Erschienen in:
01.02.2020 | Patientenverfügung | Einführung zum Thema
Patientenverfügung 2.0
verfasst von:
Prof. Dr. med. C. Ostgathe
Erschienen in:
Die Anaesthesiologie
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Ausgabe 2/2020
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Auszug
„Jede medizinische Behandlung hat unter Wahrung der Menschenwürde und unter Achtung der Persönlichkeit, des Willens und der Rechte der Patientinnen und Patienten, insbesondere des Selbstbestimmungsrechtes, zu erfolgen“. So heißt es in unserer gegenwärtig gültigen (Muster‑)Berufsordnung, die die Behandlungsgrundsätze und ärztlichen Verhaltensregeln beschreibt [
1]. Nach diesen Grundsätzen ist der Wille des Patienten – wenn eine medizinische Indikation vorliegt – bei Entscheidungen zu jeglichen medizinischen Maßnahmen unbedingt handlungsleitend. Dies ist auch in aller Regel unproblematisch, solange man mit einem wachen orientierten Patienten im informierten Einverständnis den Willen erfassen und danach handeln kann. Weitaus herausfordernder stellt sich die Situation dar, wenn Betroffene, bei denen eine indizierte therapeutische und diagnostische Maßnahme ansteht, sich zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung in einem Zustand der Nichteinwilligungsfähigkeit befinden. Vor fast genau 10 Jahren hat der Gesetzgeber für diese Fälle eine (vermeintliche) Lösung präsentiert, nämlich die gesetzlichen Regelungen im Betreuungsrecht zu Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht [
2]. Diese Regelung sollte – ohne Beschränkung der Reichweite – die vielfältigen Entscheidungsdilemmata der Beachtung des Patientenwillens in klinischen Situationen, z. B. bei dauerhafter Bewusstlosigkeit oder schwerer Demenz, lösen. Bürger haben seither die Möglichkeit, ihre Wünsche für die medizinische Behandlung schriftlich festzulegen, eine oder mehrere Personen für Vertreterentscheidungen zu bestimmen, und das Recht, dass diese Wünsche auch beachtet werden. So weit, so gut? Nein! Man darf konstatieren, dass nach 10 Jahren das bestehende System der Vorausverfügung zwar tatsächlich bei einzelnen Patientinnen und Patienten funktioniert hat, dennoch sind Patientenverfügung/Vorsorgevollmacht als Angebot zur Lösung des oben geschilderten Problems gescheitert. Es ist zwar bei Weitem besser als nichts, wird aber dem Problem nicht wirklich gerecht. …