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Orthopädie und Unfallchirurgie
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Publiziert am: 13.10.2023

Aseptische Prothesenlockerung am Kniegelenk

Verfasst von: Andreas M. Halder und Daniel Schrednitzki
Knieendoprothesen haben in gepoolten Registerdaten eine Überlebensrate von 82 % beziehungsweise 70 % nach 25 Jahren. Trotzdem hat die Zahl der Knierevisionen in den vergangenen Jahren aufgrund der gestiegenen Anzahl der Primärimplantationen und der Zunahme der Implantationen bei jüngeren aktiveren Patienten stark zugenommen, und wird voraussichtlich weiter steigen.
Die aseptische Lockerung ist nach der periprothetischen Infektion eine der häufigsten Gründe für Revisionen und kann zementierte und zementfreie Implantate betreffen. So wurde im deutschen Endoprothesenregister (EPRD) die Lockerung einer Komponente in 23,5 % der Fälle als Ursache des Folgeeingriffs am Knie angegeben, gefolgt von der periprothetischen Infektion mit 15,0 %. Dieses deckt sich mit den Daten des Registers der NHS), wobei das Risiko der zementfreien Prothesen höher scheint als das der zementierten. Unikondyläre Prothesen werden am häufigsten wegen fortschreitender Arthrose der nicht ersetzten Kompartimente revidiert. In den ersten zwei Jahren nach Implantation jedoch ist die periprothetische Infektion als Revisionsursache häufiger als die aseptische Lockerung.
In der Literatur sind verschiedene Gründe und mögliche Risikofaktoren aseptischer Lockerungen beschrieben. Als möglicher Grund für frühe Lockerungen wird in der Literatur unter anderem die Ablösung (debonding) der Tibiakomponente vom Zementmantel genannt. Als ursächlich diskutiert werden implantatspezifische kleine Zementtaschen, verminderte Oberflächenrauhigkeit oder Verwendung von hochviskösem Zement und mangelhafter Zementiertechnik. Auch die alleinige Zementierung der tibialen Oberfläche ohne den Kiel scheint die aseptische Lockerung zu begünstigen.
Die Osteonekrose als Diagnose der Primäroperation scheint ebenfalls das Risiko einer frühen Lockerung zu erhöhen, weshalb die prophylaktische Verwendung eines Prothesenstiels in diesen Situationen empfohlen wird. Auf der patellaren Seite sind als Risikofaktoren für eine aseptische Lockerung die asymmetrische Resektion, patellares Maltracking, patellare Frakturen, Zementierung in sklerotischem Knochen sowie patellare Osteonekrosen beschrieben.
Während Osteolysen durch Abriebpartikel in früheren Jahren häufig Grund für Lockerungen waren, sind diese in den vergangenen Jahren durch verbesserte Implantatmaterialien, hochvernetzte Polyethylene deutlich seltener geworden. Jedoch können auch mit modernen Implantaten zum Beispiel durch Zementreste im Sinne von Drittkörperabrieb massive Osteolysen entstehen. Abriebpartikel initiieren eine Kaskade von Ereignissen, welche vermittelt durch proinflammatorische Cytokine und Prostaglandine zur Aktivierung von Osteoklasten und Inhibierung von Osteoblasten im periprothetischen Umfeld führt. Am Ende führt diese verstärkte Entzündungsreaktion zur Osteolyse und schließlich zur Lockerung der Prothese.
Verschiedene Arbeiten haben gezeigt, dass die postoperative Ausrichtung der Prothese relevanten Einfluss auf des Abriebverhalten des Polyethylenonlays hat. Dabei scheint insbesondere eine postoperative Varusfehlstellung der Gesamtachse des Beines zu vermehrtem Abrieb zu führen.

Ätiologie und Pathogenese

Knieendoprothesen haben in gepoolten Registerdaten eine Überlebensrate von 82 % beziehungsweise 70 % nach 25 Jahren (Evans et al. 2019). Trotzdem hat die Zahl der Knierevisionen in den vergangenen Jahren aufgrund der gestiegenen Anzahl der Primärimplantationen und der Zunahme der Implantationen bei jüngeren aktiveren Patienten stark zugenommen, und wird voraussichtlich weiter steigen (Kurtz et al. 2007).
Die aseptische Lockerung ist nach der periprothetischen Infektion eine der häufigsten Gründe für Revisionen und kann zementierte und zementfreie Implantate betreffen. So wurde im deutschen Endoprothesenregister (EPRD) die Lockerung einer Komponente in 23,5 % der Fälle als Ursache des Folgeeingriffs am Knie angegeben, gefolgt von der periprothetischen Infektion mit 15,0 % (Grimberg et al. 2022). Dieses deckt sich mit den Daten des Registers der NHS (National Health A), wobei das Risiko der zementfreien Prothesen höher scheint als das der zementierten (NJR 2022). Unikondyläre Prothesen werden am häufigsten wegen fortschreitender Arthrose der nicht ersetzten Kompartimente revidiert (NJR 2022). In den ersten zwei Jahren nach Implantation jedoch ist die periprothetische Infektion als Revisionsursache häufiger als die aseptische Lockerung (Sharkey et al. 2014).
In der Literatur sind verschiedene Gründe und mögliche Risikofaktoren aseptischer Lockerungen beschrieben. Als möglicher Grund für frühe Lockerungen wird in der Literatur unter anderem die Ablösung (debonding) der Tibiakomponente vom Zementmantel (Cheng et al. 2006; Bonutti et al. 2017) genannt. Als ursächlich diskutiert werden implantatspezifische kleine Zementtaschen, verminderte Oberflächenrauhigkeit (Bonutti et al. 2017) oder Verwendung von hochviskösem Zement und mangelhafter Zementiertechnik (Torino et al. 2022). Auch die alleinige Zementierung der tibialen Oberfläche ohne den Kiel scheint die aseptische Lockerung zu begünstigen (Sharkey et al. 2002).
Die Osteonekrose als Diagnose der Primäroperation scheint ebenfalls das Risiko einer frühen Lockerung zu erhöhen (Mont et al. 1997; Bergman und Rand 1991; Seldes et al. 1999), weshalb die prophylaktische Verwendung eines Prothesenstiels in diesen Situationen empfohlen wird (Baek et al. 2022).
Auf der patellaren Seite sind als Risikofaktoren für eine aseptische Lockerung die asymmetrische Resektion, patellares Maltracking, patellare Frakturen, Zementierung in sklerotischem Knochen sowie patellare Osteonekrosen beschrieben (Sharkey et al. 2002).
Während Osteolysen durch Abriebpartikel in früheren Jahren häufig Grund für Lockerungen waren, sind diese in den vergangenen Jahren durch verbesserte Implantatmaterialien, hochvernetzte Polyethylene, deutlich seltener geworden (Sharkey et al. 2014; Thiele et al. 2015). Jedoch können auch mit modernen Implantaten zum Beispiel durch Zementreste im Sinne von Drittkörperabrieb massive Osteolysen entstehen (Abb. 1)
Abriebpartikel initiieren eine Kaskade von Ereignissen, welche vermittelt durch proinflammatorische Cytokine und Prostaglandine zur Aktivierung von Osteoklasten und Inhibierung von Osteoblasten im periprothetischen Umfeld führt (Naudie und Rorabeck 2004). Am Ende führt diese verstärkte Entzündungsreaktion zur Osteolyse und schließlich zur Lockerung der Prothese.
Verschiedene Arbeiten haben gezeigt, dass die postoperative Ausrichtung der Prothese relevanten Einfluss auf des Abriebverhalten des Polyethylen-Onlays hat. Dabei scheint insbesondere eine postoperative Varusfehlstellung der Gesamtachse des Beines zu vermehrtem Abrieb zu führen (Collier et al. 2007; Li et al. 2017; Pang et al. 2014).

Anamnese und Diagnostik

Stellen sich Patienten mit Beschwerden nach Implantation einer Knieendoprothese vor, ist ein standardisiertes Vorgehen zur Diagnosestellung empfehlenswert.
Vor jeder apparativen Diagnostik sollte eine detaillierte Anamnese zur Abgrenzung der Differenzialdiagnosen durchgeführt werden.
Erhoben werden sollten der Zeitpunkt der Primäroperation, die verwendeten Implantate und Besonderheiten des Heilverlaufs. Beschwerdefreie Intervalle, Veränderungen über die Zeit von Funktionen wie Treppensteigen, Gehstrecke, Fahrradfahren und anderen Aktivitäten des täglichen Lebens können Hinweise auf die Genese der Beschwerden geben. Eine systematische Befragung sollte nach den Musterfragen (Tab. 1) erfolgen.
Tab. 1
Anamnestische Musterfragen
Frage
Hintergrund
Hat Ihnen die Prothesenoperation eine Beschwerdeerleichterung gebracht?
Richtige Indikation der Primäroperation
Wie verlief die Heilung?
Komplikationen im Heilverlauf
Gehstrecke? Analgetika? Sport? Arbeit?
Leidensdruck? Lebensqualität
Wann traten die jetzigen Beschwerden erstmalig auf?
Beschwerdefreies Intervall
Haben die jetzigen Beschwerden plötzlich eingesetzt?
Trauma/Überlastung/Auslöser
Welche ADL führen zu einer Schmerzverstärkung/Linderung der Beschwerden?
Treppe ➔ Patella
Unebener Boden/Treppensteigen ➔ Instabilität
Bettwärme ➔ Infektion …
Treten die Beschwerden in Ruhe oder bei Belastung auf? Wenn ja, bei welcher?
Belastung ➔ Lockerung
Ruheschmerz ➔ Infektion
Treppe ➔ Patella/
Instabilität
Strahlen die Beschwerden aus? Wohin? Kribbeln? Taubheit?
Extrinsische Ursache
LWS, Hüfte, vaskulär, neurologisch
Dabei ist die Prüfung der Primärindikation zur Einschätzung des Beschwerdebildes ebenso sinnvoll wie die Fragen nach dem Heilverlauf und Komplikationen. Fragen nach schmerzfreier/schmerzarmer Gehstrecke sowie den limitierenden Beschwerden können eine Abgrenzung von extrinsischen Ursachen ermöglichen. Angaben zur Nutzung von Analgetika sowie die Teilnahme an Arbeit und Sport geben einen Eindruck über den Leidensdruck des Patienten.
Im Falle eines Traumas als Auslöser der Beschwerden muss an die aseptische Lockerung, die periprothetische Fraktur oder die ligamentäre Instabilität gedacht werden.
Insbesondere die Abgrenzung von einer entzündlichen Ursache im Sinne einer periprothetischen Infektion ist für die Planung und Durchführung der weiteren Therapie entscheidend. Daher sollte auch bei vermeintlich eindeutigen Befunden immer standardisiert der diagnostische Algorithmus durchlaufen werden.

Differenzialdiagnosen

  • Septische Lockerung
  • Low-Grade-Infekt
  • Anschlussarthrose/Retropatellararthrose
  • Malalignment (Gelenklinie/Rotation/Gesamtachse)
  • Instabilität (Varus/valgus, midflexion, flexion)
  • Arthrofibrose
  • Extrinsische Ursachen (Lumbal/Vaskulär/Hüfte)
  • unklarer Schmerz?

Klinik

Ziel der klinischen Untersuchung ist es, die Vielzahl der Differenzialdiagnosen einzugrenzen.
Infektzeichen wie Überwärmung, Rötung, Schwellung sollte besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Vorbestehende Narben können ursächlich für Schmerz und Bewegungseinschränkung sein oder Probleme bei einem erneuten Eingriff bereiten.
Nach Inspektion des Kniegelenkes erfolgt die Palpation. Die wesentlichen Strukturen Epikondylen, Tuberculum gerdii, Pes anserinus, tibiale Innenbandinsertion, Fibulaköpfchen als auch der gesamte Seitenbandverlauf werden dabei untersucht. Ein Druckschmerz am Tibiakopf oder an den Femurkondylen um die Prothesenkomponenten kann auf eine Lockerung hinweisen. Ein Erguss kann Zeichen einer Infektion, Instabilität oder eines Abriebs sein.
Die Prüfung und Dokumentation des Bewegungsausmaßes erfolgt nach der Neutral-Null-Methode, wobei Defizite in Beugung und Streckung erfasst werden. Die mediolaterale Stabilität wird in Beugung und strecknaher Beugung untersucht, um die Intaktheit der Kollateralbänder und die Symmetrie von Beuge- und Streckspalt zu untersuchen. Dabei ist Kenntnis des Kopplungsgrades der einliegenden Prothese erforderlich. Selbiges gilt für die Untersuchung der anterior-posterioren Stabilität beim Lachman- und Schubladentest. So verhält sich eine teil- oder vollgekoppelte Prothese klinisch anders als beispielsweise eine das hintere Kreuzband erhaltene oder eine ultrakongruente Prothese.
Die Patellaverschieblichkeit und -stabilität, der Patellalauf und eventuelle -krepitation werden beim Beugen des Kniegelenkes erfasst. Das unspezifische Zohlen-Zeichen wird dokumentiert.
Ein Defizit der aktiven Streckung kann auf eine Verletzung des Streckapparates hinweisen.
Der schmerzhafte Einbeinstand kann die Verdachtsdiagnose einer Lockerung unterstützen.
Zum Ausschluss extrinsischer Ursachen erfolgt eine grobneurologische Untersuchung mit Erhebung des Reflexstatus und Prüfung von Hacken- und Zehenstand sowie die klinische Untersuchung der Hüftgelenke.
Alle erhobenen Befunde sollten unter Berücksichtigung der klinischen Vorbefunde im Verlauf bewertet werden.

Röntgen

Bei der radiologischen Diagnostik ist zunächst die Röntgenaufnahme des Kniegelenkes in zwei Ebenen unter Belastung notwendig. Es erfolgt die Beurteilung der Röntgenbilder mit dem Ziel der Beurteilung der tibialen und femoralen Gelenklinie in Bezug auf Höhe und Achse. Die Größe der Prothese, das femorale Offset, Über- oder Unterstände sowie Patellatracking und patellofemorales Overstuffing werden ebenfalls bewertet.
Wenn möglich und vorhanden erfolgt die Bewertung aller Befunde und Bilder immer im zeitlichen Verlauf und Vergleich mit den Voraufnahmen.
Zur Bewertung von Achsfehlstellung ist die Anfertigung einer Ganzbeinstandaufnahme notwendig. Bei klinischem Verdacht auf eine patellare Problematik ist die Anfertigung einer axialen oder sogar von Patella defilée Aufnahmen notwendig. Klinische Instabilitätsbefunde können durch entsprechende Stressaufnahmen gesichert werden.
Bei der Anfertigung aller Röntgenbilder ist auf eine korrekte Rotation und Flexion zu achten. Bereits gering verdrehte Aufnahmen machen eine Beurteilung des Implantat-Zement- oder Zement-Knocheninterfaces durch Überlagerung unmöglich (siehe Abb. 2). Gegebenenfalls ist dafür die fluoroskopische Untersuchung des Kniegelenkes notwendig.
Die Übergänge zwischen Knochenzement und Knochen, zwischen Implantat und Knochenzement sowie bei zementfreien Implantaten zwischen Implantat und Knochen sollten auf allen Ebenen auf strahlendurchlässige Linien (RLL) und Lysen untersucht werden.
Unmittelbar postoperativ auftretende RLL sind am ehesten auf die Implantationstechnik zurückzuführen. Unzureichende Zementpenetration in sklerotischen Knochen, unzureichende Präparation des Knochens oder eine Fehlpositionierung der Komponente im Verhältnis zu den durchgeführten Knochenschnitten können die Ursache sein. Häufig fehlen zunächst klinische Symptome (Wautier et al. 2020).
Neben der Frage, ob das gesamte Interface oder nur Teile betroffen sind, spielt auch die Veränderung im Zeitverlauf eine Rolle. Nicht progrediente Linien bei unveränderter Prothesenlage sprechen gegen eine „echte“ Lockerung (Meneghini et al. 2015). Im ersten Jahr nach Knieendoprothese sind diese Linien häufig und weisen bei fehlender Progredienz nicht auf ein Versagen der Implantatfixierung hin (Aebli et al. 2004).
Die Befundung erfolgt standardisiert anhand einer vereinfachten Methode zur Beschreibung der allgemeinen Lage und Regionen röntgenstrahlendurchlässiger Linien. Dabei werden diese als „teilweise“ oder „vollständig“ in Bezug auf die jeweilige Zone (Abb. 3 a,b,c) eingestuft. Osteolysen sollten dabei zusätzlich mit einer Größenangabe in Millimetern (mm) dokumentiert werden (Meneghini et al. 2015).
Den Tibia-, Femur- und Patellaimplantaten werden auf den verschiedenen Röntgenbildern allgemeine Zonen zugeordnet (Abb. 3). Dabei liegen die Zonen 1 und 2 an der Peripherie (entweder medial/lateral, anterior/posterior, inferior/posterior). Die Zone 3 bezeichnet die Region um den „zentralen Kiel“ der Prothese. In der Frontalebene wird die Bezeichnung „3M“ für die mediale Seite des Kiels und „3L“ für die laterale Seite des Kiels verwendet. Bei einer Tibiagrundplatte mit zwei Zapfen werden „3M“ und „3L“ zur Bezeichnung den Bereich um die jeweiligen Zapfen und „3“ für den zentralen Bereich den mittleren Bereich unter der Grundplatte zwischen den Stiften verwendet. In der Seitansicht werden „3A“ und „3P“ zur Bezeichnung des vorderen bzw. hinteren Bereich des Kiels verwendet. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht intuitiv erscheint, wird die unterste Region des Kiels mit „5“ bezeichnet. Die Begründung dafür ist, dass die numerische Bezeichnung „4“ für die Region der Stielverlängerungen in der Revisionsendoprothetik verwendet wird und um Konsistenz und Einheitlichkeit zu wahren.
Nur so ist eine Bewertung der Befunde im Verlauf objektiv möglich und einfach dokumentierbar.
Als Lockerung wird eine Migration des Implantates um > = 2 mm, durchgehende RLL > 1 mm gewertet (Berry 2012). Von einer eindeutigen Lockerung kann außerdem bei Postitionsänderungen des Implantates, RLL von mehr als 2 mm oder Zementmantelfrakturen ausgegangen werden (Stotter und von Roth 2021) (siehe Abb. 1c, d).

Paraklinik

Zur Sicherung der Diagnose einer aseptischen Lockerung existiert kein spezifischer Laborparameter. Im Vordergrund steht der Ausschluss der wichtigsten Differenzialdiagnose, der periprothetischen Infektion (VERWEIS KAP. „Periprothetische Infektionen am Kniegelenk“, R. Ascherl).
Allgemeine Krankheitssymptome wie Nachtschweiß, Schüttelfrost, Fieber müssen gezielt erfragt werden.
Zeitliche Zusammenhänge zu bakteriellen Entzündungen von Haut, Harnwegen oder des Respirationstraktes können Hinweis auf ein periprothetisches Infektgeschehen sein. Die Dauer der Symptome kann zur Unterscheidung der akuten von der chronischen Infektion dienen.
Bestehen sogenannte Major-Kriterien wie mehrfach positive mikrobiologische Nachweise von Keimen oder sogar eine Fistel, ist die Diagnose einer Infektion gesichert. Anderenfalls sind zur Beurteilung der erhobenen Befunde und zum Beurteilen periprothetischer Infektionen Scores wie der 2018 von Parvizi et al veröffentlichte geeignet (Parvizi et al. 2018) (Tab. 2).
Tab. 2
Score zur Diagnosestellung periprothetischer Infektionen (übersetzt nach Parvizi (Parvizi et al. 2018))
Major-Kriterien (mindestens 1 pos.)
Entscheidung
2 pos. Kulturen mit gleichem Keim
   
Infiziert
Fistel ins Gelenk/sichtbare Prothese
   
präoperativ
Minor-Kriterien
Score
 
CRP oder D-Dimer
2
 
BSG ↑
1
≥ 6 infiziert
synovial
Leukozyten > 2000/μl o. Leukozytenesterase ↑
3
2–5 wahrsch. inf.
α-Defensin pos.
3
0–1 nicht inf.
PMN > 70 %
2
 
synoviales CRP ↑
1
 
intraoperativ
präoperativ 2–5 oder Punctio sicca
Score
 
präoperativer Score
_
≥ 6 infiziert
4–5 unsicher
≤ 3 nicht inf.
pos. Histologie
3
Eiter
3
einzelne pos. Kultur
2
Paraklinisch erhöhte Infektwerte wie Blutsenkung, CRP oder auch – D-Dimere sind verdächtig auf periprothetische Infektionen, jedoch alleine unspezifisch (Parvizi et al. 2018). Daher ist eine Gelenkpunktion unerlässlich.
Die Gelenkpunktion im Rahmen der Diagnostik sollte mikrobiologisch untersucht werden. Diese ist zur Erkennung von low-Grade-Infekten mindestens 14 Tage zu bebrüten. Die Synovialflüssigkeit sollte zudem auf ihre Zellbestandteile untersucht werden, neben der Leukozytenkonzentration je Mikroliter ist auch der Anteil der polymorphkernigen neutrophilen Granulozyten (PMN) entscheidend.

Ergänzende apparative Diagnostik

Der Ausschluss der periprothetischen Infektion als wichtigste Differenzialdiagnose steht im Vordergrund. Normalerweise ist eine ergänzende apparative Diagnostik verzichtbar. Ist nach durchgeführter Standarddiagnostik (2.1–2.4) keine eindeutige Diagnose möglich, kann je nach Fragestellung die Durchführung einer Computertomografie, Szintigrafie oder Kernspintomografie erwogen werden. Auch eine diagnostische Arthroskopie zur Biopsieentnahme kann in Ausnahmefällen indiziert sein.

Computertomografie

Ergänzend zur radiologischen Untersuchung kann insbesondere in unklaren Fällen eine Computertomografie (CT) durchgeführt werden. Das Implantat-Zement- oder Zement-Knocheninterface ist hier überlagerungsfrei einzusehen, etwaige Lysesäume sind eindeutig identifizierbar. Vor Revisionsoperationen ist ein CT ebenfalls hilfreich zur Einschätzung des zu erwartenden Knochenverlusts und der damit verbundenen Operationsplanung. Auch periprothetische Frakturen, die im Nativröntgenbild etwa nach unikondylärer Prothese nicht dargestellt werden, können mithilfe der CT erkannt werden (Bsp. Abb. 4).

Skelettszintigraphie

Die Knochenszintigrafie, in der Regel als 3-Phasen-Knochenszintigrafie, wird bei Verdacht auf Lockerung und/oder Infektion häufig durchgeführt (Love et al. 2009). Die Aufnahme des applizierten 99 mTC-MDP hängt vom Blutfluss und der Rate der Knochenneubildung ab. Da sowohl Frakturen, heterotope Ossifikationen, Neubildungen, Arthritis, aseptische Lockerungen und Infektionen rasch zu erhöhtem Knochenumsatz und Anreicherung führen, ist die Sensitivität der Knochenszintigrafie zwar hoch, die Spezifität allerdings gering (Gemmel et al. 2012; Glaudemans et al. 2013; Palestro et al. 2007; Restrepo et al. 2005). Selbst der physiologische Knochenmineralumsatz nach Implantation einer Teil- oder Totalknieendoprothese kann bis zu fünf Jahre postoperativ zu positiven Ergebnissen führen (Glaudemans et al. 2013). Bei der Vollprothese zeigt die Knochenszintigrafie so bei mehr als 60 % der Femurkomponenten und fast 90 % der Tibiakomponenten auch mehr als 12 Monate nach der Implantation eine anhaltende periprothetische Aktivität (Rosenthall et al. 1987).
Eine erhöhte Belastung des Patellofemoralgelenks und der daraus resultierende erhöhte Knochenmineralumsatz kann zu einer erhöhten Aufnahme im Bereich der Patella führen. So kann der Befund einer sogenannten „hot“ Patella hinweisend auf eine Retropatellararthrose sein (Ahmad et al. 2009). Dabei haben Studien gezeigt, dass Knochenscans eine höhere Sensitivität für die Diagnose einer relevanten Retropatellararthrose im Vergleich zu Röntgenbildern haben (Hejgaard und Diemer 1987).
Die Fähigkeit der Knochenszintigrafie mit Tc-99m-MDP, die Lockerung von einer Infektion zu unterscheiden, ist gering. Im Falle einer infizierten Knieprothese zeigt der charakteristische Befund die erhöhte Aufnahme in allen drei Phasen des Scans (Nagoya et al. 2008). Bei fehlender Anreicherung ist das Vorliegen einer periprothetischen Infektion (Rosenthall et al. 1979) oder einer aseptischen Lockerung allerdings unwahrscheinlich (Palestro 2023).

Granulozytenszintigrafie

Als Baustein in der Diagnostik zum Nachweis oder Ausschluss der periprothetischen Infektion wird die Granulozytenszintigrafie diskutiert. Neutrophile Granulozyten zeigen kein Anreichungsverhalten in Zonen mit erhöhtem Knochenmineralumsatz. Mit Indium-111 (111-In) oder 99 m Tc-Hexamethylpropylen Amin-Oxin (99 m Tc HMPAO) markierte Leukozyten, in der Mehrzahl neutrophile Granulozyten, reichern deshalb nicht bei aseptischen Lockerungen von Prothesen an (58). Bei einer Anreicherung kann man dadurch abhängig vom Muster Rückschlüsse auf die Art der Infektion (akut, subakut oder chronisch) ziehen. Akute und subakute Infektionen führen zu einer raschen Anreicherung, während bei chronischen Infektionen der bakterielle Biofilm auf der Prothese das Eindringen der markierten Leukozyten verhindert. Dadurch ist bei chronischen Infektionen die Aufnahme nach 24 h sensitiver und spezifischer als die Aufnahmen nach 2–4 h (Glaudemans et al. 2013; Palestro et al. 2007; Palestro und Love 2007; Signore et al. 2009).

MRT

Die Magnetresonanztomografie (MR) kann aufgrund des hohen Weichteil- und Knochenmarkkontrasts wichtige Hinweise zur Diagnose von Synovitis, periprothetischer Knochenresorption und Osteolyse, implantatassoziierten Frakturen, Arthrofibrose, Verletzungen des Streckmechanismus, periprothetischen Infektionen sowie bestimmten Arten von Instabilität und Komponentenbrüchen geben (Sofka et al. 2003).
Da metallische Implantate erhebliche Artefakte bei der Untersuchung erzeugen, sind besondere Techniken notwendig. Modifizierte Sequenzen wie Gradienten-Echo- oder Spin-Echo-Sequenz können die Bildgebung in Metallnähe verbessern. Darüber hinaus können eine Amplitudenerhöhung des frequenzkodierenden Gradienten und die Verwendung einer höheren Auslesebandbreite oder auch verschiedene Blickwinkelkipptechniken die Artefakte reduzieren.
Insgesamt gibt es keine einheitliche Methode zur Artefaktunterdrückung bei Kernspintomografien von Knieendoprothesen. Verschiedene Techniken werden angewendet, abhängig von Art und Platzierung des Implantats sowie der Art des verwendeten Magnetresonanztomografen (Fritz et al. 2015).

Diagnostische Arthroskopie

Die diagnostische Arthroskopie ist allein einer Punktion des Gelenks und der mikrobiologischen Analyse des gewonnenen Synovialsekrets nicht überlegen (Li et al. 2023). In Fällen unklarer Befunde der obligat durchgeführten Punktion und bei bestehendem Verdacht auf ein periprothetisches Infektgeschehen kann die diagnostische Arthroskopie zur Probenentnahme indiziert sein (Fuerst et al. 2005). Insbesondere die Kombination aus mikrobiologischer und histologischer Aufarbeitung des gewonnenen Materials verbessert die Aussagekraft der Befunde (Li et al. 2023). Einheitliche Biopsieverfahren sind bisher nicht beschrieben. Das Entnehmen der Proben ohne Spülflüssigkeit scheint die Sensitivität zu erhöhen (Baumbach et al. 2018). Zumeist wir die Entnahme von fünf Proben von unterschiedlichen Orten im Gelenk empfohlen (Parvizi et al. 2018). Mehr Proben erhöhen möglicherweise die Sensitivität, aber auch das Risiko der Kontamination (Fink et al. 2020).

Therapie

Die Therapie der aseptischen Lockerung erfolgt in der Regel operativ. Die konservative Therapie kann bei Vorliegen erheblicher allgemeiner Erkrankungen mit stark erhöhtem perioperativem Risiko oder stark begrenzter Lebenswartung erwogen werden.

Zugang

Die Wahl des Zugangs hat Einfluss auf die Sicht und Darstellbarkeit des Kniegelenks und der einliegenden Prothese. Er sollte derart gewählt werden, dass eine notwendige Erweiterung jederzeit möglich ist, z. B. im Falle einer notwendig gewordenen Implantation eines Revisionsimplantats. Typischerweise erfolgt er daher als zentrale Inzision und medial parapatellarer Arthrotomie.
Multiple Narben der Haut, hypertrophes Narben- oder Synovialgewebe und die damit verbundene schlechtere Darstellbarkeit des Gelenks sind aber typisch für Revisionsoperationen und sollten bei der Planung berücksichtigt werden (Abb. 5).
Aufgrund der Tatsache, dass die Blutversorgung des vorderen Kniegelenks und der Haut überwiegend von medial erfolgt (Colombel et al. 1998; Scapinelli 1967), sollte bei Vorhandensein mehrerer Hautnarben die am weitesten laterale gelegene Inzision verwendet werden. Notwendige Hautlappen sollten zur Vermeidung von Hautnekrosen bestenfalls vollschichtig angelegt werden, da die Versorgung von der Tiefe in die Oberfläche erfolgt. Schräg verlaufende Narben sollten bestenfalls in einem rechten Winkel geschnitten werden (Windsor et al. 1988).
Die Darstellung des Gelenks erfolgt dann nach medial parapatellarem Zugang, Lösen aller narbigen Verwachsungen und vollständiger Synovektomie.
Insbesondere steife Kniegelenke mit kontraktem Streckapparat erfordern unter Umständen die Erweiterung des Zugangs über die Lösung des Streckapparats entweder distal über die Tuberositasosteotomie (TTO) oder proximal über den Quadrizeps-Snip.
Für den Quadrizeps-Snip ist eine proximale Erweiterung der Arthrotomie bis zur Spitze der Quadrizepssehne notwendig. Hier erfolgt dann eine Schräginzision in 45 Grad zu den Fasern des M. vastus laterals. Wird zusätzlich nun lateralseitig ein Schnitt parallel zum M. vastus lateralis angelegt, ist so ein V-Y-Turndown der Quadrizepssehne und somit der Patella möglich (Coonse 1943).
Für die TTO ist die distale Verlängerung des Zugangs 6–8 cm über die Tuberositas tibiae notwendig. Über eine biplanare Osteotomie erfolgt die Lösung der knöchernen Tuberositas (ca. 8 × 2 × 1,5 cm) mit anhängender Patellasehne. Die Refixation erfolgt entweder mittels zweier Schrauben oder mittels Drahtcerclagen.
Die den Streckapparat betreffenden Erweiterungen des Zugangs erfordern eine Anpassung des postoperativen Rehabilitationsprotokolls mit gegebenenfalls zunächst eingeschränkter Beugung und Belastung zur Sicherstellung der Heilung und Vermeidung von Insuffizienzen.

Implantatentfernung

Eine aseptische Lockerung kann einzelne oder alle im Knochen verankerten Komponenten betreffen. Im ersteren Fall ist unter Umständen der Wechsel lediglich der gelockerten Komponente möglich. Dafür ist zunächst das Onlay zu entfernen. Bei primären Endoprothesen ist dieses oft ohne Spezialinstrumentarium möglich. Revisionsimplantate, insbesondere mit höheren Kopplungsgraden, erfordern hier oft spezielle Instrumente und die genaue Kenntnis der einliegenden Prothese.
Grundsätzlich ist bei der Lösung von im Knochen verankerten Teilen knochensparend vorzugehen. Die Vermeidung zusätzlichen Knochenverlusts ist oberstes Gebot. Zur Lösung des Implantat-Zementinterfaces erfolgt beispielsweise der Einsatz einseitig angeschliffener Meißel. Diese sind in verschiedenen Breiten und Formen verfügbar (Abb. 6)
Bei der Anwendung ist ein Eintrittspunkt zwischen Zement und Prothese leicht unterhalb der Oberfläche zu wählen, der Schliff soll von der Prothese weg in Richtung Zement weisen, damit ist ein Abweichen in den Knochen unwahrscheinlicher (Abb. 7 a-b)
Alternativ kann auch eine oszillierende Säge oder eine Gigli-Säge (Abb. 8a-b) verwendet werden, die besonders in schwer zugänglichen Bereichen wie den dorsalen Femurkondylen oder dem Tibiaplateau dorsal des Verankerungsstieles hilfreich ist.
Nach Lösen des Zement-Implantatinterface kann versucht werden, die Prothese vorsichtig in axialer Richtung auszuschlagen. Dafür sind entweder die Originalinstrumente des Herstellers oder Universalkrallen und Ausschläger zu verwenden. (Abb. 9).
Bei gestielter Prothese ist gelegentlich eine Osteotomie oder ein knöchernes Fenster zum Lösen der Stiele notwendig.

Materialien

Zur Entfernung der einliegenden Prothese sind Werkzeuge wie Meißel, Sägen und gegebenenfalls Spezialinstrumente notwendig.
Die Kenntnis der implantierten Prothese ist zur Entfernung unbedingt notwendig. Daher sollten im Vorfeld der Implantatausweis oder auch der Operationsbericht eingesehen werden.
Bei Lockerung nur einer Komponente ist unter Umständen auch der isolierte Wechsel möglich. Dann muss die entsprechende kompatible Komponente, in der Regel aus dem gleichartigen System des Herstellers verfügbar sein. Da sich intraoperativ auch Schäden oder eine nicht im Vorfeld offensichtliche Lockerung der zu belassenen Komponente zeigen können, sollte grundsätzlich immer ein vollständiges Revisionssystem mit entsprechenden Stielverlängerungen und Augmenten verfügbar sein (siehe folgende Kapitel).
Es gilt:
  • Eingriff und Implantate planen
  • genug Zeit einkalkulieren
  • möglichen Knochenverlust bedenken
  • modulare Implantate mit Augmenten, Cones und Stielverlängerungen bereitstellen

Verankerung und Augmentation

Die schmerzfreie Funktion ist für die Zufriedenheit des Patienten entscheidend. Die Standzeit der Prothese hängt maßgeblich von der Verankerung ab.
Das Konzept der zonalen Verankerung gilt für die Verankerung in Femur als auch der Tibia und ist mit jedem Revisionsimplantatsystem umsetzbar. Die sichere Fixierung erlaubt die frühe postoperative Mobilisierung und Rehabilitation und sichert die Haltbarkeit der Prothese (Dalury et al. 2013; Vince und Long 1995).
Sowohl Tibia wie auch Femur werden in jeweils drei anatomische Zonen unterteilt (siehe Abb. 10). Die Gelenkfläche oder Epiphyse bildet die Zone 1, die Metaphyse Zone 2, die Diaphyse Zone 3 (Morgan-Jones et al. 2015).
Durch die Implantatentfernung und eventuelle Voroperationen ist die epiphysäre Zone meist kompromittiert. Eine sichere Fixierung ist hier nur möglich, wenn alle Zementreste und avitaler Knochen sowie alle fibrösen Membranen entfernt wurden. Wenn hier eine Augmentierung notwendig ist, sollte eine zusätzliche Verankerung in einer der anderen Zonen erreicht werden.
Die Fixierung in der Diaphyse (Zone 3) erfolgt über Stielverlängerung. Das Einbringen von Cones oder Sleeves in die Metaphyse (Zone 2) ermöglicht die Verwendung kürzerer Stiele und verhindert durch die gleichmäßigere Lasteinleitung stress-shielding (Dorr et al. 1986). Zusätzlich wird die Rotationsstabilität des Implantats erhöht. Zusammenfassend sollte so mindestens eine Verankerung in zwei von drei Zonen sichergestellt sein, wobei insbesondere die Metaphyse entscheidend ist (Oh und Scuderi 2021).

Knochendefekte

Knochendefekte im Rahmen von Kniegelenkrevisionen sind verursacht durch Osteolysen, Implantatentfernung, stress shielding oder mechanisch durch die gelockerte Prothese. Um die Funktion und möglichst lange Standzeit der Prothese zu ermöglichen, ist eine typgerechte Therapie der Defekte erforderlich. Bewährt hat sich das System der Defektklassifikation nach dem Anderson Orthopedic Research Institute (AORI) (Engh und Ammeen 1999). Hiernach werden Defekte in jeweils drei Typen für Tibia (T1, T2, T3) und Femur (T1, T2, T3) unterteilt (Abb. 11). Defekte ersten Grades sind dabei als gering zu bewerten, die Stabilität der Revisionsprothese ist nicht gefährdet. Zweitgradige Defekte (T2, F2) zeigen eine Schädigung des metaphysären Knochens mit Spongiosaverlust einseitig (T2a, F2a) oder beidseitig (T2b, F2b). Defekte dritten Grades (T2, F3) sind mit erheblichem Verlust des spongiösem metaphysären Knochens und ligamentärer Instabilität verbunden.
Verschiedene Techniken stehen zur Rekonstruktion der Defekte zur Verfügung. Neben der einfachen Verfüllung mit Knochenzement kommen modulare metallische Augmente, Sleeves, Cones oder Individualimplantate zum Einsatz. Auch die Augmentation mit autologen oder allogenem Knochen in Form von strukturierten Transplantaten sind denkbar. Die Wahl der Augmentationstechnik hängt von der Größe des Defekts und den verfügbaren Implantaten ab (Tab. 3)
Tab. 3
Augmentation von Knochendefekten
AORI
Augment
T1/F1
Zement
T1/F1
Autologer Knochen
T2a/T2b
Impaction bone grafting
T2a/F2a
Modulare metallische Augmente
T2b/F2b
Modulare metallische Augmente
T3/F3
Sleeves
T3/F3
Cones
.
Grundsätzlich gelten die Verankerungsprinzipien wie beschrieben. Augmente werden in der Regel mit Stielverlängerungen in mindestens einer weiteren Zone abgesichert.

Kopplungsgrad

Der benötigte Kopplungsgrad einer Knieendoprothese hängt immer vom Zustand der Kollateralbänder ab. Im Falle eines partiellen Wechsels, z. B. aufgrund einer nur einseitig aseptisch gelockerten Komponente, sollte auch nach Explantation, Debridement und Präparation für die neue Komponente eine derartige Stabilität bestehen, dass der vorherige Kopplungsgrad ausreichend ist. Anderenfalls ist die gesamte Prothese auf eine mit einem höheren Kopplungsgrad zu wechseln.
Einseitig medio-laterale Instabilitäten oder Varus- oder Valgus-Laxizität von mehr als 5 mm begründen die Indikation zur Implantation einer Condylar-Constraint-Knieendoprothese (CCK) (Maynard et al. 2014).
Höhergradige mediolaterale Instabilitäten machen die Implantation einer gekoppelten Prothese mit Rotationsmöglichkeit (Rotating Hinge) notwendig. Neben der Seitenbandinsuffizienz sind große knöcherne Defekte der Femurkondylen oder des Tibiaplateaus, allgemeine Hyperlaxizität, fixierte Varus- oder Valgusdeformitäten von mehr als 20° und schwere rheumatoide Arthritis adäquate Indikationen (Gehrke et al. 2014).
Aufgrund der Übertragung erhöhter Zwangskräfte in Form von Rotations- und Scherkräften auf die Verankerung der Implantate im Knochen muss eine zusätzliche Fixierung durch Prothesenstiele im Knochen erfolgen, um eine frühzeitige Implantatlockerung zu vermeiden. Dies gilt insbesondere im Falle von Osteoporose, hochgradigem Übergewicht oder Knochendefekten. Diese Zwangskräfte höherer Kopplungsgrade können über Fretting und Korrosion auch zu schnellerem Implantatverschleiß führen. Aus diesen Gründen sollte immer die Prothese mit dem möglichst niedrigsten Kopplungsgrad gewählt werden (Czekaj et al. 2017; Morgan et al. 2005).
Da im Revisionsfall die Bandinstabilität nach Exposition, Implantatentfernung und Präparation nicht vorhersehbar ist, sollten jedoch in jedem Falle Revisionssysteme mit höheren Kopplungsgraden bereitstehen.

Nachbehandlung

Da das Ziel der Revisionsoperation ein primär stabiles Implantat ist, kann das Nachbehandlungsprogramm ähnlich dem nach primärer Knieendoprothese gestaltet werden. Auch multimodale Behandlungskonzepte (Fast Track, Enhanced Recovery) sind sicher anwendbar. Das Risiko für Reoperationen, Wiederaufnahmen, Wundheilungsstörungen und weitere Komplikationen ist dabei nicht erhöht (Costales et al. 2020).
Grundsätzlich ist bei unkompliziertem intraoperativem Verlauf eine Ruhigstellung in Orthesen oder entlastende Mobilisierung verzichtbar. Intraoperative Besonderheiten, z. B. eine durchgeführte Tuberositasosteotomie, können jedoch eine Anpassung entsprechend den Vorgaben des Operateurs erfordern.
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