Erschienen in:
01.02.2007 | Leitthema
Myotoxizität von Lokalanästhetika
Experimenteller Mythos oder klinische Wahrheit?
verfasst von:
PD Dr. W. Zink, D.E.A.A., B. Sinner, Y. Zausig, B.M. Graf
Erschienen in:
Die Anaesthesiologie
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Ausgabe 2/2007
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Zusammenfassung
Es ist seit langem bekannt, dass Lokalanästhetika Schäden am Skelettmuskelgewebe bis hin zu Myonekrosen verursachen können; hierbei erweist sich der zeitliche Ablauf dieser Läsionen als weitgehend unabhängig von der jeweiligen Substanz. Bereits kurze Zeit nach Applikation der Lokalanästhetika kommt es zu einer Erweiterung intrazellulärer Membransysteme, einer generalisierten myozytären Ödembildung sowie zum Auftreten von Nekrosearealen, die innerhalb weniger Wochen von Zelldetritus befreit werden und meist ohne Residuen regenerieren. Grundsätzlich sind alle Lokalanästhetika als myotoxisch zu betrachten, dennoch variiert das myotoxische Potenzial innerhalb dieser Gruppe erheblich: Während Procain nur zu diskreten strukturellen Veränderungen führt, werden nach Bupivacain die stärksten skelettmuskulären Schäden beobachtet. Man weiß heute, dass einer pathologisch gesteigerten intrazellulären freien Kalzium- (Ca2+)-Konzentration in multinukleären Myoyzten eine pathophysiologische Schlüsselrolle für die Myotoxizität der Lokalanästhetika zukommt. Viele Lokalanästhetika induzieren konzentrationsabhängig eine Ca2+-Freisetzung aus dem sarkoplasmatischen Retikulum und verhindern gleichzeitig die Ca2+-Wiederaufnahme; das Ausmaß dieser Effekte korreliert eng mit der jeweiligen Lipophilie bzw. der stereoisomeren Konfiguration. Die klinische Bedeutung der lokalanästhetikainduzierten Myotoxizität wird kontrovers diskutiert, zumal relevante Gewebeschäden zu den seltenen Komplikationen nach Regionalverfahren zählen. Nichtsdestotrotz sollten beim postoperativen Auftreten funktioneller Störungen Skelettmuskelläsionen durch Lokalanästhetika in differenzialdiagnostische Überlegungen mit einbezogen werden.