Als primärer Endpunkt dieser Studie wurde die Genauigkeit des im „first-line imaging“ angewendeten Verfahrens in Bezug auf die Identifizierung pelviner Lymphknotenmetastasen oder Fernmetastasen festgelegt. Diese Genauigkeit wurde mithilfe der „area under the curve“ (AUC) der ROC-Kurve eingeschätzt. Die AUC spiegelt dabei ein Maß für Sensitivität und Spezifität wider. Die Hypothese wurde definiert als eine AUC der PSMA-PET-CT, welche mindestens 10 % größer als die der konventionellen Bildgebungsgruppe sein sollte. Als Referenzstandard, inwiefern ein Befund als positiv hinsichtlich einer pelvinen Lymphknotenmetastase oder Fernmetastase zu werten ist, wurden verschieden vordefinierte Kriterien herangezogen und nach 6 Monaten beurteilt. Harte Kriterien waren die histopathologische Sicherung eines Adenokarzinoms der Prostata und die Veränderung einer Knochenläsion zu einer sklerotischen oder blastischen im „follow-up imaging“. Zusätzlich gab es weitere weiche Kriterien.
Auch die Kosten seien im Vergleich zu CT und Szintigraphie günstiger. Die überlegene Genauigkeit der PSMA-PET-CT führe zu insgesamt weniger bildgebenden Untersuchungen.
Unter allen betrachteten Gesichtspunkten stellt die PSMA-PET-CT einen geeigneten Ersatz für die konventionelle CT mit Szintigraphie beim Staging von Patienten mit High-risk-Prostatakarzinom und kurativer Therapieintention dar.
Kommentar
Obwohl PET-CT-basierte Staginguntersuchungen bei vielen Tumorentitäten vielversprechende Studienergebnisse bieten, ist ihre Anwendung im klinischen Alltag noch auf sehr spezielle Indikationen begrenzt. Im Falle des Prostatakarzinoms, der zweithäufigsten Krebserkrankung des Mannes in Deutschland [
2], hat die PSMA-PET-CT einzig im Rahmen der Rezidivdiagnostik einen Platz in den aktuellen Leitlinien gefunden. Bisher fehlten aber im Rahmen des primären Stagings bei Patienten mit einem Hochrisikoprofil Daten aus randomisierten, kontrollierten Studien [
9]. Daher leistet die proPSMA-Studie einen wertvollen Beitrag für die Einschätzung der PSMA-PET-CT zur Verbesserung des diagnostischen Prozederes. Hofman et al. konnten die diagnostische Überlegenheit der PSMA-PET-CT im Sinne einer deutlich höheren Sensitivität für regionale Lymphknoten- und Fernmetastasen bei mindestens gleichwertiger Spezifität darstellen. Weiterhin lieferte die PSMA-PET-CT mehr eindeutige Befunde als das konventionelle, CT-basierte Verfahren und führte bei ca. 28 % der Patienten zur Änderung der geplanten Therapie. Die PSMA-PET-CT hat somit eine unmittelbare therapeutische Konsequenz, nicht nur im Sinne einer Änderung der Therapieintention. Sie ermöglicht im Falle oligometastasierter Erkrankungen auch den Einsatz von bildgesteuerten Hochpräzisionsbestrahlungen („image-guided radiotherapy“ [IGRT]), welche bereits positive Ergebnisse in klinischen Studien geliefert haben [
10].
Die proPSMA-Studie konnte allerdings, bedingt durch das Studiendesign, keinen Effekt auf das Überleben oder die Lebensqualität der Patienten ableiten. Die häufigere Änderung des Therapieregimes mag hierfür ein Indikator sein, jedoch lässt sich dies durch die erhobenen Daten keineswegs belegen. Aufgrund der ohnehin vergleichsweise hohen 5‑ und 10-Jahres-Überlebensraten bei Prostatakarzinomen sind dringend weitere klinische Studien nötig, um die Langzeiteffekte der verbesserten Diagnostik durch die PSMA-PET-CT abschätzen und eine Aufnahme in die Leitlinien erreichen zu können.
Die hohe Inzidenz des Prostatakarzinoms in Deutschland stellt zudem ein weiteres Problem für den routinemäßigen Einsatz der PSMA-PET-CT dar: Bei einer Inzidenz von jährlich etwa 145 Fällen pro 100.000 männlichen Einwohnern fallen statistisch gesehen bundesweit etwa 22.500 Patienten in die Hochrisikogruppen III und IV nach UICC, was die Kapazitäten der PET-Diagnostik bei Weitem übersteigt, zumal die PSMA-PET-CT derzeit nur an spezialisierten Zentren angeboten wird. Hofman et al. spekulieren zwar, dass die Gesamtkosten durch die verbesserte Sensitivität und dadurch geringere Zahl an erforderlichen Kontrolluntersuchungen insgesamt eher sinken würden. Jedoch steht dies den enormen Anschaffungskosten für ein flächendeckendes Angebot an PSMA-PET-CT-Untersuchungen gegenüber. Realistischerweise werden derzeit PSMA-PET-CT-Untersuchungen nur in Einzelfällen von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt.
Ein weiterer Schwachpunkt der Studie ist der Vergleich des empfohlenen Verfahrens mit einem CT-basierten Staging, dem die Kontrollgruppe unterzogen wurde. Die deutschen Leitlinien schließen nämlich für das Staging explizit auch MRT-Untersuchungen der Beckenorgane ein, die möglicherweise durch den verbesserten Weichteilkontrast auch eine höhere Sensitivität erreichen könnten. Der entsprechende Vergleich wurde von den Autoren aber nicht adressiert und sollte unbedingt mit weiteren Studien untersucht werden. PET-MRT-Hybridverfahren sind zwar in manchen Zentren bereits etabliert und wurden auch mit dem
68Ga-PSMA-11-Tracer in Studien erprobt [
11], jedoch liegt ihre Verfügbarkeit noch deutlich unter der einer PET-CT. Auch die von Hofman et al. propagierte Verminderung der Strahlendosis durch eine PET-CT-Untersuchung sollte mit Vorsicht aufgenommen werden, weil ein MRT-basiertes Staging mit Sicherheit die einfachere Methode ist zur Reduktion der Strahlendosis.
Fazit
Die proPSMA-Studie führte bei Patienten mit Prostatakarzinomen einen sorgfältig geplanten und dann auch realisierten Vergleich der PSMA-PET-CT-Technologie mit den herkömmlichen CT-basierten Stagingverfahren durch. Obwohl noch weitere Studien zur Auswirkung auf Überlebensraten und Lebensqualität nötig sind, belegt sie zweifelsfrei die diagnostische Überlegenheit des PET-Verfahrens. Sie leistet damit einen wichtigen Beitrag zu deren langfristiger Etablierung bei der Diagnostik des fortgeschrittenen Prostatakarzinoms und damit zur Optimierung der Patientenversorgung.
Cedric Curt Cappel, Denise Dopcke
und Jürgen Dunst, Kiel
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