Erschienen in:
21.11.2019 | Leichenschau | Leitthema
Krematoriumsleichenschau: Erfahrungen und rechtsmedizinische Auswertungen
verfasst von:
Ann Sophie Schröder, Prof. Dr. med. Klaus Püschel
Erschienen in:
Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz
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Ausgabe 12/2019
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Zusammenfassung
Die Feuerbestattung ist in Deutschland die führende Bestattungsform. Durch die Einäscherung geht der Leichnam als Beweismittel verloren. In fast allen Bundesländern ist eine zweite Leichenschau vor der Feuerbestattung (Krematoriumsleichenschau) gesetzlich vorgeschrieben. Häufig wird die zweite Leichenschau von einem Rechtsmediziner durchgeführt.
In diesem Beitrag wird eine Übersicht unterschiedlicher, überwiegend rechtsmedizinischer Auswertungen zur Krematoriumsleichenschau gegeben sowie von eigenen Erfahrungen in der Krematoriumsleichenschau berichtet. Durch den zweiten Leichenschauer werden regelmäßig formale und inhaltliche, teilweise gravierende Fehler in der Todesbescheinigung festgestellt. Ergeben sich Hinweise auf einen nichtnatürlichen Tod oder Zweifel an der Identität des Leichnams, wird dieser vom zweiten Leichenschauer vorerst nicht zur Feuerbestattung freigegeben, er wird „angehalten“ und ggf. an die zuständige Ermittlungsbehörde gemeldet. Hinweise auf körperliche Traumata und ärztliche Behandlungsfehler sind die häufigsten Anhaltegründe bei der Krematoriumsleichenschau. Die Anhaltequote bei der zweiten Leichenschau ist niedrig (bis etwa 5 %). Etwa 0,5–2 % der Todesfälle werden von dem zweiten Leichenschauer an die Ermittlungsbehörden gemeldet. Die Anzahl der gerichtlichen Obduktionsanordnungen von Verstorbenen, die bei der Krematoriumsleichenschau als auffällig gemeldet worden sind, ist regelmäßig niedrig (bei etwa 1 %).
Derzeit ist die Krematoriumsleichenschau durch einen spezialisierten Leichenschauer weiterhin ein erforderliches Instrument zum Erkennen von nichtnatürlichen Todesfällen. Eine relevante Verbesserung der Todesursachenstatistik könnte durch eine höhere Quote von nachfolgenden Obduktionsanordnungen erreicht werden.