Erschienen in:
20.12.2023 | Kopf-Hals-Tumoren | Originalien
Einfluss der COVID-19-Pandemie auf die Diagnostik und Therapie bei Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren in Brandenburg und Berlin
verfasst von:
Julia Carré, Beatrice Herzog, Daniela Reil, Constanze Schneider, Maren Pflüger, Madlen Löbel, Apl. Prof. Dr. med. Michael Herzog
Erschienen in:
HNO
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Ausgabe 2/2024
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Zusammenfassung
Hintergrund
Der Einfluss der COVID-19-Pandemie auf mögliche Einschränkungen bei der Diagnostik und Therapie von Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren ist bisher noch nicht ausreichend untersucht. Es liegen hierzu widersprüchliche Angaben vor. Daten von größeren Patientenkollektiven existieren für Deutschland bisher nicht.
Fragestellung
Ziel der Erhebung war es, an einer großen Kohorte zu klären, ob die COVID-19-Pandemie einen Einfluss auf die Diagnostik und Therapie von Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren hatte.
Methode
Es erfolgte eine retrospektive Datenanalyse der Meldedaten des Klinisch-epidemiologischen Krebsregisters Brandenburg-Berlin gGmbH (KKRBB) von 4831 Fällen mit Kopf-Hals-Tumor aus den Jahren 2018 bis 2020. Der Zeitraum vor dem 01. April 2020 wurde als Prä-Pandemie-Kohorte gewertet und mit den Fällen der Pandemie-Kohorte ab dem 1. April 2020 bis 31. Dezember 2020 in Bezug auf patientenbezogene Basisdaten, Tumorlokalisation, Tumorstadium, Tumorboards und durchgeführte Therapien verglichen.
Ergebnisse
Es konnten keine Unterschiede zwischen der Prä-Pandemie- und der Pandemie-Kohorte in Bezug auf patientenbezogene Basisdaten, Tumorlokalisation und Tumorstadium beobachtet werden. Ebenso war keine zeitliche Verzögerung bei Diagnostik, Tumorboards und Therapie in der Pandemiezeit zu erkennen. Im Gegenteil, das Zeitintervall zwischen Diagnosestellung und Therapiebeginn verkürzte sich im Durchschnitt um 2,7 Tage in der Pandemie-Phase. Tumoren mit T4-Stadium wurden während der Pandemie im Vergleich zum Zeitraum davor häufiger operativ therapiert (20,8 % vs. 29,6 %), wohingegen primäre Radio(chemo)therapien in der Pandemie zurückgingen (53,3 % vs. 40,4 %). Für alle anderen Tumorstadien und Entitäten bestanden bei der Therapie keine Unterschiede.
Schlussfolgerung
Entgegen der anfänglichen Mutmaßung, dass die COVID-19-Pandemie zu einem Rückgang an Tumorfällen, größeren Tumorstadien bei Erstvorstellung und einer Verzögerung in der Diagnostik und Therapie geführt haben könnte, zeigt sich an der untersuchten Kohorte für Brandenburg und Berlin weder eine Verzögerung in der Tumorbehandlung noch eine Zunahme der Tumorgröße und des Stadiums bei Erstvorstellung. Die durchgeführten Therapien hingegen unterliegen einer Veränderung zugunsten des operativen Vorgehens, und es bleibt abzuwarten, ob dieser Trend auf lange Sicht erhalten bleibt.