Ein 4‑jähriger Knabe stürzt mit der Halsvorderseite auf den Lenker seines Laufrads. Im Anschluss kommt es im Rahmen einer Hustenepisode innerhalb weniger Sekunden zu einer Notfallsituation mit Anschwellen des Gesichts- und Halsbereichs. Dem verständigten Notarzt präsentiert sich ein Kind mit ausgeprägter Dyspnoe und sichtbarem Hautemphysem. Der Knabe wird in das nächste Krankenhaus eingeliefert, bei klinischem V. a. einen Pneumothorax erfolgt ein frustraner Punktionsversuch mit einer peripheren Verweilkanüle in Monaldi-Position. Aufgrund der ausgeprägten Ateminsuffizienz wird zunächst vor Ort problemlos eine orotracheale Intubation durchgeführt. Dann wird der Patient zu weiterer Diagnostik und Therapie ans Zentrum transferiert.
Klinischer Befund
Übernahme des intubierten Patienten in Analgosedierung mit stabilen Vitalparametern (Blutdruck: 88/55 mm Hg, Puls 85/min, pulsoxymetrisch gemessene Sauerstoffsättigung [SpO2] 95 %). Ventral auf Höhe des Larynx zeigt sich ein kleines kutanes Hämatom mit minimaler oberflächlicher Exkoriation (Abb. 1). Zudem imponiert ein klinisch massiv ausgeprägtes Hautemphysem, vom Gesicht, über den Hals, den Thorax und das Abdomen bis ins Skrotum reichend.
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Laborbefunde nach der stationären Aufnahme
Die Ergebnisse eines Blutbilds, einschließlich Differenzialblutbild, sind im Normbereich. Ebenso sind Leberwerte, Nierenwerte, Elektrolyte und Gerinnung allesamt in der Norm; die Entzündungswerte sind negativ (C-reaktives Protein [CRP] <0,06 mg/dl).
Weiteres Prozedere
Bei Zustand nach einem stumpfen Halstrauma und klinisch stark ausgeprägtem Weichteilemphysem waren bereits im auswärtigen Krankenhaus eine Thoraxröntgenuntersuchung (Abb. 2) und ein Thorax-CT erfolgt. Hier zeigten sich ein Pneumothorax der linken Seite mit Pneumomediastinum und ein ausgeprägtes zervikales, thorakales, paraklavikuläres, axilläres sowie im Bereich der Thorax- und Bauchwand bis zur Leiste reichendes Weichteilemphysem. Das gesamte Stammskelett war unauffällig ohne Hinweise auf eine Verletzung der knöchernen Strukturen.
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Nach der Übernahme wird der intubierte Patient (Tubusgröße 4, orotracheal, fixiert bei 14 cm, gecufft) intensivmedizinisch versorgt; es werden eine Magensonde und ein Harnblasenkatheter gelegt sowie über einen rechtsseitigen femoralen Zugang ein zentraler Venenkatheter eingeführt. Die Beatmung erfolgt problemlos mit niedrigen Beatmungsparametern. Um die Sicherung der Atemwege zu gewährleisten, wird eine tiefe Analgosedierung mit Midazolam und einer Sufentanildauerinfusion begonnen; diese wird später um Dexmedetomidin ergänzt. Eine bereits begonnene antibiotische Therapie mit Cefuroxim wird fortgeführt.
Aufgrund der Verdachtsdiagnose einer Verletzung der Larynxstrukturen wird die HNO-Abteilung konsiliarisch hinzugezogen. In der Videobronchoskopie durch den Tubus kann nur schemenhaft Granulationsgewebe im obersten Bereich der Trachea erahnt werden, sodass von einer Verletzung des oberen Abschnitts der Trachea ausgegangen wird. Vorerst wird ein konservatives Vorgehen vereinbart sowie zur Sicherung der Atemwege und zur Verhinderung einer weiteren Ausprägung des Weichteilemphysems der Tubus bis knapp oberhalb der Carina tracheae vorgeschoben und der Cuff-Druck erhöht.
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Im Verlauf kommt es klinisch zu einer leichten Zunahme des Weichteilemphysems. In der Verlaufskontrolle mithilfe der Thoraxröntgenuntersuchung ist jedoch nur noch ein basaler linksseitiger anteriorer Restpneumothorax nachweisbar, und es beginnt eine weitestgehende Rückbildung des Mediastinalemphysems. Bei weiterhin niedrigen Beatmungsdrücken und ohne Hinweis auf einen Mediastinal-Shift wird auf eine Punktion des Pneumothorax verzichtet. Zur besseren Resorption der extrathorakalen Luft erhält der Patient eine Sauerstofftherapie mit max. 30 %.
Die schlussendliche Diagnose ergibt die Durchführung einer MRT der Halsregion am 2. Tag nach der Aufnahme (Abb. 3).
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Wie lautet Ihre Diagnose?
Verlauf
In den folgenden Tagen kommt es zur stetigen Rückbildung des Weichteilemphysems. Es gelingt außerdem, die Fraktur und die benachbarte Luftansammlung im Weichteilgewebe in der Sonographie darzustellen (Abb. 4). Somit dient die Sonographie auch als Verlaufskontrolle, und nach Auflösung der Luftansammlung im Bereich des verletzten Knorpels wird am 9. Tag nach dem Verletzungseintritt die Extubation im HNO-OP geplant. In der Tracheoskopie bei Extubation zeigt sich an der Stimmlippe sowie an der vermuteten Bruchstelle des Krikoids ventral Granulationsgewebe als Hinweis auf die erlittene Verletzung. Nach der Extubation benötigt der Patient noch intermittierend zusätzlichen Sauerstoff für 2 Tage. Nach rascher Reduktion der Analgosedierung entwickelt der Patient eine ausgeprägte Entzugssymptomatik. Diese wird mit regelmäßigen Methadon- und Clonidingaben behandelt, die wiederum über 2 Wochen ausgeschlichen werden. Der Knabe kann 28 Tage nach der Verletzung in gutem Allgemeinzustand nach Hause entlassen werden. In einer Verlaufskontrolle etwa ein Monat nach der Entlassung präsentiert er sich in gutem Allgemeinzustand mit regelrechter Motilität der Kehlkopfregion und der Stimmlippen.
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Diskussion
Klinische Überlegungen
Aufgrund der geschützten Lage des Larynx stellen dessen Traumen lediglich einen geringen Prozentsatz von etwa 1 % aller stumpfen Traumata dar [4]. In der pädiatrischen Population sind Larynxtraumen und Verletzungen noch seltener. Der Larynx ist bei Kindern aufgrund der hohen Lage bei prominenter Mandibula anatomisch besser geschützt; des Weiteren sind die Knorpelgebilde durch die noch relativ weiche Beschaffenheit weniger anfällig für Verletzungen. Typische Verletzungsmechanismen beinhalten den Sturz auf Möbelstücke beim Spielen oder einen Stoß auf den Lenker eines Zweirads [7]. Männliche Individuen sind häufiger betroffen als Mädchen [3].
Die klinische Präsentation nach einem stumpfen Larynxtrauma ist mitunter subtil und kann ähnlich häufigeren und auch harmloseren Erkrankungen beim Kind ähneln. Dies unterstreicht die Wichtigkeit der genauen Anamneseerhebung. Eine äußere Prellmarke gibt einen offensichtlichen Hinweis auf ein erlittenes Trauma. Die Kinder können sich mit Heiserkeit, Stridor, Atemnot oder Hämoptyse präsentieren. Zusätzlich kann es durch die Verletzung der knorpeligen bzw. bindegewebigen Strukturen im Bereich des Larynx und der Trachea durch Husten, Weinen oder Pressen überdruckbedingt zum Austreten von Luft in das lockere umliegende Gewebe kommen, mit anschließendem Entwickeln eines Hautemphysems. Eine Ausbreitung des Emphysems in das Mediastinum bzw. in das Perikard oder die Entwicklung eines Pneumothorax ist möglich [3, 5].
Primäres Atemwegsmanagement
Aufgrund der Seltenheit des Larynxtraumas finden sich in der Literatur kaum evidenzbasierte Empfehlungen zum primären Atemwegsmanagement. Dabei sollte bedacht werden, dass eine bereits bestehende Verletzung durch eine direkte Laryngoskopie mit Anlage eines Endotrachealtubus verschlimmert werden kann (z. B. Verursachen eines kompletten Atemwegsabrisses). Der Zustand eines Patienten mit asymptomatischer Präsentation und initial stabilem Atemweg hingegen kann sich innerhalb weniger Augenblicke verschlechtern und so in eine Notfallsituation münden [2].
Deshalb sollte eine geplante innerklinische Intubation stets unter optimalen Bedingungen mit Bereitschaft aller vorhandenen Ressourcen (i. e. Kinderintensivstation, Anästhesie, HNO) erfolgen, um die Gefahr einer laryngotrachealen Separierung zu reduzieren. Die Indikation zur Intubation sollte im interdisziplinären Diskurs streng gestellt und auch die Möglichkeit des konservativen Vorgehens sollte abgewogen werden.
Je nach Anamnese und Verletzungshergang muss zusätzlich eine Verletzung der Halswirbelsäule in Erwägung gezogen und die Halswirbelsäule bei entsprechendem Verdacht bis zum Ausschluss einer Schädigung immobilisiert werden.
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Ist bereits präklinisch eine Sicherung der Atemwege erfolgt, muss die Lage des Tubus nach der stationären Aufnahme kontrolliert werden. Die Durchführung einer flexiblen Laryngoskopie bzw. Bronchoskopie wird empfohlen [2].
Bei stabilem klinischen Zustand soll ebenfalls eine flexible Laryngoskopie durchgeführt werden, um die Durchgängigkeit bzw. Verletzungen der Atemwege und die Beweglichkeit der Stimmlippen zu beurteilen.
Im Fall eines klinisch instabilen Verlaufs sind eine direkte Laryngoskopie und Intubation unter Sicht in Operations-Bereitschaft anzustreben. Eine notfallmäßige Koniotomie bzw. Tracheotomie sollte nur in absoluten letztmöglichen Ausnahmefällen angewandt werden [2].
Diagnostik
Die direkte Laryngoskopie gilt als Standarddiagnostik des Larynxtraumas, um die Durchgängigkeit der Atemwege, Hämatome, Schleimhautödeme und Verletzungen der Schleimhaut zu beurteilen. Als Goldstandard gilt die starre Laryngoskopie zur Beurteilung der subglottischen und trachealen Areale. Alternativ kann eine flexible Laryngoskopie (s. oben) über den aufgefädelten Tubus erfolgen und dieser dann unter optischer Kontrolle vorgeschoben werden. Zusätzlich wird die Durchführung einer Sonographie als nichtinvasives, diagnostisches Tool empfohlen, da hier im Gegensatz zur Laryngoskopie Frakturen und eine Immobilisierung der Stimmlippen besser dargestellt werden können [9].
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Nach Sichern der Atemwege und klinischer Stabilisierung ist die Durchführung einer CT indiziert, um Ausmaß der Verletzung des Larynxskeletts sowie Begleiterscheinungen wie Wirbelsäulen- und Gefäßverletzungen zu beurteilen. Wie im vorgestellten Fall erfolgt, wird das „magnetic resonance imaging“ (MRI) zunehmend bei jungen Patienten und nicht bzw. wenig ossifiziertem Knorpelgewebe angewandt. Das Protokoll soll ein „High-resolution“-MRT mit Oberflächenspulen und zumindest eine axiale T2 gewichtete sowie T1 gewichtete MRT mit und ohne Fettsättigung vor und nach Gadoliniuminjektion enthalten. Je nach klinischem Zustand können koronare und sagittale T1-und T2-Sequenzen zugefügt werden [1].
Therapie
Gemäß den erhobenen Befunden und einer Korrelation mit den entsprechenden Behandlungsmöglichkeiten erfolgt üblicherweise eine Einteilung des Larynxtraumas in 5 Gruppen nach Fuhrman et al. und Schaefer et al. [4, 6]. Demnach werden kleine endolaryngeale Hämatome oder Lazerationen ohne erkennbare Frakturen der Gruppe I zugeordnet. Gruppe II beinhaltet Verletzungen mit Ödembildung, ausgeprägtere Hämatome, kleine Schleimhautrisse ohne freiliegende Knorpelanteile bzw. nichtdislozierte Frakturen. Zur Gruppe III werden ein massives Ödem und größere Schleimhautläsionen sowie freiliegende Knorpelanteile oder dislozierte Frakturen mit konsekutiver Stimmlippenimmobilität gezählt. Gruppe IV wird als Gruppe III mit schwerer Ausprägung beschrieben. Ein kompletter laryngotrachealer Abriss wird Gruppe V zugeordnet.
Die Typen I und II werden üblicherweise konservativ mithilfe von befeuchtetem Sauerstoff, Oberkörperhochlagerung, Protonenpumpeninhibitoren- und ggf. Steroidgabe behandelt. Die Gruppen III–V und ggf. auch Gruppe II werden einer operativen Versorgung zugeführt; diese soll bestenfalls innerhalb weniger Tage nach dem Traumaeintritt stattfinden [1, 8].
Diagnose: Fraktur der Cartilago cricoidea ventral bei 11:00 Uhr in Rückenlage, mit benachbarter Luftansammlung im Weichteilgewebe, die in Verbindung mit dem zervikalen Weichteilemphysem steht. Weichteilemphysem des Halses, der Thoraxwand und des oberen Mediastinums
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Die in der dargestellten Kasuistik erhobene Diagnose einer Fraktur der Cartilago cricoidea lässt sich der Gruppe II der Larynxtraumata zuordnen; beschrieben wurde die erfolgreiche Behandlung mithilfe des konservativen Managements. Nichtsdestotrotz bleibt die interdisziplinäre Zusammenarbeit, insbesondere mit den chirurgischen Disziplinen wie Kinderchirurgie, HNO bzw. einem in der Kinderbronchologie erfahrenen Zentrum, ein wesentlicher Bestandteil der Therapie, um die Indikation einer operativen Therapie entsprechend zu diskutieren.
Fazit für die Praxis
Larynxtraumen stellen im Kindesalter ein seltenes Ereignis dar, können jedoch schnell zur Notsituation werden (Atemnot, Stridor, Emphysem, Hämoptysen).
Die Sicherung des Atemwegs bei einem klinisch instabilen Patienten hat oberste Priorität, unter der Berücksichtigung, dass mögliche Verletzungen verschlimmert werden können.
Neben der flexiblen fiberoptischen Laryngoskopie stellen Sonographie und Magnetic resonance imaging (MRI) wichtige diagnostische Maßnahmen im Kindesalter dar.
Ein konservatives Management ist bei nichtdislozierter Fraktur vertretbar und geht mit einer guten Prognose einher.
Die interdisziplinäre Zusammenarbeit (Anästhesie, Kinderintensivstation, Kinderchirurgie/HNO) stellt eine wichtige Säule in der Behandlung von Larynxtraumen dar.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
C. Hochmayr, M. Rock, G. Schweigmann, C. Pototschnig, U. Klingkowski und G. Cortina geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Alle Autoren, Ko-Autorinnen und Ko-Autoren haben das endgültige Manuskript gesichtet und der Veröffentlichung zugestimmt.
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts, über die Patienten zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/oder ihren gesetzlichen Vertretern eine schriftliche Einwilligung vor.
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