Erschienen in:
07.04.2021 | Humerusschaftfraktur | CME
Antegrade und retrograde Nagelung von Humerusschaftfrakturen
verfasst von:
Prof. Dr. med. habil. Martin H. Hessmann, Thomas Mittlmeier
Erschienen in:
Operative Orthopädie und Traumatologie
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Ausgabe 2/2021
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Zusammenfassung
Operationsziel
Wiederherstellung eines schmerzfrei belastbaren, knöchern in achsgerechter Stellung verheilten Oberarmes durch direkte oder indirekte Frakturreposition mit anschließender Osteosynthese mittels antegradem oder retrogradem Verriegelungsnagel.
Indikationen
Antegrad: Humerusschaftfrakturen mit Lokalisation in den proximalen zwei Dritteln des Oberarmes. Kombinationsverletzungen von ipsilateralen Humeruskopf- und Schaftfrakturen, Segmentfrakturen des Humerusschaftes. Pathologische Frakturen oder Osteolysen (palliative Indikation). Retrograd: Humerusschaftfrakturen mit Lokalisation im mittleren und unteren Drittel des Oberarmes.
Kontraindikationen
Floride Infektion im Zugangsbereich. Polytrauma mit akut lebensbedrohlicher hämodynamischer Instabilität.
Operationstechnik
In antegrader Technik: Zugang über einen anterolateralen akromialen Zugang mit umsichtiger Inzision der Rotatorenmanschette über der korrekten Eintrittsstelle des Nagels am Humeruskopf. Geschlossene oder gedeckt offene Frakturreposition. Einbringen eines von der Länge und vom Durchmesser her geeigneten Implantates. Statische Verriegelung proximal und distal, ggf. nach interfragmentärer Kompression. In retrograder Technik wird der Nagel von distal direkt oberhalb der Fossa olecrani in die Markhöhle eingebracht.
Weiterbehandlung
Funktionelle Nachbehandlung mit passiven und aktiv assistierten Übungen in den ersten 3 Wochen; danach zunehmend aktive Beübung. Vermeidung von Belastung, forcierter Rotation und sportlichen Tätigkeiten für 3 Monate. Röntgenkontrolle postoperativ und nach 2, 6 und 12 Wochen.
Ergebnisse
Sehr gute funktionelle Resultate mit exzellenten und guten radiologischen Ergebnissen in über 90 % der Fälle sowohl nach antegrader als auch nach retrograder Verriegelungsmarknagelung. Intraoperative Probleme, die in bis zu 40 % berichtet wurden, entsprechen Erfahrungen mit Marknägeln der frühen Generationen oder sind überwiegend technischen Fehlern geschuldet. Entsprechend der zumeist geschlossenen Repositions- und Operationstechnik ist die postoperative Infektrate sehr gering (< 3 %). Einer unerwünschten Distraktion der Frakturkomponenten bei der Nageleinbringung kann durch Kompressionstechniken wirkungsvoll begegnet werden, sodass die Erfolgsaussichten und das Komplikationsportfolio bei der Marknagelung im Vergleich mit der Plattenosteosynthese ähnlich sind. Schulterbezogene Probleme nach der antegraden Verriegelungsmarknagelung und Ellenbogenprobleme nach retrograder Nagelung sind möglich.