Skip to main content

12.08.2016 | Kardiologie | Nachrichten

CLEAN-TAVI-Studie publiziert

TAVI: Verbessern Emboliefilter den zerebralen Schutz?

verfasst von: Peter Overbeck

print
DRUCKEN
insite
SUCHEN

Mithilfe eines Filtersystems können Zahl und Ausmaß stummer ischämischer Hirnläsionen bei kathetergeführter Aortenklappenimplantation deutlich verringert werden, ergab eine Studie Leipziger Kardiologen. Die klinische Bedeutung dieser Methode hinsichtlich neurologischer und kognitiver Funktionen ist noch unklar.

In Deutschland kommt die Transkatheter-Aortenklappen-Implantation (TAVI) als interventionelles Therapieverfahren bei Aortenstenose inzwischen häufiger zum Einsatz als der chirurgische Aortenklappenersatz. Als katheterbasierte intravasale  Intervention birgt auch die TAVI ein Risiko für ischämische Hirnläsionen.

So können bei dem Eingriff embolische Partikel im Herzen freigesetzt werden, die in die Peripherie ausgeschwemmt werden und im Gehirn zu Schädigungen führen können. Vor allem in der periprozeduralen Phase besteht ein erhöhtes Risiko für zerebrale Ischämien. Klinisch manifeste Schlaganfälle machen davon nur einen sehr geringen Teil aus. Vielmehr handelt es sich ganz überwiegend um klinisch stumme Hirnläsionen, die sich nur mithilfe bildgebender Verfahren entdecken lassen. Solche stummen ischämischen Läsionen, deren klinische Bedeutung noch unklar ist, lassen sich mittels MRT-Bildgebung bei den meisten Patienten nach TAVI nachweisen.

Läsionen mittels MRT-Bildgebung erfasst

Mithilfe von Embolieprotektionssystemen wird derzeit versucht, solche Hirnläsionen nach TAVI zu minimieren. Kardiologen am Herzzentrum Universität Leipzig haben in einer randomisierten monozentrischen Studie (CLEAN-TAVI) ein Embolieschutz-System (Cerebral Protection Device) des US-Herstellers Claret Medical auf seine Wirkung gegen Hirnläsionen getestet. Mithilfe dieses Systems kann embolischer Debris während der TAVI-Prozedur eingefangen und geborgen werden kann. Die erstmals beim TCT-Kongress TCT 2014 vorgestellten Studienergebnisse sind jetzt publiziert worden.

Bei den 100 Teilnehmern der CLEAN-TAVI-Studie handelte es sich um Patienten mit schwerer Aortenstenose, die alle auf transfemoralem Weg eine Transkatheter-Aortenklappe (CoreValve-Klappenprothese) implantiert bekamen. Bei 50 Patienten erfolgte der Eingriff mit und bei 50 Patienten ohne Embolieschutz durch den Filter. Mithilfe der diffusionsgewichteten MRT (DW-MRT) wurde in der Folge nach ischämischen Läsionen in den durch die Filter potenziell geschützten Hirnarealen sowie im gesamten Gehirn gefahndet.

Zahl der Läsionen signifikant verringert

Die Zahl der nach zwei Tagen in den potenziell geschützten Arealen nachweisbaren Hirnläsionen war in der Gruppe mit Nutzung des Filters signifikant niedriger als in der Kontrollgruppe (4 versus 10 Läsionen). Dies bestätigte sich auch bei der Untersuchung nach sieben Tage.

Bei der Analyse aller Hirnregionen ergab sich eine signifikante Reduktion um 50 Prozent (8 versus 16 Läsionen). Die numerische Reduktion der Läsionen korrespondierte mit einem signifikant geringeren Läsionsvolumen in der Gruppe mit Einsatz des Filters.

Klinischer Stellenwert noch unklar

Noch lässt sich nicht genau voraussagen, welchen Stellenwert zerebrale Protektionssysteme, von denen einige derzeit klinisch erforscht werden, künftig bei TAVI-Prozeduren haben werden. Die Meinung scheinen hier gespalten zu sein.

Die eine Seite verweist auf die Tatsache, dass TAVI-Prozeduren aufgrund vermehrter Erfahrungen und technischer Weiterentwicklungen auch in zerebraler Hinsicht immer sicherer werden. Die Schlaganfallraten liegen bei Verwendung von Transkatheter-Aortenklappen der neuesten Generation in klinischen Studien und Registern inzwischen auf einem sehr niedrigen Niveau. Das könnte die Basis für die Wirkung solche Systeme zunehmend limitieren und ihre Anwendung tendenziell überflüssig machen. Dass sich damit manifeste Schlaganfälle verhindern lassen, muss noch bewiesen werden.

Die andere Seite verweist auf die Bestrebungen, die minimal-invasive TAVI-Methode auch auf Patienten mit relativ niedrigem Operationsrisiko auszuweiten. Dass auch und gerade bei diesen häufig jüngeren Patienten alles unternommen werden muss, um schwerwiegende zerebrale Schäden zu vermeiden, liegt auf der Hand. Noch weiß niemand, ob aus den feststellbaren stummen Hirnläsionen längerfristig nicht doch neurologische und kognitive Funktionseinschränkungen resultieren. Genauso unklar ist, ob die gezeigte Reduktion solcher stummen Läsionen in eine klinische Funktionsverbesserung mündet.

Es wird weitere und vor allem größere Studien brauchen, um hier Klarheit zu schaffen. Für einen routinemäßigen Einsatz von zerebralen Protektionssystemen bei TAVI ist es noch zu früh.


print
DRUCKEN
Literatur

Haussig S., Linke A. et al. Effect of a cerebral protection device on brain lesions following transcatheter aortic valve implantation in patients with severe aortic stenosis: the CLEAN-TAVI randomized clinical trial. JAMA. 2016;316:592-601.

„Jeder Fall von plötzlichem Tod muss obduziert werden!“

17.05.2024 Plötzlicher Herztod Nachrichten

Ein signifikanter Anteil der Fälle von plötzlichem Herztod ist genetisch bedingt. Um ihre Verwandten vor diesem Schicksal zu bewahren, sollten jüngere Personen, die plötzlich unerwartet versterben, ausnahmslos einer Autopsie unterzogen werden.

Hirnblutung unter DOAK und VKA ähnlich bedrohlich

17.05.2024 Direkte orale Antikoagulanzien Nachrichten

Kommt es zu einer nichttraumatischen Hirnblutung, spielt es keine große Rolle, ob die Betroffenen zuvor direkt wirksame orale Antikoagulanzien oder Marcumar bekommen haben: Die Prognose ist ähnlich schlecht.

Schlechtere Vorhofflimmern-Prognose bei kleinem linken Ventrikel

17.05.2024 Vorhofflimmern Nachrichten

Nicht nur ein vergrößerter, sondern auch ein kleiner linker Ventrikel ist bei Vorhofflimmern mit einer erhöhten Komplikationsrate assoziiert. Der Zusammenhang besteht nach Daten aus China unabhängig von anderen Risikofaktoren.

Semaglutid bei Herzinsuffizienz: Wie erklärt sich die Wirksamkeit?

17.05.2024 Herzinsuffizienz Nachrichten

Bei adipösen Patienten mit Herzinsuffizienz des HFpEF-Phänotyps ist Semaglutid von symptomatischem Nutzen. Resultiert dieser Benefit allein aus der Gewichtsreduktion oder auch aus spezifischen Effekten auf die Herzinsuffizienz-Pathogenese? Eine neue Analyse gibt Aufschluss.

Update Kardiologie

Bestellen Sie unseren Fach-Newsletter und bleiben Sie gut informiert.