endorganresistenz gegenüber PTH einhergehen. Bei diesen Pseudohypoparathyreoidismus genannten Erkrankungen zeigt sich wie beim Hypoparathyreoidismus eine Hypokalzämie mit Hyperphosphatämie, jedoch eine erniedrigte Phosphatausscheidung im Urin. PTH ist gegenregulatorisch stark erhöht.
Untersuchungsmaterial
Serum, Plasma. Vorteil der Verwendung von Serum ist, dass Calcium aus der Probe mitbestimmt werden kann. Die Stabilität des PTH ist im Plasma jedoch besser.
Probenstabilität
PTH ist instabil, Proben müssen daher rasch weiterverarbeitet werden. Bei Verwendung von Serum muss die Probe innerhalb von 2 Stunden gemessen oder aber eingefroren werden. Im Plasma ist eine Stabilität bei 4 °C bis maximal 24 Stunden beschrieben.
Präanalytik
Es wird aufgrund einer leichten zirkadianen Rhythmik die Abnahme morgens nüchtern empfohlen.
Analytik
Immunoassays. Verschiedene Assays unterscheiden sich stark hinsichtlich der Spezifität und somit im Grad der Miterkennung von Fragmenten. Insbesondere die Miterkennung des Fragments PTH (7-84) ist für viele Assays beschrieben. Klinisch validiert ist aktuell die spezifische Messung von PTH (1-84), empfohlen sind Assays der zweiten oder dritten Generation. Für Assays mit Spezifität für andere Fragmente besteht derzeit keine gesicherte Indikation.
Konventionelle Einheit
ng/L.
Internationale Einheit
pmol/L.
Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit
1 ng/ L = 0,106 pmol/L.
Referenzbereich
Die Referenzbereiche sind vom verwendeten Assay abhängig und gelten bei normalen Calciumkonzentrationen. Die meisten Leitlinien empfehlen zudem, Referenzbereiche an einer ausreichend Vitamin-D-versorgten, nierengesunden Population zu erstellen. Typischerweise werden Angaben in folgender Größenordnung gemacht:
Unabhängig von Alter und Geschlecht: 15–65 ng/L (1,60–6,90 pmol/L).
Intraoperativ zur Erfolgskontrolle bei Nebenschilddrüsenoperationen, s. Parathormon, intraoperatives.
Interpretation
S. Pathophysiologie und Referenzbereiche.
Diagnostische Wertigkeit
Aufgrund der engen Koppelung von Blutcalciumkonzentration und PTH-Konzentration sind die Parameter stets gemeinsam zu betrachten. Die zusätzliche Bestimmung von 25(OH)-Vitamin D ist ebenfalls sinnvoll.
Zur Verwendung als Erfolgskontrolle bei Nebenschilddrüsenoperationen s. Parathormon, intraoperatives.
Literatur
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