Erschienen in:
27.07.2016 | Begutachtung | Schwerpunkt
Medikalisierung sozialer Probleme am Beispiel von Schmerzpatienten
verfasst von:
Prof. Dr. Dr. W. Schneider, T. Braungardt
Erschienen in:
Der Schmerz
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Ausgabe 4/2016
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Zusammenfassung
Die Zugänge zu Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit durch psychische und psychosomatische Erkrankungen haben in den letzten zehn Jahren drastisch zugenommen. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen in der sozialmedizinischen Begutachtung von Patienten mit Schmerz auf dem Gebiet der psychosomatischen Medizin haben wir den Eindruck entwickelt, dass vielfach primäre soziale Problemstellungen – hier die Arbeitslosigkeit – zu den relevanten Chronifizierungsfaktoren gehören. Wir haben 100 sozialrechtliche Gutachten aus den Jahren 2002–2007 nach quantitativen und qualitativen Kriterien ausgewertet. Es hat sich gezeigt, dass die gesamte Stichprobe zum Zeitpunkt der Rentenantragsstellung langzeitarbeitslos war und zu Beginn ihrer Krankenkarriere insbesondere schmerzbezogene Beschwerdebilder und entsprechende diagnostische und therapeutische Behandlungen aufgewiesen hat. Erst im späteren Verlauf – zumeist nach Ablehnung ihrer Rentenanträge aufgrund der Gutachten von organmedizinischen Gutachtern – kamen dann psychiatrische oder psychosomatische Themenstellungen auf, die zu Begutachtungen durch Fachärzte für Psychiatrie oder psychosomatische Medizin geführt haben. Im Beitrag werden die sozialen Faktoren, die diese Entwicklung beeinflussen, diskutiert.