Historischer Rückblick
Seit der Gründung der Confederation of European Specialists in Paediatrics (CESP) anlässlich einer Konferenz in Siena (Italien) 1961 haben sich zahlreiche europäische Kinderärzte für die Weiterentwicklung der Qualität der Betreuung europäischer Kinder eingesetzt. Zu den ersten behandelten Themen gehörten:
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kinderärztliche Aus- und Fortbildung,
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Interaktion zwischen Kinderärzten und Allgemeinmedizinern bzw. anderen Fachärzten,
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präventive Pädiatrie,
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Schulmedizin,
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Kinder im Krankenhaus,
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perinatale Betreuung,
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Erkennung und Behandlung behinderter Kinder.
Seit den 1980er-Jahren wurden Arbeitsgruppen für spezielle Einsatzbereiche gebildet. Um sich auf die Definition des Tätigkeitsbereichs und spezifischer Kompetenzen für Kinderärzte in Europa zu einigen, wurde die Pädiatrie im Jahr 1986 auf der Tagung in Athen als „Kinder- und Jugendmedizin“ definiert und als medizinisches Fachgebiet für Wachstum und Entwicklung des Menschen festgelegt. Nach Zustimmung durch die Union of European Medical Specialists (UEMS) trotz der Einwände anderer Sektionen wurde die Pädiatrie „erwachsen“ und konnte sich wie die Innere Medizin mit der Strukturierung in Subspezialitäten entwickeln. Dies wäre ohne das Engagement, die Kompetenz und die Dynamik vieler Pädiater nicht möglich gewesen.
Die Pädiatrie wurde 1986 zum medizinischen Fachgebiet für Wachstum und Entwicklung des Menschen
W. van Zeben (NL) widmete als Gründungsmitglied 26 Jahre seines Lebens der Entwicklung der CESP. Zehn Jahre lang analysierte er die verschiedenen pädiatrischen Strukturen und Praktiken in Europa. Im Jahr 1979 erhöhte er die Zahl der Mitgliedsländer auf 12, lange vor der offiziellen politischen Erweiterung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) im Jahr 1986. Als Schatzmeister der UEMS integrierte er die CESP als Sektion für Pädiatrie der UEMS.
G. van den Berghe (B) ist der Vorschlag eines europäischen Modells für die Ausbildung von Kinderärzten zu verdanken. Dazu war es unerlässlich, Vertreter der nationalen pädiatrischen Gesellschaften zu integrieren. Das 1991 veröffentlichte Dokument „Paediatric training in the EC“ [
1] diente als Basis für die Gründung des „European Board of Paediatrics“ (EBP) unter dem Vorsitz von
L. Harvey (UK).
Als Generalsekretär ab 1985 erwirkte
J.-C. Schaack (L) die Schaffung der Stelle eines Schatzmeisters, gründete Arbeitsgruppen zur pädiatrischen Fortbildung, zur Verhütung von Kinderunfällen und zur „Harmonisierung der Impfungen von Kindern und Jugendlichen in der EU“. Fünfzehn Jahre lang setzte er sich für die Anerkennung der CESP als Sprachrohr der europäischen Kinder- und Jugendärzte ein. Er knüpfte Kontakte zu anderen pädiatrischen Organisationen (Union of National European Paediatric Societies and Associations/UNEPSA, Association for Pediatric Education in Europe/APEE, European Society for Paediatric Research/ESPR, European Society for Social Pediatrics/ESSOP, Club International de Pédiatrie Sociale, Société Européenne de Recherche en Pédiatrie Ambulatoire/SERPA), v. a. aber zu den wissenschaftlichen Gesellschaften der neuen pädiatrischen Fachgebiete. Er förderte den Austausch mit Kinderchirurgen und Kinderpsychiatern. Er nahm an zahlreichen nationalen Kongressen teil, um das Wissen über die CESP zu fördern, die Vorteile des EBP zu erläutern sowie die Impfungen der europäischen Kinder und Jugendlichen durch Harmonisierung der Programme zu verbessern [
2].
Mit der Erweiterung der EU auf 15 Länder, der Aufnahme von Österreich und der Schweiz als Mitgliedsländer und der zunehmenden Zahl der Beobachterländer musste die Struktur der CESP angepasst werden.
H. Helwig (D) ist die Überarbeitung der alten und die Verabschiedung der neuen CESP-Statuten 1995 in Interlaken zuzuschreiben. Auch er trug zur Harmonisierung der europäischen Impfprogramme bei [
2].
R. Kurz (A) gründete 1997 eine Arbeitsgruppe für Ethik in der Pädiatrie. Er koordinierte die Arbeiten, die zu internationalen Publikationen führten [
3‐
5].
J. Ramet (B) wurde 1993 Präsident des EBP und initiierte Ausbildungsrichtlinien für die Primär‑, Sekundär- und Tertiärversorgung. Es gelang ihm, die pädiatrischen Organdisziplinen in die Struktur der CESP zu integrieren und die Anerkennung der pädiatrischen Subspezialitäten durch die UEMS zu erreichen. Als Generalsekretär trug er ab 1999 gemeinsam mit H. Helwig zum weiteren Ausbau der Beziehungen zur American Academy of Pediatrics (AAP) und 2001 zur Änderung des Namens in European Academy of Paediatrics (EAP) bei.
In mehr als 60 Jahren hat sich die CESP/EAP zu einer großen europäischen medizinischen Organisation entwickelt, muss aber wie alle anderen pädiatrischen Organisationen in Europa im Sinne einer bestmöglichen Förderung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen noch weitere Fortschritte machen.
Weitere pädiatrische Organisationen in Europa sind die European Confederation of Primary Care Paediatricians (ECPCP) und die European Paediatric Association (EPA):
Die ECPCP (
www.ecpcp.eu) wurde 2009 gegründet, um auf europäischer Ebene der niedergelassenen Pädiatrie mehr Gewicht zu geben. Die ECPCP entstand aus einer Vorgängerorganisation, der Societé Européenne de Pédiatrie Ambulatoire (SEPA, European Society of Ambulatory Pediatrics, ESAP), die sich aus einzelnen Pädiater*Innen zusammensetzte, während die ECPCP auch nationalen Berufsverbänden die Mitgliedschaft ermöglicht; zurzeit sind dies 23 Organisationen aus 17 Nationen der WHO-Region Europa.
Die Delegierten der nationalen Organisationen treffen sich ein- bis zweimal jährlich und arbeiten in 5 Arbeitsgruppen zusammen: „Research“, „Prevention/Vaccination“, „Curriculum/Education“, „Environmental health“ und „Advocacy“. Neben Publikationen und Statements zu aktuellen Fragen der Kindergesundheit wurde eine Ausbildungsordnung für niedergelassene Pädiatrie erstellt und ein Trainingsprogramm für dafür Auszubildende veröffentlicht [
6].
Während die anfängliche Fokussierung der ECPCP auf die Interessen der niedergelassenen Pädiater zu einer Abgrenzung gegenüber anderen europäischen Pädiatrie-Gesellschaften geführt hatte, kam es in den letzten Jahren zu Initiativen, die von einem gemeinsamen und geeinten Auftreten europäischer Pädiater*Innen geprägt sind.
Die
Union of National European Paediatric Societies and Associations (UNEPSA) wurde 1976 in Rotterdam von Präsidenten der pädiatrischen Fachgesellschaften aus 18 europäischen Ländern gegründet. In den ersten 30 Jahren ihres Bestehens schuf die UNEPSA ein Forum für die Diskussion pädiatrischer Fragestellungen mit jährlichen Treffen, wobei die teils großen Unterschiede in der pädiatrischen Versorgung der europäischen Länder als besondere Herausforderung erkannt wurden. Während des „Kalten Krieges“ gelang es der UNEPSA, die Hürden zwischen sozialistischen und kapitalistischen Ländern in Europa zu überwinden, und so über die politischen Grenzen hinweg klinische Zusammenarbeit und Forschungsaktivitäten zu initiieren; diese waren bislang v. a. der Ermittlung der Demografie der primären, sekundären und tertiären Kinderheilkunde in Europa gewidmet. Anlässlich der Umbenennung der UNEPSA in
European Paediatric Association (
www.epa-unepsa.org/) 2007 erschien ein Rückblick auf diese Aktivitäten [
7]. Die EPA/UNEPSA hat derzeit 38 Mitgliedsländer und veranstaltet alle 2 Jahre den Kongress „Europaediatrics“.
Im Folgenden werden die einzelnen Bereiche der EAP-Organisationsstruktur erläutert.
European Board of Paediatrics
Das European Board of Paediatrics (EBP) ist das Exekutivorgan der pädiatrischen Sektion der Union for European Medical Specialists (UEMS PS). Sie ist daher Teil der EAP, muss aber die Statuten und Regeln der UEMS befolgen, was v. a. bei Abstimmungen und Entscheidungen des Vorstands wichtig ist.
Die Hauptaufgabe des EBP besteht in der Harmonisierung und Aufrechterhaltung höchstmöglicher pädiatrischer Ausbildungsstandards in ganz Europa. Eines der wichtigsten Ergebnisse des Gremiums sind die europäischen Ausbildungsanforderungen („European training requirements“, ETR), in denen der Lehrplan, die Beurteilungsmethodik für Auszubildende sowie die Anforderungen an Ausbildner und Ausbildungszentren festgeschrieben sind. Diese ETR werden gemeinsam vom EBP und den europäischen Fachgesellschaften entwickelt, auf einer Generalversammlung der EBP verabschiedet und letztlich dem Rat der UEMS zur offiziellen Anerkennung vorgelegt. Die konstruktive Zusammenarbeit und Integration des EBP mit der EAP und den pädiatrischen Fachgesellschaften innerhalb der UEMS ist der Schlüssel zur Verbesserung der Qualität der Ausbildung und der Patientenversorgung für Kinder und Jugendliche in ganz Europa.
Höchstmögliche pädiatrische Ausbildungsstandards werden durch das EBP harmonisiert und aufrechterhalten
Das EBP koordiniert auch die pädiatrische Präsenz in den „multidisciplinary joint committees“ (MJC), die von der UEMS eingerichtet wurden, um Ausbildungsfragen in neu entstehenden Bereichen zu behandeln. Als UEMS PS kann das EBP ebenso wie nationale Gremien und Fachgesellschaften eine Vertretung in solchen Ausschüssen beantragen. Weitere Aufgaben des EBP sind die Akkreditierung von Ausbildungszentren und von internationalen Konferenzen für die medizinische Fortbildung sowie die Erstellung und Abhaltung von Fachprüfungen. Einmal jährlich bietet das EBP ein „European Board Exam“ an, das in Zusammenarbeit mit dem Council for European Specialists Medical Assessment (CESMA) und der UEMS entwickelt und von diesen approbiert wurde. Der Test dient v. a. als Prüfung für angehende Pädiater/innen am Ende der Grundausbildung, aber auch zur Beurteilung des Wissensstandes für alle Ausbildungsstufen.
„Primary, Secondary and Tertiary Care Councils“
Die Zahl der primärversorgenden Pädiater/innen in Europa zeigt eine sinkende Tendenz. In etwa einem Drittel der Länder werden Kinder und Jugendliche ausschließlich durch praktische Ärztinnen und Ärzte, deren Ausbildungsstand und Erfahrung in Bezug auf diese Altersgruppe sehr unterschiedlich sind, versorgt [
8]. Die Beratungsgruppe Primary Care befasst sich mit allen somatischen, psychischen und sozialen Aspekten der Prävention, Diagnose, Behandlung und Rehabilitation von Neugeborenen, Säuglingen, Kindern und Jugendlichen in ambulanten Einrichtungen wie öffentlichen Kliniken, Gesundheitszentren sowie öffentlichen und privaten Einzel- oder Gruppenpraxen.
Das Secondary und Tertiary Care Council dient den wissenschaftlichen, pädagogischen, beruflichen und praxisbezogenen Interessen der Sekundär- bzw. Tertiärpädiatrie, einschließlich der gesamten Krankenhauspädiatrie, und ist im EBP, in einschlägigen Arbeitsgruppen und strategischen Beratungsgruppen vertreten. Das Council ist für die Pflege der europäischen Ausbildungsanforderungen der derzeit 14 anerkannten pädiatrischen Subspezialitäten verantwortlich und arbeitet an der Gestaltung eines gemeinsamen pädiatrischen Ausbildungskonzepts einschließlich der pädiatrischen Grundausbildung („common trunk“).
Durch evidenzbasierte Trainingsprogramme und kontinuierliche medizinische Fortbildung soll die höchstmögliche Versorgungsqualität von Kindern und Jugendlichen in ganz Europa gewährleistet werden.
Young EAP
Young EAP – ein Netzwerk junger Mitglieder der nationalen pädiatrischen Gesellschaften aus mittlerweile 25 europäischen Ländern – wurde 2017 gegründet, um die Arbeit der EAP in den Bereichen Bildung, Innovation und Interessenvertretung zu unterstützen. Neben Mitarbeit an verschiedenen EAP-Projekten gibt es eigene Projekte zu Migration und Gesundheit, Vergleich nationaler Ausbildungsprogramme sowie Arbeits- und Ausbildungsbedingungen. Zuletzt wurde ein Netzwerk aus europäischen Institutionen für Kinder aus der Ukraine mit komplexen Erkrankungen ins Leben gerufen. Die Young EAP-Repräsentanten treffen sich monatlich virtuell, um ihre Agenden abzustimmen und als „Thinktank“ neue Ideen zu generieren. Auf ihrer Website werden regelmäßige Blogs über gesundheits(-politisch) relevante Themen publiziert (
https://www.eapaediatrics.eu/yeap/).
„Strategic advisory groups“
Die strategischen Beratungsgruppen („strategic advisory groups“, SAG) der EAP „Jugend-Gesundheit“, „Choosing wisely“, „Ethik“, „Arzneimittel“, „Seltene Krankheiten“ und „Impfen“ wurden eingerichtet, um für diese „Problemzonen“ Möglichkeiten zur Verbesserung von Forschung, Ausbildung, Kenntnissen und Fähigkeiten, diagnostischen und Therapieempfehlungen zu erarbeiten.
Mitglieder aller Arbeitsgruppen treffen sich zweimal jährlich anlässlich eines EAP-Winter- und EAP-Spring-Meetings, um aktuelle Fragen zu diskutieren und Konzepte für Publikationen zu erstellen. Die Öffentlichkeitsarbeit erfolgt durch regelmäßige Presseaussendungen, Newsletter, Blogs und Kampagnen unter Nutzung sozialer Medien.
Jugendgesundheit und -medizin
Angesichts zunehmender Gesundheitsprobleme, chronischer Erkrankungen und potenzieller Langzeitfolgen eines ungesunden Lebensstils im Jugendalter wurde diese strategische Beratungsgruppe eingerichtet, um Ausbildungsinitiativen und Empfehlungen für die Gesundheitsversorgung junger Menschen zu entwickeln. Mittlerweile wächst das Bewusstsein, dass Angehörige der Gesundheitsberufe, insbesondere Kinderärzte und Allgemeinmediziner, spezifische Kenntnisse und Fähigkeiten erwerben müssen, um mit Jugendlichen wirksam zu kommunizieren sowie Unterstützung und Beratung zu leisten.
Choosing Wisely
Die EAP hat eine Arbeitsgruppe „Choosing Wisely“, entsprechend der gleichnamigen internationalen Bewegung zur Förderung von Gesprächen zwischen Ärzten und Patienten, ins Leben gerufen. Diese verfolgt die Absicht gezielter Diagnostik und Behandlung, die auf gesicherte Erkenntnisse gestützt ist und sich nicht mit anderen bereits durchgeführten Tests oder Verfahren überschneidet. Potenzieller Nachteile für Patienten und von Kosten für das Gesundheitssystem sollen minimiert werden. Ressourcen mit Empfehlungen aus 7 Ländern, pädiatrischen Initiativen und nützlichen Links sind auf der EAP-Website zu finden.
Die SAG Choosing Wisely und das European Academy of Paediatrics Research in Ambulatory Settings network (EAPRASnet) haben kürzlich in Zusammenarbeit mit der japanischen pädiatrischen Gesellschaft eine Umfrage mit insgesamt 3353 Datensätzen durchgeführt, um die häufigsten Themen der Überuntersuchung und Überbehandlung in Europa und Japan zu ermitteln.
Ethik
Seit Gründung der strategischen Beratungsgruppe für Ethik 1997 wurden mehr als 30 Arbeiten zu verschiedenen Themen veröffentlich und Erklärungen zu kritischen Fragen an die Gesundheitsministerien von EU-Ländern gerichtet. Workshops wurden organisiert, um Mitglieder zu gewinnen und ihre verschiedenen Meinungen zu „heißen Fragen und Themen“ innerhalb der pädiatrischen Ethik auszutauschen. Die positive breit vernetzte Arbeitsatmosphäre führte bereits zu 3 multinationalen Forschungsprojekten, die im Rahmen von EU-Programmen finanziert wurden.
Arzneimittel für Kinder
Ziel der SAG „Arzneimittel für Kinder“ ist ein gleichberechtigter Zugang zu sicheren, modernen und erschwinglichen Medikamenten, die die Diagnose, Behandlung und Vorbeugung von Krankheiten für Kinder und Jugendliche in Europa gewährleisten.
Vordringliche Fragen betreffen geeignete Formulierungen und Dosierungen, die korrekte Verabreichung von Medikamenten, den Mangel an kindergerechten Arzneimitteln und überhöhte Preise einiger Medikamente gegen seltene Krankheiten. Weitere „brennende Themen“ sind fehlende Investitionen in Arzneimittel für spezifische pädiatrische Indikationen/Bedürfnisse, unzureichende Infrastruktur/Netzwerke zur Durchführung multizentrischer pädiatrischer Studien in Europa mit der Folge häufiger Verschreibungen von Off-label-Medikamenten.
Seltene Krankheiten („rare diseases“)
Ein Bericht der Europäischen Organisation der Patienten mit seltenen Krankheiten (European Rare Diseases Patients Organisation, EURORDIS) 2009 als „Stimme von 12.000 Patienten“ über jahrelang verzögerte Diagnosestellungen bis zur Ablehnung durch Angehörige der Gesundheitsberufe aufgrund der Komplexität der damit verbundenen Symptome war Anlass für die Einrichtung einer entsprechenden Beratungsgruppe. Die meisten der über 6000 als „lebensbedrohliche oder chronisch schwächende Krankheiten mit geringer Prävalenz und hoher Komplexität“ definierten seltenen Krankheiten treten im Kindesalter auf. Die betroffenen Patienten, deren Familien sowie betreuende Ärztinnen und Ärzte benötigen ein hohes Maß an Unterstützung [
9].
Ziel ist die Stärkung eines ganzheitlichen Ansatzes für jedes Kind mit einer seltenen Erkrankung
Mitglieder der Beratungsgruppe haben mehrere nationale und internationale Konferenzen zu seltenen Krankheiten organisiert; ihre Vorsitzende arbeitet eng mit dem Europäischen Parlament zusammen. Eine angemessene Früherkennung, Diagnosebestätigung und Langzeitbehandlung sind Voraussetzzungen für bestmögliche Gesundheit von Kindern mit seltenen und chronischen Krankheiten. Die Beratungsgruppe für seltene Krankheiten unterstützt Maßnahmen zur globalen Stärkung eines ganzheitlichen Ansatzes für jedes Kind mit einer seltenen, chronischen Erkrankung.
Vaccination
Die EAP Vaccination Strategic Advisory Group (VSAG) bildet ein interaktives Netzwerk von Delegierten mit engem Bezug zu ihrem jeweiligen nationalen Impfprogramm. Ihr Vorsitzender ist auch Mitglied der entsprechenden Beratungsgruppe der International Pediatric Association (IPA).
Optimierung der Durchimpfungsraten durch Überwindung der zunehmenden Impfskepsis, die Einführung elektronischer Impfregister, ausreichende Impfstoffversorgung sowie eine weitgehende Harmonisierung der Impfprogramme innerhalb der europäischen Region sind Hauptziele der Beratungsgruppe. Die Kooperation mit WHO/UNICEF, der Europäischen Kommission (Coalition for Vaccination, European Health and Digital Executive Agency, HaDEA), dem European Center for Disease Control and Prevention (ECDC), der European Society for Paediatric Infectious Diseases (ESPID), der European Scientific Working Group on Influenza (ESWI), dem VACCELERATE Consortium und anderen Organisationen im europäischen Impfwesen unterstützt diese Bestrebungen.
Die EAP VSAG ist Mitbegründerin der SEKI-Plattform für Fortbildung und Wissen über Immunisierung
Die EAP VSAG ist an mehreren EU-Projekten zur Verbesserung der Impfraten, insbesondere in benachteiligten und schwer erreichbaren Bevölkerungsgruppen, beteiligt (ImmuHubs, Reducing Inequalities in Vaccine Uptake in the European Region/RIVER EU) und Mitbegründerin der Plattform Strengthening Education and Knowledge on Immunisation (SEKI,
www.seki.eu) für Fortbildung und Wissen über Immunisierung.
Publikationen, Statements und Blogs entstanden u. a. in Teamarbeit mit EAPRASnet, der Ethik SAG, ESPID und Young EAP [
10‐
12]. Mitglieder der Arbeitsgruppe beteiligen sich regelmäßig aktiv an ärztlicher Fortbildung anlässlich internationaler Kongresse, Symposien und Webinars und fungieren auch als Berater internationaler und nationaler Gesundheitsbehörden bei Impffragen und epidemiologischen Problemsituationen.
Die EAP VSAG unterstützt die ehrgeizige Vision der WHO: eine europäische Region ohne durch Impfung vermeidbare Krankheiten, in der alle Menschen während ihre gesamten Lebens einen gleichberechtigten Zugang zu qualitativ hochwertigen, sicheren und leistbaren Impfstoffen haben.
European Academy of Paediatrics Research in Ambulatory Settings network
Das European Academy of Paediatrics Research in Ambulatory Settings network (EAPRASnet) wurde 2009 gegründet, um die Qualität der pädiatrischen Grundversorgung durch praxisbezogene Forschung zu steigern. Eine „steering group“ aus Forschungsberatern bildet mit pädiatrischen Ordinationen in Europa und Mittelmeerländern ein Forschungsnetzwerk (info@eaprasnet.org), das mit seinem Pendant in den USA, Pediatric Research in Office Settings der American Academy of Pediatrics (AAP PROS), kooperiert. Das Netzwerk fungiert als „Forschungslabor“ für die pädiatrische Primärversorgung, in dem bisher über 1600 aktive Pädiaterinnen und Pädiater aus 43 Ländern erfasst sind. Durch Umfragen erhobene Daten zu Forschungsfragen sind relativ rasch verfügbar und statistisch aussagekräftig. Hohe Rückmeldequoten werden mithilfe nationaler EAPRASnet-Koordinatorinnen und Koordinatoren erzielt.
Das EAPRASnet fungiert als „Forschungslabor“ für die pädiatrische Primärversorgung
Eine initiale Rekrutierungsumfrage (2010) ergab Indikatoren für die Versorgungsqualität, Kommunikation mit Eltern, Adipositas und Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) als vorrangige Forschungsfelder. Interesse am Thema und an der Verbesserung der Versorgungsqualität waren Hauptanreize, Zeitmangel das am häufigsten genannte Hindernis für die Teilnahme [
13].
Weitere publizierte Umfragen mit zunehmender Beteiligung folgten zu den Themen:
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Impfverweigerung durch Eltern (2011),
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Einsatz von Antibiotika bei Infektionen der oberen Atemwege (2012),
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Praktiken und Perspektiven von Pädiatern in Bezug auf Harnwegsinfektionen bei Kindern zwischen 1 und 36 Monaten (2014),
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Antibiotikabehandlung bei Lungenentzündung (2016),
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Nutzung elektronischer Gesundheitssysteme („electronic health record“, EHR) im ambulanten Bereich (2016),
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Perspektiven europäischer Kinder- und Jugendärzte zu Gesundheitsproblemen, Bedürfnissen und Ungleichheiten in der Gesundheitsversorgung von Migrantenkindern (mit Hinweis auf den Mangel an Leitlinien und spezifischen Schulungen 2017),
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Wissensstand primärversorgender Pädiater zum Thema Mundgesundheit (2018),
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Vertrauen von Eltern in Impfungen (2019),
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Einfluss der COVID-19-Pandemie auf die Verwendung von Telemedizin (2021),
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Einsatz von Point-of-care-Tests in der Primärversorgung akut erkrankter Kinder (2022) und
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Choosing Wisely (2022).
Im Jahr 2018 ist EAPRASnet in eine neue Phase seiner kurzen Geschichte eingetreten, indem erstmals durch Befragung von (ca. 6000) Eltern in pädiatrischen und allgemeinmedizinischen Ordinationen in 18 europäischen Ländern aus deren Einstellung zur Impfung ihrer Kinder Faktoren mit Einfluss auf Impfentscheidungen untersucht wurden [
11].
Ziel ist, dass aus den EAPRASnet-Studien gewonnene neue Erkenntnisse zu Änderungen in den klinischen Leitlinien oder den Grundsatzerklärungen pädiatrischer Organisationen führen, so wie durch Ergebnisse von AAP-PROS-Studien bereits Entscheidungen im US-Gesundheitssystem positiv beeinflusst wurden.
Ausblick
Das Streben nach Verschmelzung der pädiatrischen Organisationen Europas zu einer gemeinsamen Struktur, um ähnlich der AAP, mit
einer starken Stimme („one voice“) für die Kinder- und Jugendgesundheit in Europa und international eintreten zu können, war Motivation für ein „Gipfeltreffen“ der drei größten pädiatrischen Organisationen (EAP, ECPCP und EPA) im Dezember 2017 in Wien [
14]. Mittlerweile lassen gegenseitige Einladungen, gemeinsame Veranstaltungen, Projekte und Publikationen [
15] ein zunehmendes Zusammenrücken erkennen. Kontinuierliches Bemühen großer Persönlichkeiten unter Hintanstellung von Individualinteressen ist Voraussetzung für das Erreichen des hohen Ziels einer gemeinsamen Interessenvertretung für die Kinder- und Jugendgesundheit in Europa.
Fazit für die Praxis
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Die Förderung der Gesundheit und des Wohlergehens von Kindern und Jugendlichen in Europa durch Bildung, Forschung und Interessenvertretung ist ein hohes ethisches Ziel.
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Dies erfordert fundierte Ausbildungsrichtlinien, eine gut koordinierte Plattform für Wissens- und Ideenaustausch sowie für Zusammenarbeit bei Forschungs- und klinischen Projekten und ein umfassendes Fortbildungsangebot.
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Die European Academy of Paediatrics (EAP) als pädiatrische Sektion der European Union of Medical Specialists (UEMS PS) erfüllt diese Voraussetzungen.
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Weitere Organisationen wie die European Confederation of Primary Care Paediatricians (ECPCP) und die European Paediatric Association (EPA) decken Teilbereiche ab.
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Eine konstruktive Zusammenarbeit der europäischen pädiatrischen Organisationen im Sinne einer einzigen, starken, verbindenden Stimme ist ein wichtiger und wesentlicher Schritt, um die bestmögliche Versorgung für die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Europa zu erhalten und zu fördern.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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