Derzeit übersteigt die Nachfrage nach PAT in der Schweiz das verfügbare Angebot bei Weitem. Daher gibt es inzwischen vermehrt direkte Anfragen von Patienten*innen bezüglich einer PAT bei Behandler*innen. Es ist jedoch auch möglich, dass ein/e Behandler*in nach vorheriger (psychotherapeutischer) Therapie die Möglichkeit einer PAT vorschlägt, falls er oder sie diese für potenziell indiziert hält und entweder die Therapie selbst durchführt oder die/den Patienten*in an eine/n Kollegen*in überweist.
Je nach Schweregrad und Art der Erkrankung kann eine stationäre Behandlung in Bezug auf Sicherheit und Wirksamkeit Vorteile bieten. In den meisten Fällen ist jedoch eine ambulante Behandlung möglich und sowohl therapeutisch als auch wirtschaftlich sinnvoll.
Einzel- und Gruppensetting
Bis heute erfolgen die meisten Behandlungen im Einzelsetting, bei dem ein/eine Patient*in und eine oder gelegentlich auch Begleitpersonen anwesend sind. Allerdings werden zunehmend Behandlungen in Gruppensettings durchgeführt (Schmid et al.
2020; Gasser
2021; Oehen und Gasser
2022) mit üblicherweise mindestens 2 – meist gegengeschlechtlichen – Therapeut*innen. Soweit den Autoren bekannt ist, variieren die Gruppengrößen zwischen 3 und 12 Teilnehmer*innen. Es kann vorkommen, dass im Rahmen derselben Gruppensitzung einige Patienten*innen MDMA einnehmen und andere Psilocybin oder LSD. Dies lässt sich erfahrungsgemäß gut kombinieren und ermöglicht eine individualisierte Behandlung auch im Gruppensetting. Üblicherweise gibt es mindestens eine gemeinsame Vorbereitungssitzung, oft am Abend vor der Substanzerfahrung, und eine gemeinsame Integrationssitzung, oft am Morgen nach der Substanzerfahrung oder einige Tage später. Einige Therapeut*innen arbeiten darüber hinaus mit kontinuierlichen gruppentherapeutischen Treffen zwischen den Substanzbehandlungen. Das Gruppensetting bietet u. a. den Vorteil, dass neben den therapeutischen Begleitpersonen noch andere Personen, die ebenfalls eine psychedelische Erfahrung machen und mit denen das Erlebnis geteilt werden kann, anwesend sind. Insbesondere während der Nachbesprechungen äußern Patienten*innen häufig, dass die Anwesenheit weiterer Teilnehmer*innen als hilfreich empfunden wird, da sie als Vorbilder, Modelle oder Unterstützung dienen können. Der Austausch wird oft als bereichernd und inspirierend empfunden, und es wird die Erfahrung gemacht, mit dem eigenen Leid oder den eigenen Problemen nicht allein zu sein. Von einigen Personen kann das Gruppensetting jedoch als überwältigend empfunden werden oder aus anderen Gründen ungeeignet sein.
Im Einzelsetting können die Gestaltung des Rahmens und der Ablauf der Substanzbehandlung stärker individuell auf den/die Patient*in abgestimmt werden. Zudem erhält die/der Patient*in die volle Aufmerksamkeit der/des Behandler*in. Für einige Patienten*innen, auch je nach Störungsbild, ist dies ein Vorteil, insbesondere am Anfang einer Behandlung. Es gibt auch Patienten*innen, die sich durch die Anwesenheit anderer Patienten*innen gehemmt fühlen, sensible Erfahrungen zu teilen. Auch da kann ein Einzelsetting hilfreich sein.
Die Entscheidung, ob ein Gruppensetting infrage kommt oder das Einzelsetting geeigneter ist, wird immer im Vorfeld gemeinsam mit den Patienten*innen geklärt. Im Verlauf einer Behandlung, wenn mehrere Substanzsitzungen über einen längeren Zeitraum stattfinden, kann dies auch angepasst werden.
Phasen einer Psychedelika-assistierten Psychotherapie
Klassischerweise wird zwischen einer Vorbereitungsphase, der Substanzbehandlung und einer Integrationsphase unterschieden.
Vor Beginn einer PAT werden die Voraussetzungen geklärt, einschließlich der Klärung der Indikation sowie der Überprüfung von psychischen und somatischen Kontraindikationen. Das soziale Umfeld und nahe Beziehungen sind für eine erfolgreiche Integration mitentscheidend. Eine ablehnende Haltung von Lebenspartnern*innen oder anderen Therapeut*innen gegenüber der PAT kann die Integration der Erfahrung erschweren.
Während der Vorbereitungsphase der PAT werden Erwartungen, Hoffnungen, Ängste und Zweifel besprochen und manchmal auch eine Intention für die Sitzung entwickelt. Es werden Einzelheiten wie der Ablauf, das Setting, die gewählte Substanz und Dosis sowie weitere Rahmenbedingungen für die Substanzsitzung geklärt. Auch der gewünschte Umgang mit allfällig belastenden Situationen sowohl aus Sicht der/des Patienten*in als auch des/der Therapeut*in wird besprochen. Es wird entschieden, ob die Erfahrung im Einzel- oder im Gruppensetting stattfinden soll. In dieser Phase ist es ratsam, eine förderliche und realistische innere Einstellung zur psychedelischen Erfahrung zu kultivieren sowie Selbstregulations- und Expressionsmethoden zu erlernen, wie beispielsweise Achtsamkeits‑, Atem- oder Körperübungen. Es werden auch die Möglichkeit von adäquatem Körperkontakt sowie die Wahrung von Grenzen und Distanz während der psychedelischen Sitzung besprochen.
Um ein förderliches Setting für die PAT zu schaffen, wird ein störungsarmer Raum sicher und angenehm gestaltet, beispielsweise mit Matten oder bequemer Möblierung zum Liegen und passender unaufdringlicher Dekoration. Die Raumgestaltung bewegt sich zwischen schlichter Nüchternheit und einladender Atmosphäre. Das Licht soll dimmbar sein, um die innere Aufmerksamkeit zu fördern. Ein angenehmer Geruch und gute Belüftung sind ebenfalls wichtig. Idealerweise ist eine Toilette in der Nähe, die ohne Stufen zu erreichen ist und im Notfall von außen geöffnet werden kann.
Musik kann gespielt werden, um die Erfahrung begleitend zu strukturieren, Halt zu geben oder zu zentrieren, die Aufmerksamkeit zu weiten oder Erfahrungsräume zu öffnen. Auch Klanginstrumente finden Verwendung. Stille kann der/dem Patienten*in dabei helfen, wieder in Kontakt mit sich und dem eigenen inneren Prozess zu kommen. Sowohl Stille als auch Musik können allerdings auch überfordernd wirken oder unangenehme Zustände auslösen. Musik und Stille sind Teil der Intervention. Die Wahl der Musik in der PAT ist ein Handwerk, das geübt werden will. Von den Therapeut*innen, deren diesbezügliche Handhabung den Autoren bekannt ist, werden keine voll standardisierten Playlists verwendet. Üblicherweise wird die Musik im Verlauf des Prozesses gewählt, oder es wird im Voraus eine Liste erstellt, jedoch dem Verlauf entsprechend während der Sitzung angepasst. Oft wird die Musik über Lautsprecher gespielt, sie ist für alle im Raum Anwesenden hörbar und wird zur geteilten Erfahrung. Teilweise werden aber auch Kopfhörer verwendet.
In der Rolle des/der Therapeut*in in einer psychedelischen Sitzung gibt es einige Besonderheiten und entsprechende Anforderungen an die therapeutische Kompetenz (Phelps
2017). Neben der oben beschriebenen therapeutischen Grundhaltung sollen PAT-Therapeut*innen eine breite Perspektive einnehmen können und für einen größeren Bezugsrahmen offen sein. Es braucht ein spezifisches Verständnis für die mitunter intensiven substanzinduzierten Zustände sowie die möglichen Erfahrungsebenen dieser veränderten Bewusstseinszustände. Die Sitzungen dauern lange, ohne dass regelmäßige Pausen wahrgenommen werden können. Die/der Therapeut*in ist gefordert, in ruhiger Präsenz aufmerksam zu sein, auch während längerer stiller Phasen. Die Interaktion mit den Patienten*innen ist oft minimal; längere Gespräche können als störend empfunden werden und vom inneren Prozess ablenken. Stattdessen wird die Erfahrung durch nonverbale Interventionen unterstützt, wie etwa das Halten einer Hand. Die Herangehensweise beruht oft auf Intuition und Erfahrung, manchmal ohne Möglichkeit der unmittelbaren Rücksprache mit dem/der Patient*in. In der späteren Phase der akuten Wirkung, wenn das rationale, analytische Denken langsam zurückkehrt und die Patienten*innen beginnen, das Erlebte zu reflektieren, können Gespräche mit der/dem Therapeut*in oder auch in der Gruppe einer ersten Integration dienen. In dieser Phase können leichte Snacks angeboten werden.
Der/die Therapeut*in ist auf mögliche Notfallsituationen vorbereitet, obwohl diese selten vorkommen. Insgesamt werden primär psychologische und weniger somatische Notfälle erwartet (Johnson et al.
2008).
Integration kann als ein längerfristiger Prozess der Veränderung der Symptomatik, des Verhaltens und der Einstellung verstanden werden; er läuft teilweise unbewusst ab, kann jedoch psychotherapeutisch unterstützt werden. Auch weitere Methoden wie Meditation, Zeit in der Natur verbringen oder kreative Aktivitäten (z. B. Malen, Tagebuchschreiben, Musizieren) können der Integration förderlich sein.
Die Rückkehr in den Alltag kann eine schmerzhafte, aber auch therapeutisch wertvolle Neubewertung von Problemen ermöglichen. Besonders schwierige Erfahrungen, z. B. schmerzhafte biografische Einsichten oder das Wiedererleben traumatischer Situationen, nichtabgeschlossene emotionale Prozesse, verstärkte Ängste, Verzweiflung, Frustration, intensive Trauer, Wut und ähnliche Gefühle erfordern therapeutische Arbeit, um sie zu verstehen und einzuordnen. Aber auch besonders schöne Erfahrungen, wie beispielsweise mystische oder spirituelle Einheitserfahrungen, sind oft schwer in Worte zu fassen und werfen manchmal Fragen auf, die therapeutisch bearbeitet werden können. Ebenso berühren psychedelische Erfahrungen oft existenzielle Themen (Leben, Tod, Leiden, Sinn), die in einen psychotherapeutischen Prozess integriert werden können.
In Gruppensettings bietet es sich an, zwischen den Substanzerfahrungen neben den individuellen Psychotherapiesitzungen weitere Gruppentherapiesitzungen einzuführen. So wird eine Kontinuität hergestellt, der Austausch untereinander gefördert und neben dem individuellen Prozess auch der Gruppenprozess intensiviert. In einem geschützten Rahmen erleben sich die Patient*innen selbst und in Beziehung zueinander, haben in diesem Kontext die Möglichkeit für korrigierende Beziehungserfahrungen, aber auch für die Bewusstwerdung eigener Themen und Beziehungsmuster wie beispielsweise Unsicherheit oder Scham im Kontakt mit anderen.