Hintergrund
Autor*innen/Land/Quellen | Bezeichnung | Angebot | Zielgruppe | Setting |
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International | ||||
Kiewik/den Ouden (2012) Niederlande [20] | Less Booze or Drugs (LBoD) | Kognitive Verhaltenstherapeutische Maßnahme zur Veränderung des Suchtverhaltens (12 Einzel- und 12 Gruppensitzungen) | Menschen mit geistiger Behinderung | Ambulantes Behandlungssetting |
Kiewik et al. (2015, 2016) Niederlande | Prepared on time | E‑Learning-Präventionsprogramm zur Verzögerung der ersten Erfahrungen mit dem Konsum von Tabak und Alkohol | Schüler*innen im Alter von 9–13 Jahren | Schule |
Schijven et al. (2021) Niederlande [40] | Take it Personal! | Präventionsprogramm zur Verringerung des Substanzkonsums bzw. Verhinderung einer Substanzkonsumstörung (5 Einzel- und 5 Gruppensitzungen) | Menschen mit geistiger Behinderung im Alter von 14 bis 30 Jahren | Unbekannt |
Van der Nagel et al. (2013, 2016) Niederlande | Substance use and misuse in Intellectual Disability – Questionnaire (SumID-Q) | Screeninginstrument (Fragebogen) zur Einschätzung des Schweregrades der Substanzstörung | Menschen mit geistiger Behinderung | Beratungs‑/Behandlungssetting |
National | ||||
Abel (2020) [1] | aktionberatung | Beratungshandbuch und Datenbank (Informations- und Medienpool) | Mitarbeitende der Suchtberatung und Menschen mit geistiger Behinderung | Beratungssetting |
Caritas Emsdetten Greven (o.J.) [5] | Suchthilfe für Alle | Alkoholkoffer zur Suchtprävention, Handlungsanweisungen zur betrieblichen Suchtprävention in WfbM, Ablaufplan bei Verdacht auf problematischen Alkoholkonsum | Mitarbeitende in Einrichtungen der Behindertenhilfe und Menschen mit Behinderung | WfbM, Ambulante und stationäre Wohnformen für Menschen mit Behinderung |
Feldmann et al. (2020) [17] | Suchtprävention inklusiv (SUPi) | Gruppentraining als Präventions- und Frühinterventionsmaßnahme | Erwachsene mit geistiger Behinderung | Unbekannt |
Kretschmann-Weelink (2006) [23] | DIDAK® – Präventionsprogramm (Westfalenfleiß GmbH, Münster, Deutschland) | Didaktisch-handlungsorientiertes Programm zur Primär- und Sekundärprävention | Menschen mit geistiger Behinderung und Alkoholproblematik; Mitarbeitende in Wohneinrichtungen und WfbM | Wohneinrichtungen/WfbM |
LWL-Koordinationsstelle Sucht (2022) [26] | TANDEM | Umsetzung von Hilfsangeboten durch Einrichtungen der Sucht- und Behindertenhilfe im Tandem | Menschen mit geistiger Behinderung und Fachkräfte der Sucht- und Behindertenhilfe | Förderschulen für geistige Entwicklung, Beratungs- und Behandlungssetting |
LWL (o.J.) [27] | SAG NEIN! | Suchtpräventionsprogramm an Förderschulen für geistige Entwicklung | Lehrkräfte, Schulsozialarbeiter*innen und Schüler*innen der Mittel- und Oberstufe an Förderschulen für geistige Entwicklung | Förderschulen für geistige Entwicklung |
Paulus (2009), Niedersächsische Landesstelle für Suchtfragen (o.J.) | PeP – Unterrichtsprogramm | Unterrichtsprogramm zur Gesundheitsförderung, Sucht- und Gewaltprävention | Sonder- und Förderschüler*innen der Klassen 3–9 | Förderschulen für geistige Entwicklung |
Rathmann (2021) [35] | Substanzmittel Kompetenz TooLbox (SKoL) | Werkzeugkoffer zur Stärkung der substanzmittelbezogenen Gesundheitskompetenz von Menschen mit geistiger Behinderung | Junge Erwachsene mit geistiger Behinderung | Einrichtungen der Behindertenhilfe (Settings: Teilstationäres Wohnen und Arbeit) |
Schmidt (2020) [42] | Prävention Inklusiv | Konzept zur strukturellen Verankerung von Suchtprävention in Einrichtungen für Menschen mit geistiger Behinderung | Menschen mit geistiger Behinderung und Mitarbeitende in Einrichtungen für Menschen mit geistiger Behinderung | Einrichtungen für Menschen mit geistiger Behinderung |
Autor*innen/Quellen | Anbieter | Angebot | Zielgruppe |
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aktionberatung (2020) [2] | aktionberatung | You-tube-Videos mit Infos und Tipps zum Thema Sucht, Alkohol, Tabak und Cannabis in Leichter Sprache | Menschen mit geistiger Behinderung und Interessierte |
DHS (2019b, 2019c, 2020a, 2020b, 2020c, 2020d, 2021a, 2021b) | Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (DHS) | Broschüren zu verschiedenen Substanzen (z. B. Alkohol, Tabak, Cannabis, Medikamente) in Leichter Sprache | Menschen mit geistiger Behinderung und Interessierte |
LWL-Koordinationsstelle Sucht (2022) [26] | TANDEM | Plakate zu den Themen „Was ist eine Zigarette?“ und „Alkohol – Weißt du das?“ in Leichter Sprache | Menschen mit geistiger Behinderung und Interessierte |
Medart/Möller (2016) [28] | CJD Erfurt | Informationsbroschüre zum Thema Alkohol inklusive Alkoholselbsttest und Adressen mit Hilfsangebote in Leichter Sprache | Menschen mit geistiger Behinderung und Interessierte |
Methodik
Datenbasis und Feldzugang
Erhebungsinstrument und Variablenbeschreibung
Fragen | Antwortmöglichkeiten |
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Kennen Sie spezielle Angebote der Suchthilfe/-prävention für Menschen mit geistiger Behinderung? | 0 = nein 1 = ja |
Welche zielgruppenspezifischen Angebote der Suchthilfe/-prävention kennen Sie? (Filterfrage) | 1 = aktionberatung – Projekt „Geistige Behinderung und problematischer Substanzkonsum“ 2 = DIDAK-Präventionsprogramm 3 = Infomaterial in Leichter Sprache (z. B. von der DHS) 4 = PeP – Unterrichtsprogramm zur Gesundheitsförderung, Sucht- und Gewaltprävention 5 = Prävention Inklusiv – ein Konzept zur strukturellen Verankerung suchtpräventiver Maßnahmen in Organisationen 6 = SAG NEIN! – Suchtpräventionsprogramm an Förderschulen für geistige Entwicklung 7 = Suchthilfe für Alle – Neue Wege der Suchthilfe für Menschen mit geistiger Behinderung 8 = TANDEM – Besondere Hilfen für besondere Menschen im Netzwerk der Behinderten- und Suchthilfe 9 = Eigenes zielgruppenspezifisches Beratungs‑/Behandlungskonzept 10 = Sonstiges, und zwar |
Gibt es in Ihrer Einrichtung spezielle Angebote der Suchthilfe/-prävention für Menschen mit geistiger Behinderung? | 0 = nein 1 = ja |
Welche zielgruppenspezifischen Angebote der Suchthilfe/-prävention gibt es in Ihrer Einrichtung? (Filterfrage) | 1 = aktionberatung – Projekt „Geistige Behinderung und problematischer Substanzkonsum“ 2 = DIDAK-Präventionsprogramm 3 = Infomaterial in Leichter Sprache (z. B. von der DHS) 4 = PeP – Unterrichtsprogramm zur Gesundheitsförderung, Sucht- und Gewaltprävention 5 = Prävention Inklusiv – ein Konzept zur strukturellen Verankerung suchtpräventiver Maßnahmen in Organisationen 6 = SAG NEIN! – Suchtpräventionsprogramm an Förderschulen für geistige Entwicklung 7 = Suchthilfe für Alle – Neue Wege der Suchthilfe für Menschen mit geistiger Behinderung 8 = TANDEM – Besondere Hilfen für besondere Menschen im Netzwerk der Behinderten- und Suchthilfe 9 = Eigenes zielgruppenspezifisches Beratungs‑/Behandlungskonzept 10 = Sonstiges, und zwar |
Studienteilnehmende
Häufigkeiten | ||
---|---|---|
n | % | |
Geschlecht (n = 526) | ||
Weiblich | 347 | 66,0 |
Männlich | 177 | 33,7 |
Divers | 2 | 0,4 |
Alter (n = 527) | ||
Unter 30 Jahre | 63 | 12,0 |
30–39 Jahre | 128 | 24,3 |
40–49 Jahre | 110 | 20,9 |
50 Jahre und älter | 226 | 42,9 |
Arbeitsfeld (n = 526) | ||
Ambulante Beratungsstelle | 259 | 49,2 |
Sozialpsychiatrischer Dienst | 28 | 5,3 |
Stationäre Einrichtung für Entgiftung/Entzug | 16 | 3,0 |
Stationäre Einrichtung für Entwöhnung (Rehabilitation) | 14 | 2,7 |
Suchtmedizinische Ambulanz | 8 | 1,5 |
Ambulant betreutes Wohnen für Menschen mit einer Suchtproblematik | 37 | 7,0 |
Stationäre betreutes Wohnen für Menschen mit einer Suchtproblematik | 29 | 5,5 |
Tagesklinik für Menschen mit einer Suchtproblematik | 6 | 1,1 |
Suchtselbsthilfegruppe/-verband | 2 | 0,4 |
Fachstelle für Suchtprävention | 81 | 15,4 |
Sonstiges | 46 | 8,7 |
Tätigkeitsbereich (n = 521) | ||
Suchtberatung | 301 | 57,8 |
Suchttherapie | 104 | 20,0 |
Suchtselbsthilfe | 14 | 2,7 |
Suchtprävention | 102 | 19,6 |
Bundesland des Arbeitsplatzes (n = 520) | ||
Baden-Württemberg | 50 | 9,6 |
Bayern | 71 | 13,7 |
Berlin | 32 | 6,2 |
Brandenburg | 18 | 3,5 |
Bremen | 7 | 1,3 |
Hamburg | 9 | 1,7 |
Hessen | 66 | 12,7 |
Mecklenburg-Vorpommern | 12 | 2,3 |
Niedersachsen | 44 | 8,5 |
Nordrhein-Westfalen | 118 | 22,7 |
Rheinland-Pfalz | 19 | 3,7 |
Saarland | 6 | 1,2 |
Sachsen | 18 | 3,5 |
Sachsen-Anhalt | 18 | 3,5 |
Schleswig-Holstein | 23 | 4,4 |
Thüringen | 9 | 1,7 |
Statistische Auswertungen
Ergebnisse
Kenntnis und Angebot suchtspezifischer Programme und Maßnahmen für Menschen mit geistiger Behinderung im Suchthilfesystem, Differenzierung zwischen Suchthilfe und Suchtprävention
Häufigkeiten | ||
---|---|---|
n | % | |
Filterfrage: Kennen Sie spezielle Angebote der Suchthilfe/-prävention für Menschen mit geistiger Behinderung? (n = 479) | ||
Ja | 181 | 37,8 |
Nein | 298 | 62,2 |
Filterfrage: Gibt es in Ihrer Einrichtung spezielle Angebote der Suchthilfe/-prävention für Menschen mit geistiger Behinderung? (n = 477) | ||
Ja | 63 | 35,2 |
Nein | 414 | 86,8 |
Kenntnis und Angebot der spezifischen Suchtprogramme und -maßnahmen im Suchthilfesystem, Differenzierung zwischen Suchthilfe und Suchtprävention
Häufigkeiten (% [n]) | ||
---|---|---|
In alphabetischer Reihung der Angebote | Kenntnis = ja (n = 179) | Angebot = ja (n = 63) |
aktionberatung – Projekt „Geistige Behinderung und problematischer Substanzkonsum“ | 20,7 (37) | 11,1 (7) |
DIDAK-Präventionsprogramm | 15,1 (27) | 6,3 (4) |
Infomaterial in Leichter Sprache (z. B. von der DHS) | 75,4 (135) | 50,8 (32) |
PeP – Unterrichtsprogramm zur Gesundheitsförderung, Sucht- und Gewaltprävention | 22,3 (40) | 17,5 (11) |
Prävention Inklusiv – ein Konzept zur strukturellen Verankerung suchtpräventiver Maßnahmen in Organisationen | 3,4 (6) | 3,2 (2) |
SAG NEIN! – Suchtpräventions-Programm an Förderschulen für geistige Entwicklung | 28,5 (51) | 20,6 (13) |
Suchthilfe für Alle – Neue Wege der Suchthilfe für Menschen mit Behinderung | 7,3 (13) | 1,6 (1) |
TANDEM – Besondere Hilfen für besondere Menschen im Netzwerk der Behinderten- und Suchthilfe | 44,1 (79) | 6,3 (4) |
Eigenes zielgruppenspezifisches Beratungs‑/Behandlungskonzept | 20,7 (37) | 50,8 (32) |
Sonstiges, und zwar | 19,0 (34) | 15,9 (10) |
Vernetzung zwischen Sucht- und Behindertenhilfe aus Sicht des Suchthilfesystems
Häufigkeiten | ||
---|---|---|
n | % | |
Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfbM) | 164 | 69,2 |
Ambulante Wohnformen für Menschen mit Behinderung | 140 | 59,1 |
Stationäre Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderung | 122 | 51,5 |
Tagesstätten für Menschen mit Behinderung | 79 | 33,3 |
Förderschulen | 79 | 33,3 |
Sonstiges | 16 | 6,8 |
Zusammenhang zwischen Vernetzung und suchtspezifischen Angeboten für Menschen mit geistiger Behinderung
Unterstützungsbedarf der Suchthilfe und -prävention
Häufigkeiten (% [n]) | Median | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
Sehr großer Bedarf | Großer Bedarf | Etwas Bedarf | Wenig Bedarf | Sehr wenig Bedarf | Kein Bedarf | ||
Weiterbildungsangebote zum Thema zielgruppenspezifische Prävention (n = 433) | 16,2 (70) | 37,0 (160) | 26,8 (116) | 10,4 (45) | 3,5 (15) | 6,2 (27) | 2 |
Weiterbildungsangebote zum Thema zielgruppenspezifische Beratung/Therapie (n = 432) | 17,4 (75) | 38,0 (164) | 29,6 (128) | 6,9 (30) | 3,0 (13) | 5,1 (22) | 2 |
Zusammenarbeit/Kooperationen mit Einrichtungen der Behindertenhilfe (n = 430) | 12,1 (52) | 35,1 (151) | 33,0 (142) | 13,0 (56) | 3,5 (15) | 3,3 (14) | 3 |
Supervisionen zum Abbau von Vorurteilen gegen Menschen mit Behinderung (n = 422) | 2,6 (11) | 9,2 (39) | 19,2 (81) | 29,6 (125) | 17,5 (74) | 21,8 (92) | 4 |
Handlungsempfehlungen/Leitfäden/Arbeitshilfen (n = 430) | 17,2 (74) | 41,9 (180) | 27,9 (120) | 7,9 (34) | 2,3 (10) | 2,8 (12) | 2 |
Verbesserung der Zugänglichkeit/Barrierefreiheit (n = 415) | 12,8 (53) | 28,7 (119) | 26,5 (110) | 12,8 (53) | 7,5 (31) | 11,8 (49) | 3 |
Unterschiede in der Äußerung von Unterstützungsbedarfen zur Verbesserung der Teilhabechancen zwischen Fachkräften der Suchthilfe und -prävention
Diskussion
Stärken und Schwächen
Fazit für die Praxis
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Bundesweit wurden Fachkräfte des Suchthilfesystems zum Kenntnisstand sowie zum Angebot von Suchtprogrammen und -maßnahmen für Menschen mit geistiger Behinderung, zur Vernetzung mit der Behindertenhilfe sowie zum Unterstützungsbedarf zur Verbesserung der Teilhabechancen von Menschen mit geistiger Behinderung befragt.
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Die Ergebnisse zeigen, dass die Mehrheit der befragten Fachkräfte keine zielgruppenspezifischen Angebote der Suchthilfe und -prävention für Menschen mit geistiger Behinderung kennt oder in ihrer Einrichtung anbietet.
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Die Ergebnisse verdeutlichen, dass der Zugang zu Angeboten der Suchthilfe und -prävention für Menschen mit geistiger Behinderung durch die Bekanntmachung und (Weiter-)Entwicklung zielgruppenspezifischer Angebote wesentlich angehoben werden muss.
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Bei der Entwicklung von suchtspezifischen Programmen und Maßnahmen für Menschen mit geistiger Behinderung, muss die Heterogenität dieser Gruppe hinsichtlich ihrer intellektuellen und sozio-emotionalen Fähigkeiten berücksichtigt werden.
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Zur Entwicklung und Umsetzung bedarfsgerechter Angebote der Suchthilfe und -prävention ist die regionale Vernetzung zwischen Einrichtungen der Sucht- und Behindertenhilfe unerlässlich.
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Es bedarf vermehrt Informationsmaterialien und Qualifizierungsangebote für Fachkräfte des Suchthilfesystems, um deren Fertigkeiten und Fähigkeiten zum Umgang mit Menschen mit geistiger Behinderung und deren (problematischem) Substanzmittelkonsum zu stärken.
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Auch braucht es weiterhin eine wirksame Öffentlichkeitsarbeit, um für das Thema zu sensibilisieren und langfristig die Teilhabe und Inanspruchnahme an Suchthilfe und Suchtprävention von Menschen mit geistiger Behinderung zu fördern.