Erschienen in:
01.01.2012 | CME Weiterbildung · Zertifizierte Fortbildung
Fehldiagnose Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndrom?
Empirische Befunde zur Frage der Überdiagnostizierung
verfasst von:
Dr. Katrin Bruchmüller, Prof. Dr. Silvia Schneider
Erschienen in:
Die Psychotherapie
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Ausgabe 1/2012
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Zusammenfassung
Sowohl unter Experten als auch in der Öffentlichkeit wird oft vermutet, dass das Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) überdiagnostiziert wird. Dennoch gibt es hierzu kaum empirische Befunde. Aktuelle Ergebnisse der hier dargestellten repräsentativen Befragung von Kinder- und Jugendpsychotherapeuten und -psychiatern liefern jedoch erstmals empirische Belege dafür, dass ADHS zu häufig diagnostiziert wird. Die Befunde zeigen, dass Jungen bei identischem Symptombild häufiger eine ADHS-Diagnose gestellt bekommen als Mädchen. Eine fälschliche ADHS-Diagnose zieht zudem die Empfehlung einer medikamentösen und psychotherapeutischen Behandlung nach sich. Als Erklärung für diese diagnostischen Fehlurteile wird diskutiert, dass Therapeuten – wie bei anderen Alltagsentscheidungen auch – in der Diagnosesituation Heuristiken einsetzen. Verbreitet sind dabei die Repräsentativitäts- und die Verfügbarkeitsheuristik. Eine klare Orientierung an Diagnosekriterien und die Anwendung standardisierter Befragungsinstrumente helfen, solche Fehler zu vermeiden.