Erschienen in:
01.03.2006 | Originalien
Psychologische Persönlichkeitsmerkmale, Operationsverlauf und Genesung bei Patienten mit Präferenz für Allgemein- oder Lokalanästhesie
Untersuchung an Patienten mit Leistenhernienoperation
verfasst von:
A. Müllender, G. Melichar, P. Schmucker, Prof. Dr. M. Hüppe
Erschienen in:
Die Anaesthesiologie
|
Ausgabe 3/2006
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Fragestellung
Die Untersuchung will die Fragen beantworten: (1) Gibt es Unterschiede in psychologischen Persönlichkeitsmerkmalen zwischen Patienten, die für eine offene Leistenhernienreparation eine Lokalanästhesie (LA) oder eine Allgemeinanästhesie (AA) präferieren? (2) Unterscheiden sich die zwei Patientengruppen im Operations- und Genesungsverlauf?
Methodik
An der Untersuchung nahmen 69 männliche Patienten ab 18 Jahren teil, die sich nach anästhesiologischer Aufklärung für eine LA (n=40) oder AA (n=29) entschieden hatten. Die Patienten füllten präoperativ psychologische Fragebögen zur Erfassung von Persönlichkeitsmerkmalen [NEO-Fünf-Faktoren-Inventar (NEO-FFI) und den Stressverarbeitungsfragebogen (SVF)] und postoperativ den Anästhesiologischen Nachbefragungsbogen für Patienten (ANP) aus. Des Weiteren wurden intraoperative Variablen (Anästhesie- und Operationsdauer, Blutdruck und Herzfrequenz) und postoperative Variablen des Genesungsverlaufes (Zeit im Aufwachraum, stationäre Aufenthaltsdauer) erfasst. Zur Erfassung der Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit wurde prä- und postoperativ der Zahlenverbindungstest (ZVT) verwendet.
Ergebnisse
Patienten mit Präferenz für LA waren signifikant älter als die mit dem Wunsch nach AA, sodass eine paarweise Gruppenzuordnung nach Alter vorgenommen wurde („matched samples“ mit n=2*26). In den psychologischen Persönlichkeitsdimensionen ergaben sich dabei keine signifikanten Gruppenunterschiede. Bei Patienten mit starker Ausprägung von Extraversion konnte eine Bevorzugung für die LA gezeigt werden. Die Operations- und Anästhesiedauer differierte nicht. Der Verbleib im Aufwachraum und der stationäre Aufenthalt waren in der LA-Gruppe signifikant kürzer. Nach der AA beschrieben die Patienten schlechteres postoperatives Befinden als nach der LA. Postoperativ waren die Gruppen in kognitiven Funktionen und in der Zufriedenheitsbeurteilung mit der Anästhesie vergleichbar.
Schlussfolgerungen
Von den zentralen psychologischen Persönlichkeitsmerkmalen ist v. a. Extraversion im Randbereich der Ausprägung für die Präferenz der Anästhesieform von Bedeutung. Insgesamt wird aber die Entscheidung für ein Anästhesieverfahren nicht wesentlich durch psychologische Persönlichkeitsmerkmale bestimmt. Mehrheitlich sprechen die Befunde dafür, dass die LA im Kontext der Hernienreparation zukünftig an Bedeutung gewinnt. Weiterführende Untersuchungen sollten deshalb darauf abzielen, die perioperative Betreuung des Patienten im Rahmen dieser Anästhesieform zu optimieren.