Chirurgische Erkrankungen der Schilddrüse im Kindesalter sind selten und sollten daher in entsprechenden Zentren behandelt werden.
Erkrankungen der Schilddrüse
Gutartige Erkrankungen
Entzündliche Veränderungen
Entzündliche Veränderungen der Schilddrüse
bedürfen in der Regel keiner chirurgischen Therapie und betreffen drei Entzündungsursachen:
Gutartige Größenänderungen
Eine Vergrößerung der Schilddrüse aufgrund ungenügender Jodaufnahme (Jodmangelstruma) ist in heutiger Zeit bei Kindern durch die flächendeckende, prophylaktische Jodgabe (z. B. jodiertes Salz) eine Rarität und lässt sich durch eine Jodsubstitution behandeln. Eine chirurgische Intervention ist hier obsolet. Schilddrüsenzysten, die als kalte Knoten in der Szintigrafie imponieren, können mittels Sonografie und ggf. MRT als benigne Raumforderungen identifiziert werden. Hier ist dann eine Enukleation ausreichend. Differenzialdiagnostisch können bei zystischen Veränderungen der Schilddrüse auch Anteile medialer Halszysten oder -fisteln infrage kommen (Kap. „Fehlbildungen der Halsorgane bei Kindern“).
Solide Knoten hingegen sind solange als maligne einzustufen, bis das Gegenteil bewiesen ist. Daher bedürfen diese einer histologischen Abklärung. Dies kann zum einen über eine Feinnadelbiopsie erfolgen. Bei einer offenen Biopsie sollte durch eine intraoperative Schnellschnittdiagnostik eine Aussage über die Dignität möglich sein, sodass dann das weitere operative Vorgehen zeitnah festgelegt werden kann.
Bösartige Erkrankungen
Maligne Veränderungen der Schilddrüse
machen im Kindesalter nur etwa 1–3 % aller Malignome aus und treten v. a. im Rahmen von
Multiplen Endokrinen Neoplasien (
MEN 2)
auf. Durch eine aktivierende Mutationen des RET-Protoonkogens kommt es v. a. zu medullären
Schilddrüsenkarzinomen. Vom papillären Schilddrüsenkarzinom sind im präpupertären Alter besonders Mädchen betroffen und es zeigt im Vergleich zum follikullären Karzinom eine höhere Rate an Metastasierungen. Insgesamt sind die Schilddrüsenkarzinome aber extrem selten. So wurden im Zeitraum zwischen 1984 und 1995 82 Fälle in dieser Altersgruppe in Deutschland gezählt. Aufgrund der hohen Strahlensensibilität der Schilddrüse spielt ionisierende Strahlung eine weitere wesentliche Rolle für die Entstehung solcher Malignome.
Bei einer adäquaten Therapie haben
Schilddrüsenkarzinome eine gute Prognose, vorausgesetzt eine stadiengerechte Therapie gemäß dem GPOH-MET97 wird durchgeführt. Die Studienleitung für solche Tumoren ist aktuell am Universitätsklinikum Magdeburg, Herr Professor Dr. med. Vorwerk.
Erkrankungen der Nebenschilddrüse
Die Nebenschilddrüse
liegt dorsokranial der Schilddrüse und besteht pro Seite aus zwei kleinen Drüsenkörpern. Sie werden in der Regel von der gleichen Bindegewebskapsel wie die Schilddrüse umgeben, sodass bei einer Thyreoidektomie die Gefahr ihrer ungewollten Mitresektion besteht. Die Nebenschilddrüse produziert das
Parathormon, das als Antagonist zum Kalzitonin der Schilddrüse durch Stimulation der
Osteoklasten den Kalziumspiegel im Blut erhöht.
Für einen
Hypoparathyreoidismus, bedingt durch eine Unterfunktion der Nebenschilddrüse, gibt es keine chirurgischen Behandlungsoptionen. Beim
Hyperparathyreoidismus hingegen kann eine Resektion notwendig werden, wenn ursächlich ein Adenom, eine Hyperplasie oder eine Neoplasie (
MEN 1 oder 2) zugrunde liegen. Laborchemisch findet sich ein
Hyperkalzämie, die auch als Verlaufsparameter und
Tumormarker relevant ist. Bei Adenomen ist eine vollständige Resektion der betroffenen Nebenschilddrüsen anzustreben. Dies kann bei atypischer Lage technisch schwierig sein. Außerdem wir nach Resektion eines auffälligen Drüsenkörpers intraoperativ der Kalzitoninspiegel gemessen. Kommt es zu einer raschen Normalisierung des Spiegels, können die weiteren Drüsenkörper in situ belassen werden, ansonsten sind diese in gleicher Weise zu resezieren. Bei einer Hyperplasie wird eine subtotale Resektion durchgeführt.
Auch beim äußerst seltenen neonatalen primären Hyperparathyreoidismus ist die komplette Entfernung mit Autotransplantation indiziert (Safford und Skinner
2006).
Literatur
Dralle H, Machens A, Brauckhoff M (2005) Chirurgie der Schilddrüsenkarzinome. Onkologe 11:58–69
CrossRefSafford SD, Skinner MA (2006) Thyroid and parathyroid disease in children. Sem Pediatr Surg 15:85–91
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