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Thoraxchirurgie
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Publiziert am: 29.05.2022

Entzündliche Erkrankungen der Brustwand

Verfasst von: Bernward Passlick und Severin Schmid
Entzündliche Erkrankungen der Brustwand können infolge von Verletzungen auftreten, als Fortsetzung von intrathorakalen entzündlichen Prozessen oder von Entzündungsprozessen der Brustwand selbst, wie eine Rippen- und Sternumosteomyelitis/Chondritis. Weitere häufige Erkrankungen sind Sternumosteomyelitiden nach chirurgischen Eingriffen und Osteoradionekrosen nach Bestrahlung. Thorakale Aktinomykosen sind selten. Dahingegen treten zunehmend häufiger Infektionen des Sternoklavikulargelenks auf, die eine umfangreiche operative Therapie erforderlich machen.
Unter den entzündlichen Erkrankungen der Brustwand sind sowohl Entzündungen des Haut- und Weichteilmantels als auch solche des knöchernen Skeletts zu verstehen. Entzündungen in den Brustwandweichteilen können infolge von Verletzungen nach Thoraxtrauma bzw. postoperativ auftreten. Daneben sind als typische, nur an der Thoraxwand auftretende Eiterungen, wie der subpektorale und der subskapuläre Abszess von chirurgischer Bedeutung. Der Subpektoralabszess nimmt seinen Ausgang entweder als lymphogener Abszess bei infektiösen Erkrankungen des Armes oder per continuitatem bei Entzündungen der Brustdrüse bzw. der Vorderrippen. Die klinische Symptomatik in diesem Bereich entspricht einem infektiösen Geschehen. Die Patienten sind krank, haben in der Regel Fieber und andere Infektzeichen wie Rötung und Schwellung im Bereich des Brustmuskels. Die Beweglichkeit des Arms ist schmerzhaft eingeschränkt. Die Behandlung der Wahl besteht in Inzision und Abszessdrainage. Der subskapuläre Abszess ist eine seltene, aber typische postoperative Komplikation nach Thorakotomie. Die Therapie der Wahl besteht auch hier in Abszessinzision und adäquater Drainage, gegebenenfalls unter röntgenologischer Lagekontrolle.

Osteomyelitis und Chondritis von Rippen und Sternum

Die akute hämatogene Osteomyelitis der Rippen oder des Sternums ist heutzutage eine Rarität und wird, wenn überhaupt, vornehmlich bei Kindern beobachtet. Betroffen sind in der Regel die oberen Rippen. Diagnostik und Therapie entsprechen dem Vorgehen bei der hämatogenen Osteomyelitis anderen Ursprungs.
Die wesentlich häufigere Ursache der Rippen- und Sternumosteomyelitis ist heute die sekundäre Infektion über traumatische oder Operationswunden, oder sie ist Folge einer Rippenchondritis oder eines Pleuraempyems. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen der akuten Form der Osteomyelitis und ihrem chronischen Auftreten als Folge einer benachbarten Wundheilungsstörung. Bei verzögert heilenden Wunden und Fistelbildungen nach Sternotomie bzw. Thorakotomie, insbesondere nach Verwendung von nichtresorbierbarem Nahtmaterial, sollte man stets an eine schwelende Osteomyelitis denken. CT-Untersuchungen gegebenenfalls mit Fistelgangdarstellung sind die Methode der Wahl, um das Ausmaß des Infektes abschätzen zu können. Eine Skelettszintigrafie ergibt wegen der meist an dieser Stelle vorausgegangenen Operation häufig falsch-positive Befunde.
Die Behandlung sollte nach den üblichen Richtlinien der Wundlokalbehandlung erfolgen, wobei aus dem Wundabstrich isolierte Erreger gezielt nach Antibiogramm behandelt werden sollten. In manchen Fällen kann auf diese Weise eine beginnende sekundäre Osteomyelitis beherrscht werden.
Im chronischen Stadium stellt die radikale Entfernung der betreffenden Knochen- und Knorpelabschnitte die Therapie der Wahl dar. In der Regel schließt sich dann eine VAC-Therapie an, wobei der Schwamm meistens einige Male gewechselt werden muss. Beim Debridement ist darauf zu achten, dass sämtliches avitales Gewebe, insbesondere die knorpeligen Rippenanteile ausreichend weit reseziert werden. Häufig hat sich der Infekt fuchsbauartig verzweigt, sodass die Gänge sorgfältig sondiert und verfolgt werden müssen. Dabei sollte man von Anfang an ein flaches Wundbett anstreben, sodass eine meist notwendige abschließende Muskellappenplastik (M. pectoralis, M. latissimus, gegebenenfalls M. rectus) leicht durchgeführt werden kann. Gentamycin-getränkte, resorbierbare Schwämme könne hilfreich sein, um am Ende eine Ausheilung zu erreichen. Eine mehrwöchige Antibiotikatherapie sollte den Heilungsprozess begleiten.

Sternumosteomyelitis

Die Sternumosteomyelitis tritt am häufigsten als Folge einer Komplikation der medialen Sternotomie im Rahmen von kardiochirurgischen Eingriffen, seltener von thoraxchirurgischen Eingriffen auf. Hämatogene Osteomyeolitiden des Sternums sind selten. Nach kardiochirurgischen Eingriffen wird in etwa eine Inzidenz von 0,5–8 % angegeben. Die Sterblichkeit ist bei einer tiefen Infektion im Rahmen der Gesamtkomorbidität relativ hoch, im Mittel zwischen 10 und 25 %. Klinische Zeichen sind die einer Wundinfektion mit purulenter Sekretion, Wunddehiszenz, Zeichen der Überrötung und Überwärmung. Es lassen sich am häufigsten Keime der Staphylococcus-aureus-Gruppe bzw. Enterobacter-Spezies oder Enterococcus-Spezies identifizieren.
Therapeutisch werden wie bei allen Infektionen als therapeutisches Ziel eine Infektsanierung und eine Plombierung des Totraums sowie eine Wiederherstellung des Hautweichteilmantels angestrebt. Dazu sind initial ein radikales chirurgisches Debridement und anschließend eine plastisch-chirurgische Deckung notwendig. Das Debridement erfordert in den meisten Fällen die Entfernung des Fremdmaterials, repetitive Eingriffe mit in der Regel einer VAC-Therapie. Dabei sollte besonderes Augenmerk darauf gerichtet sein, dass sich die Wundränder nicht zu weit retrahieren, damit die spätere Deckung keinen zu großen Hautmantel erforderlich macht.
Prinzipiell stehen als Muskeldeckungen die lokalen Muskeln zu Verfügung, wie eine bilaterale M. -pectoralis-Plastik, ein vertikaler M.-rectus-abdominis-Lappen sowie ein gestielter Latissimus-Lappen. Bei schwer komorbiden Patienten ohne ausreichende Muskelmasse ist nach wie vor eine Omentum-majus-Plastik mit sekundärer Spalthautdeckung möglich (Hauser et al. 2014).

Osteoradionekrose

Die Osteoradionekrose der Brustwand stellt einen zwar seltenen, aber klinisch bedeutsamen Folgezustand nach Bestrahlung der Brustwand dar. Häufig handelt es sich um Frauen mit einem Mammakarzinom in der Anamnese, die nach Ablatio mammae nachbestrahlt wurden. Nicht selten erfolgte eine zusätzliche Strahlentherapie nach einem längeren Intervall wegen eines lokoregionären Rezidivs. Die vornehmlich betroffenen Abschnitte entsprechen den Bestrahlungsfeldern im Bereich der vorderen Brustwand entweder über dem Sternum oder lateral im ehemaligen Narbenbereich (Abb. 1). Die meisten Patientinnen konsultieren den Arzt erst relativ spät. Nicht selten wird der Zeitpunkt einer chirurgischen Therapie auch durch meist frustrane konservative Behandlungsmaßnahmen (Salben) hinausgeschoben. So wird der Chirurg häufig erst nach Auftreten von Sekundärkomplikationen hinzugezogen. Innerhalb der strahlengeschädigten Haut findet sich dann ein mehr oder weniger großes, schmierig belegtes Ulkus, mit der spürbar knöchernen Thoraxwand im Wundgrund. Ein gleichzeitig vorhandenes lokales Tumorrezidiv ist nicht selten.
Die alleinige lokale Behandlung durch mechanische oder tryptische Abtragung von Nekrosen im Sinne eines Wunddebridements ist kontraindiziert bzw. allenfalls als schlechte Alternative für inoperable Patienten zu sehen, da in der Regel der eigentliche Weichgewebedefekt dadurch nur vergrößert wird. Die Therapie der Wahl besteht in der ausreichend weiten Resektion des gesamten Wundbezirks einschließlich der mitbefallenen knöchernen Brustwandabschnitte. Das Resektionsausmaß sollte großzügig sein. Lässt man infizierte Knochen- bzw. KnorpeIabschnitte zurück, ist ein entzündliches Rezidiv vorprogrammiert. Rippen- und Sternumresektionsränder sollten an der Absetzungsstelle im Markbereich petechial bluten. Der dadurch entstehende Brustwanddefekt wird je nach Ausdehnung in Breite und Tiefe mit einem gestielten muskulokutanen Lappen gedeckt. Hier hat sich der Latissimus-dorsi-Insellappen als äußerst hilfreich erwiesen. Die kosmetischen Ergebnisse sind hervorragend. Als Alternative, je nach anatomischer Lage des Defekts, bieten sich der Pectoralis-major-Lappen oder der Rectus-abdominis-Lappen an. Hauttransplantationen allein können einen ulzerierenden Defekt bei Osteoradionekrose nur ungenügend decken und sollten, wenn sie zur Anwendung kommen, nach unserer Erfahrung mit einem Omentumtransplantat unterfüttert sein. Dieses Verfahren wiederum ergibt insbesondere nach größeren knöchernen Defekten keine ausreichende Brustwandstabilität. Der Vorteil der muskulokutanen Lappenplastiken liegt eindeutig in der Sicherheit des Brustwandersatzes in vorgeschädigten Arealen durch einen einzigen operativen Eingriff.

Empyema necessitatis

Beim Empyema necessitatis handelt es sich um eine heute selten gewordene Komplikation eines Pleuraempyems, die in der Regel im Spontanverlauf eines nicht erkannten Empyems auftritt. Das ursprünglich sich zwischen beiden Pleurablättern ausdehnende Empyem verlässt die Pleura parietalis und entwickelt sich in den Weichteilen der Brustwand bis unter das Subkutangewebe, wo es als fluktuierende schmerzhafte Schwellung erscheint (Abb. 2). Die Verdachtsdiagnose stellt sich im Zusammenhang mit der zunächst nicht erkannten bzw. übersehenen Symptomatik des Pleuraempyems bzw. dessen Ursache. Die Röntgenübersichtsaufnahme bestätigt häufig die Residuen des Pleuraempyems. Gesichert wird die Verdachtsdiagnose durch diagnostische Punktion, wobei Eiter gewonnen wird. Das therapeutische Vorgehen besteht in der Entlastung durch Drainage unter gleichzeitiger Abklärung und Behandlung der Ursache des Pleuraempyems.
Bei sekundär bakteriell infizierten Spätempyemen tuberkulöser Resthöhlen ist zumeist ein mehrzeitiges Debridement der Höhle, gegebenenfalls in Kombination mit einer Muskelplastik und Thorakoplastik nötig. Das Problem ist in diesen Fällen ein möglicherweise verbleibendes Erregerreservoir in nicht vollständig entfernbaren verkalkten Pleuraanteilen.

Thorakale Aktinomykose

Aktinomyzeten sind grampositive anaerobe Bakterien, die Bestandteil der normalen Bakterienflora des Mund-Rachen-Raums sind und nur selten pathogen wirken. Im Bereich des Thorax kommen sowohl Thoraxwandinfektionen, die sich dann als chronische Fistel, eventuell auch als Empyema necessitatis präsentieren, oder kavernenartige Veränderungen im Bereich des Lungenparenchyms vor. Die thorakale Aktinomykose ist eine chronisch-indolente Infektion, die häufig bei immunsupprimierten, insbesondere bei Alkoholkranken in Kombination mit schlechter Zahnhygiene vorkommt. Die pulmonalen Aktinomykosen stellen etwa 15–20 % der Gesamtinfektionen dar.
Differenzialdiagnosen können pulmonale Kavernen bei Tuberkulose, Bronchiektasen oder Aspergillom sein Atay et al. (2016). Im Allgemeinen reicht eine mehrwöchige Therapie mit i. v.-Penicillin-Antibiotikagabe aus, sodass nur ausgedehnte, nicht kurierbare Thoraxwandinfektionen oder persistierende Höhlen einer operativen Therapie bedürfen.
Aufgrund der Seltenheit des Befundes sollte insbesondere bei chronisch-tuberkuloseähnlich wirkender Symptomkonstellation und Bildgebung auch an eine thorakale Aktinomykose gedacht werden.

Infektionen des Sternoklavikulargelenks

Septische Arthritiden des Sternoklavikulargelenks sind selten Infektionen, die in der Regel eine hämatogene Ursache haben, etwa im Rahmen einer Septikämie verschiedenster Genese. Darüber hinaus sind sekundäre Infektionen des Gelenks durch umgebende Infektionen möglich oder im Rahmen von Punktion als direkte Inokulation. Zu den Risikofaktoren gehören die allgemeinen Faktoren für die Entstehung von entzündlichen Prozessen, wie i. v.-Drogenabusus, Diabetes mellitus, und andere Kachala et al. (2016) Murga et al. (2017).
Klinisch präsentieren sich die Infektionen in der Regel mit chronischen, aber intensiven Schmerzen auf der betroffenen Seite, die z. T. bewegungsverstärkt sind. Es findet sich eine ödematöse Schwellung, nicht selten mit Rötung und Druckschmerz. CT-morphologisch zeigen sich Auflockerungen in und um das Gelenk (Abb. 3).
Diagnostisch ergibt sich bei entsprechender klinischer Symptomatik und typischer CT-Konstellation kaum eine Differenzialdiagnose. Vor Beginn einer Antibiotikatherapie sollte der Versuch einer Keimgewinnung, sei es direkt aus dem OP-Präparat oder mittels Punktion, versucht werden.
Therapeutisch ist in der Regel ein chirurgischer Eingriff notwendig. Dazu zählt die Eröffnung des abszedierenden Prozesses, mit radikalem Debridement sämtlicher nekrotischer Anteile, wozu in der Regel die Resektion des Gelenks selbst gehört, je nach Ausmaß des Befundes. Es sind in jedem Fall die knorpeligen Anteile des Gelenks zu entfernen, um so gut durchbluteten Kallusknochen zu erreichen. Dies trifft sowohl für den sternalen, als auch für den klavikulären Anteil zu. Eine Eröffnung des klavikulären Markraums solle vermieden werden, um hier eine langstreckige Infektion zu vermeiden. Zumeist wird man nach initialem Debridement eine VAC-Therapie mit anschließendem mehrfachem VAC-Wechsel durchführen. Nach ausreichender Konditionierung des Gelenks und der Weichteile muss eine muskuläre Deckung des Bereiches erreicht werden, entweder als alleiniger Muskellappen oder im Falle eines großen Hautdefektes als myokutaner Lappen. Zumeist ist dies jedoch nicht notwendig. Als Muskel bietet sich der M. pectoralis an, entweder durch eine Teilhebung des Lappens oder durch eine vollständige ipsilaterale Pektoralismobilisation Agyemang-Opoku et al. (2019).
Literatur
Agyemang-Opoku J, Matera D, Simone J (2019) Surgical configurations of the pectoralis major flap for reconstruction of sternoclavikular defects: a systematic review and new classification of described techniques. BMC Surg 19:136CrossRef
Atay S, Banki F, Floyd C (2016) Empyema necessitans caused by actinomycosis: a case report. Int J Surg Case Rep 23:182–185CrossRef
Hauser J, Steinau HU, Ring A et al (2014) Sternumosteomyelitis. Ätiologie, Diagnostik und operative Therapiekonzepte. Chirurg 85:357–367CrossRef
Kachala S, D’Souza DM, Teixeira-Johnson L et al (2016) Surgical management of sternoclavicular joint infections. Ann Thorac Surg 101:2155–2160CrossRef
Murga A, Copeland H, Hargrove R et al (2017) Treatment for sternoclavicular joint infections: a multiinstitutional study. J Thorax Dis 9(6):1503–1508CrossRef