Erschienen in:
27.07.2018 | Leitthema
Genetische Diagnostik von Netzhautdystrophien
Revolutionierung durch neue Methoden der DNA-Sequenzierung
verfasst von:
Prof. Dr. H. J. Bolz
Erschienen in:
Die Ophthalmologie
|
Ausgabe 12/2018
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Zusammenfassung
Bis Mitte der 2000er-Jahre konnte Patienten mit Netzhautdystrophien nur in sehr eingeschränktem Maße eine molekulargenetische Diagnostik zur Diagnosesicherung und spezifischen humangenetischen Beratung angeboten werden. Viele der Gene, deren Mutationen z. B. zu Retinitis pigmentosa, Leberscher kongenitaler Amaurose und Zapfen-Stäbchen-Dystrophien führen, waren bereits bekannt, die verfügbaren Methoden der DNA-Sequenzanalyse aber für eine Routinediagnostik zu teuer und langwierig. Die unter „next-generation sequencing“ (NGS) zusammengefassten Verfahren der Hochdurchsatzsequenzierung haben dies grundlegend geändert: Zunächst in der Forschung angewendet, beschleunigten NGS-Verfahren die Identifizierung neuer Krankheitsgene erheblich – die Mutationen der meisten Patienten mit Netzhautdystrophien lassen sich heute bereits in den als krankheitsursächlich bekannten Genen finden. Seit etwa 2010 fand NGS Eingang in die Routinediagnostik. Dies gestattet bei den meisten Patienten eine genetische Diagnosestellung und somit eine spezifische genetische Beratung und medizinische Betreuung. Stetig verbesserte Bioinformatik und umfassende Datenbanken erleichtern die Auswertung der komplexen NGS-Daten. Eine intensive wissenschaftliche Vertrautheit mit der Genetik retinaler Dystrophien bleibt jedoch unabdingbar, um falsche Interpretationen der Daten zu vermeiden. Dies gilt auch für die enge Interaktion von Augenärzten und Humangenetikern.