Erschienen in:
01.09.2013 | Leitthema
Masern-Surveillance in Deutschland
Vom Sentinel zur Meldepflicht
verfasst von:
Dr. A. Siedler, A. Grüber, A. Mankertz
Erschienen in:
Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz
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Ausgabe 9/2013
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Zusammenfassung
Am bundesweiten Sentinel der Arbeitsgemeinschaft Masern (AGM) nahmen von September 1999 bis März 2011 Arztpraxen freiwillig und unentgeltlich teil. Seit 2001 gab es mit der Masern-Meldepflicht in Deutschland 2 parallele Surveillancesysteme. Ziel der hier vorgestellten Analyse war die Bewertung der Stärken und Grenzen des Sentinels im Vergleich zur Meldepflicht. AGM-Praxen wurden monatlich aufgefordert, bei Patienten mit Masernverdacht fallbezogene Fragebögen oder Nullmeldungen abzugeben. Klinische Proben wurden zur Diagnoseprüfung an regionale Laboratorien zum Nachweis von IgM und IgG im Serum oder an das Nationale Referenzzentrum (NRZ) Masern, Mumps, Röteln eingesandt. Dort wurde das Masernvirus in Urin, Rachen- und Zahntaschenabstrichen nachgewiesen und genotypisiert. Von Januar 2000 bis Dezember 2010 übermittelten 554 von 1488 AGM-Praxen insgesamt 3573 Masern-Verdachtsfälle und 1489 Laborproben, 934 Praxen sahen keine Masern. Die Maserndiagnose wurde 801-mal bestätigt, 473-mal ausgeschlossen, 215-mal war der Laborbefund nicht eindeutig. Die Mehrzahl der Fälle war ungeimpft (87 %), überwiegend wegen Ablehnung der Masernimpfung (n = 1383). Die Bestätigungsrate war bei Geimpften niedriger als bei Ungeimpften (19 % vs. 63 %). Ab 2006 unterschieden sich die im Sentinel erfassten Masernfälle in ihrer Verteilung nach Alter und Region stark von den Fällen aus der Meldepflicht. Der Anteil der Laborproben aus AGM-Praxen an den NRZ-Einsendungen ging von > 50 % (bis 2002) auf < 5 % (ab 2007) zurück. Das Sentinel beschrieb zuverlässig Trends und die Verteilung von Masern in Deutschland, ergänzte präventionsrelevante Angaben und spielte eine entscheidende Rolle für die Labordiagnostik. Da die Meldepflicht etabliert war und das Sentinel nicht mehr die epidemiologische Situation reflektierte, wurde es im April 2011 eingestellt.