Die erste Operation mit Roboter wurde 2007 durchgeführt, seit 2010 besteht ein etabliertes Roboterprogramm für kolorektale Eingriffe. Vier Chirurgen wechselten von einer laparoskopischen auf eine rein roboterbasierende Technik, drei reine Roboterchirurgen ergänzten während der Studienperiode das Team und 3 Chirurgen blieben bei der initialen laparoskopischen Technik.
In der logistischen Regressionsanalyse fand sich Roboterchirurgie als der stärkste protektive Faktor für die Wahrscheinlichkeit, eine Komplikation zu erleiden (OR 0,485; p = 0,006). Das Auftreten einer Komplikation (OR 9,33; p < 0,001) sowie die Konversion zu offener Operation (OR 3,095; p = 0,002) wurden als Risikofaktoren für einen verlängerten stationären Aufenthalt identifiziert. Robotische Chirurgie (OR 0,62; p = 0,027) war der einzige protektive Faktor.
Kommentar
Dieser Studie von einem renommierten tertiären Zentrum für Kolorektalchirurgie ist trotz des retrospektiven Charakters aufgrund der Fallzahl (600 Patienten) Aufmerksamkeit zu schenken. Mehrere Bias sind zu erwähnen: Ein 14-jähriger Studienzeitraum, in dem sich die chirurgische Strategie von (einem primär offenen Zugang, über) einem(n) laparoskopischen zu einem robotischen Zugang gewandelt hat. Darüber hinaus entschied der Operateur über die Wahl der Operationsmethode. Die Nachteile der Roboterchirurgie bezüglich Kosten und längerer Operationsdauern [
1,
2] sind hinlänglich bekannt und auch ein Ergebnis dieser Studie. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass eine verlängerte Operationsdauer [
3] mit dem Roboter trotzdem nicht zu einer normal üblichen Erhöhung der Komplikationsrate führte, sondern durch die technischen Vorteile des Roboters im Sinn von verbesserter Präzision, besserer Sicht und zitterfreier Bewegung nicht nur in einem ausgeglichenen, sondern sogar in einem protektiven Effekt münden. Verminderte Gesamtkomplikationsraten und geringere Transfusionsraten sowie Konversionsraten im Vergleich zur Laparoskopie könnten teilweise mögliche Erklärungen dafür sein. Leider diskutieren die Autoren jedoch nicht, warum sich bei klassischen Komplikationen wie Leak, Ileus und Wundinfektion keine statistischen Unterschiede zeigten. Auch intraoperative Komplikationen sind nicht angeführt.
Des Weiteren ist die signifikant kürzere Hospitalisierung der robotisch operierten Patienten in dieser Studie kritisch zu hinterfragen: Erstens wurde mit der Implementation des Roboterprogrammes auch ein „enhanced recovery pathway“ etabliert, zweitens ging im Rahmen der Studienperiode generell die Liegedauer der Patienten signifikant zurück, und die Roboterchirurgie fand erst ab 2010 langsam beginnend statt.
Die onkologischen Ergebnisse anhand des Pathologiepräparats (distaler Resektionsrand, „completeness of TME“, CME, Anteil R0-Resektionen) sind bis auf den zirkumferenziellen Resektionsrand (CRM) nicht angeführt. Das behandelte Tumorstadium zeigte signifikant mehr Patienten in der Robotergruppe in Stage III (63,5 % vs. 50,2 %; p = 0,001) und vermutlich konsekutiv mit höherer Rate an neoadjuvanter Therapie (68,8 % vs. 44,9 %; p < 0,001). Hier wäre es sehr interessant, wenn die Gruppe eine entsprechende Arbeit über dieses Studienkollektiv zum onkologischen Outcome nachliefern würde. Der Fokus sollte hier auf folgende Fragestellung gerichtet sein: Liefern die signifikant niedrigeren Komplikationsraten und Konversionsraten auch ein verbessertes onkologisches Outcome in der Robotergruppe im Vergleich zur Laparoskopiegruppe?
Zudem wäre bezüglich der intraoperativen Resultate die Höhenangabe zur Läsion von Bedeutung. Vor allem Karzinome unter 5–7 cm könnten durch die höhere Flexibilität der Roboterarme sowie der Kamera mittels Roboter leichter und daher mit besserem Outcome operierbar sein. Die Höhenangabe der Läsion könnte erklären, warum in der Robotergruppe signifikant mehr abdominoperineale Resektionen (APR) durchgeführt wurden als in der laparoskopischen Gruppe (33,4 % vs. 21,2 %;
p < 0,001). Zusätzlich wären auch Angaben zur Funktionalität nach der Rektumresektion sowie eine Gegenüberstellung Roboter vs. Laparoskopie von Interesse, da auch hier die technischen Vorteile durch den Roboter in einer Verbesserung des „low anterior resection syndrome“ (LARS) und in der urogenitalen Funktionalität resultieren könnten [
4].
Insgesamt unterstützt jedoch diese Publikation den Trend, der vor allem in den USA zu sehen ist, dass an spezialisierten Institutionen mit der entsprechend vorhandenen Infrastruktur, die Roboterchirurgie nicht nur in der Rektumchirurgie der Vorzug gegenüber der Laparoskopie gegeben wird. Ergonomische Aspekte für den Chirurgen sind hier nicht zu vernachlässigen.
Zusammenfassend zeigt diese Studie an einem renommierten Zentrum Vorteile für die Roboterchirurgie gegenüber der Laparoskopie bei Rektumresektionen im perioperativen Verlauf.
Open Access. Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.