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Phosphat

Verfasst von: O. Müller-Plathe
Synonym(e)
Anorganisches Phosphat
Englischer Begriff
phosphate
Definition
Anion mit wichtiger Funktion als Puffersubstanz (vor allem intrazellulär und im Urin), als Baustein für die Knochensubstanz und als Bestandteil wichtiger Komponenten des Zellstoffwechsels.
Struktur
Phosphat PO43−; Hydrogenphosphat HPO42−; Dihydrogenphosphat H2PO4.
Molmasse
96,93 g (H2PO4); 95,93 g (HPO42−); 94,93 g (PO43−).
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Aufnahme und Bedarf: tägliche Phosphoraufnahme 30–50 mmol/Tag (0,9–1,5 g), vorwiegend aus Milch und Milchprodukten, Fleischwaren und Gemüse. 75 % davon werden unter Einwirkung von Vitamin D im Jejunum absorbiert, der Rest mit den Fäzes ausgeschieden.
Bestand: bei 70 kg Körpermasse etwa 25.000 mmol (ca. 800 g Phosphor), davon rasch austauschbar 40 mmol.
Verteilung:
  • Knochen (als kristalliner Hydroxylapatit): 85 %
  • Intrazellularraum (IZR): 14 %
  • Extrazellularraum (EZR): <1 %
Die Posphate sind die Hauptanionen im IZR (z. B. 130–140 mmol/L in Muskelzellen), teils in anorganischer Form, überwiegend aber in organischer Bindung als Phospholipide, Phosphoproteine, NADP, erythrozytäres 2,3-Diphosphoglycerat, Nukleinsäuren und energiereiche Organophosphate (ATP, Kreatinphosphat).
Ausscheidung: mit dem Urin etwa 25 mmol/Tag, mit den Fäzes 15 mmol/Tag.
Fraktionen des anorganischen Phosphats im Plasma:
  • An Protein gebunden: 10 %
  • Komplexgebunden mit Na, Ca und Mg: 35 %
  • Freie Phosphationen: 55 %
Die freien Phosphationen bestehen bei pH 7,4 zu 80 % aus HPO42− und zu 20 % aus H2PO4.
Funktion – Pathophysiologie
Die extrazelluläre Phosphatkonzentration wird durch die Nieren reguliert. HPO42−, H2PO4 und komplexgebundenes Phosphat werden als „ultrafiltrierbares Phosphat“ glomerulär filtriert und zu 90 % im proximalen Tubulus sowie zu etwa 10 % distal reabsorbiert. Die Reabsorption erfolgt durch Natrium-Phosphat-Kotransporter. Diese werden durch Parathormon (PTH) gehemmt.
Faktoren, die die Phosphatausscheidung fördern: PTH, PTHrP, (Parathormon-related Peptide), Calcitonin, Glukokortikoide, Diuretika sowie eine erhöhte Phosphataufnahme.
Faktoren, die die tubuläre Phosphatreabsorption fördern: Insulin, Wachstumshormon, Vitamin D sowie verminderte Phosphataufnahme.
Folgen von Hypo- und Hyperphosphatämie
Hypophosphatämien, die zu klinischen Symptomen führen, sind selten. Akut entstanden führen sie zu zentralnervösen Störungen (Apathie, Delirium, Krämpfe, Neuropathien), Myopathie, Herzinsuffizienz, hämolytischer Anämie. Bei der chronischen Form stehen Osteomalazie, Skelett- und Herzmuskelstörungen im Vordergrund.
Hyperphosphatämie kann durch Überschreiten des Ionenprodukts zur Bildung von schwer löslichen Calciumphosphatverbindungen und damit einerseits zur Hypokalziämie mit der Gefahr der Tetanie und andererseits zu Weichteilverkalkungen (Nieren, periartikuläre Gewebe, Muskulatur, Kornea) führen.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Heparinplasma (P), Serum (S): Abtrennung von Erythrozyten innerhalb 2 Stunden. Hämolytisches Material unakzeptabel.
Urin: Sammlung über einen definierten Zeitraum zur Berechnung von Funktionsgrößen wie Phosphat-Clearance (CP), fraktionelle tubuläre Rückresorption (TRP) oder Schwellenwert der Phosphatexkretion (TmP/GFR). Zur ersten Urinportion einer 24-Stunden-Sammelperiode 25 ml HCl (6 mol/L) geben und die weiteren Urinportionen hinzumischen, bei kürzeren Intervallen entsprechend weniger HCl.
Probenstabilität
Plasma, Serum: bei 25 °C 1 Tag, bei 4–8 °C 4 Tage, bei −20 °C 1 Jahr.
Präanalytik
Wegen ausgeprägtem zirkadianen Rhythmus und Nahrungseinfluss Blutabnahme am Morgen nach nächtlicher Nahrungskarenz.
Analytik
  • Ammoniummolybdat-Methode: Phosphate bilden mit Ammoniummolybdat ein Gemisch komplexer Verbindungen, die mit geeigneten Reduktionsmitteln zu Molybdänblau reduziert werden. Extinktionsmessung bei 570–650 nm. Weit verbreitetes, in Analysenautomaten integrierbares Verfahren mit mehreren Modifikationen.
  • Enzymatischer Farbtest: Durch Nukleosidphosphorylase katalysierte Umsetzung von Phosphat mit Inosin unter Bildung von Hypoxanthin, dessen Oxidation zu Harnsäure und H2O2, Peroxidasereaktion mit 4-Aminophenazon unter Bildung eines photometrierbaren Farbstoffs.
Konventionelle Einheit
mg/dL.
Internationale Einheit
mmol/L.
Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit
0,323.
Referenzbereich – Erwachsene
P/S-Phosphat: 0,85–1,45 mmol/L.
Referenzbereich – Kinder
Alter
Plasma/Serum-Phosphat (mmol/L)
Neugeborene
1,45–2,90
1–30 Tage
1,25–2,50
1–12 Monate
1,15–2,15
1–6 Jahre
1,00–1,95
7–12 Jahre
1,00–1,85
13–18 Jahre
0,85–1,60
Indikation
Nierenkrankheiten, dialysepflichtige Patienten, Urolithiasis, Knochenkrankheiten, Muskelschwäche, Krankheiten von Schilddrüse und Nebenschilddrüsen, Vitamin-D-Mangel, Alkoholismus, parenterale Ernährung.
Interpretation
Unterteilt in Vorkommen der Hypophosphatämie und der Hyperphosphatämie:
Vorkommen der Hypophosphatämie
Verminderte Aufnahme:
  • Mangelernährung, Alkoholismus, fehlerhafte parenterale Ernährung
  • Vitamin-D-Mangel, Antacida mit Aluminiumhydroxid, Malabsorption
  • Erbrechen, Diarrhö
Renale Verluste:
  • Hyperparathyreoidismus, PTHrP bei Tumoren
  • Phosphatdiabetes, oft im Rahmen des Fanconi-Syndroms.
Phosphatumverteilung: P → IZR:
  • Anabolismus, postoperative Glukoseinfusionen
  • Diabetische Ketoacidose während Rehydrierung und Insulintherapie
  • Zellproliferation bei Hämoblastosen
Vorkommen der Hyperphosphatämie
Vermehrte Phosphataufnahme (bei gleichzeitig eingeschränkter renaler Exkretion):
  • Vitamin-D-Überdosierung
  • Kuhmilchgabe bei Säuglingen
  • Phosphathaltige Klistiere
Verminderte renale Ausscheidung (häufigste Ursache):
Phosphatumverteilung: P → EZR:
  • Zytostatische Therapie von Tumoren
  • Rhabdomyolyse, Crush-Syndrom
Diagnostische Wertigkeit
Hypophosphatämie: Klinisch relevant sind Konzentrationen <0,7 mmol/L. Werte <0,5 mmol/L führen zu den beschriebenen klinischen Erscheinungen. Hyperphosphatämien >2,0 mmol/L sind gefährlich. Sie werden vor allem durch ihre Wirkung auf den Calciumhaushalt (hypokalziämische Tetanie und Kalzifikationen) klinisch manifest. Gefahr von Gewebsverkalkungen kann durch das Calcium-Phosphat-Produkt erkannt werden.
Literatur
Kurokawa K, Levine BS, Lee DBN, Massry SG (1985) Physiology of phosphorus metabolism and pathophysiology of hypophosphatemia and hyperphosphatemia. In: Arieff AI, DeFronzo RA (Hrsg) Fluid, electrolyte and acid–base disorders. Churchill Livingstone, New York