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Erschienen in: Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie 4/2017

07.08.2017 | Originalarbeit

Kölner Silvesternacht 2015

Verlauf, Ursachen und Folgen

verfasst von: Prof. Dr. Rudolf Egg

Erschienen in: Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie | Ausgabe 4/2017

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Zusammenfassung

In der Kölner Silvesternacht 2015 wurden im öffentlichen Raum zahlreiche Straftaten, v. a. Sexual- und Eigentumsdelikte, verübt. Dieses ungewöhnliche, in dieser Form bis dahin in Deutschland unbekannte Geschehen markiert eine Zäsur der Flüchtlings- und Kriminalpolitik in Deutschland. Der Beitrag entstand vor dem Hintergrund der Analyse sämtlicher Strafanzeigen dieser Nacht, die im Auftrag eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses des Landtags Nordrhein-Westfalen erstellt wurde. Nach der Beschreibung der Chronologie der Ereignisse folgt eine kurz gefasste Darstellung wesentlicher Untersuchungsergebnisse bezüglich der Art und der Anzahl der angezeigten Straftaten, der Tatorte und Tatzeiten sowie im Hinblick auf die primären Tatmotive und die (mögliche) Organisation der Täter. Mithilfe ausgewählter Beispiele werden auch die Erlebnisse und Reaktionen der Opfer sowie das Verhalten der Polizei skizziert. Zur kriminologischen Erklärung der Straftaten der Kölner Silvesternacht wird ein mehrdimensionaler Ansatz vorgestellt, der verschiedene allgemeine und situationsspezifische Risikofaktoren der Tätergruppe berücksichtigt.
Fußnoten
1
Der Schlussbericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses IV wurde als Drucksache 16/14450 des Landtags NRW veröffentlicht: www.​landtag.​nrw.​de/​portal/​WWW/​dokumentenarchiv​/​Dokument/​MMD16-14450.​pdf (nachfolgend als „Schlussbericht“ bezeichnet).
 
2
Nach § 23 Abs. 1 der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz ist „das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände in unmittelbarer Nähe von Kirchen“ verboten.
 
3
Am 24.07.2010 kamen im Zugangsbereich der Love Parade in Duisburg 21 Menschen im Gedränge ums Leben; Hunderte andere Personen wurden teils schwer verletzt.
 
4
Die am 03.01.2016 gebildete Ermittlungsgruppe des Polizeipräsidiums Köln sammelte alle bis zum 31.03.2016 vorliegenden Strafanzeigen zu der Kölner Silvesternacht nach einem einheitlichen Schema (Vergabe von Fallnummern, Reihenfolge der Dokumente etc.). Die Anonymisierung der darin enthaltenen personenbezogenen Angaben (Name, Anschrift, Telefonnummern usw.) erfolgte durch Schwärzung der jeweiligen Textstellen. Dem PUA IV wurde diese Datensammlung vom Justizministerium des Landes NRW als Beweismittel übersandt.
 
5
Für die Erfassung und Auswertung der umfangreichen Daten erhielt der Autor die Unterstützung durch zwei wissenschaftliche Hilfskräfte der Kriminologischen Zentralstelle (KrimZ) in Wiesbaden.
 
6
Eine genaue Zuordnung zu einzelnen Personen war wegen der Anonymisierung der Datensätze ohnedies nicht möglich.
 
7
Dabei handelt es sich zwar, streng genommen, nicht um ein Sexualdelikt, aber doch um eine Straftat mit sexueller Motivation. Zudem zeigte sich eine uneinheitliche polizeiliche Zuordnung offensichtlich ähnlicher Tathandlungen zu den §§ 177 bzw. 185 StGB.
 
8
Die genaue Erfassung war in etlichen Fällen offenbar dadurch erschwert, dass die Geschädigten über mehrere Übergriffe zu verschiedenen Tatzeiten berichteten.
 
9
Dass lediglich in einer Minderzahl der Anzeigen solche Angaben enthalten sind, bedeutet nicht, dass die übrigen Geschädigten die Situation als weniger schwerwiegend beurteilten. Vielmehr ist anzunehmen, dass bei der Anzeigenaufnahme primär nach dem äußeren Ablauf gefragt wurde, nicht nach den subjektiven Erlebnissen der Opfer.
 
10
Insbesondere aus Algerien und Marokko (Schlussbericht, S. 603).
 
11
BÜMA: Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender.
 
12
Trickdiebe, die ihre Opfer durch gespielte Fröhlichkeit und tänzelnde Bewegungen ablenken und dabei bestehlen.
 
13
Diese Interpretation entspricht weitgehend der sozialpsychologischen „Broken-Windows-Theorie“, die besagt, dass eine Situation, die Menschen ein hohes Maß an Anonymität verleiht, das Gefühl von persönlicher Verantwortung und damit die Beachtung von sozialen und rechtlichen Regeln reduziert, wenn vor Ort bereits von anderen Straftaten begangen wurden, die offenbar ohne Konsequenzen geblieben sind (Zimbardo 2012, S. 22 ff.).
 
14
Personen mit dem Aufenthaltsstatus „Asylbewerber“, „Asylberechtigte und international/national Schutzberechtigte“, „Duldung“, „Kontingentflüchtlinge“ oder „unerlaubter Aufenthalt“.
 
Literatur
Zurück zum Zitat Behrendes U (2016) Die Kölner Silvesternacht 2015/2016 und ihre Folgen. Neue Kriminalpolit 28:322–343CrossRef Behrendes U (2016) Die Kölner Silvesternacht 2015/2016 und ihre Folgen. Neue Kriminalpolit 28:322–343CrossRef
Zurück zum Zitat Bundeskriminalamt (2016) Abschlussbericht der Bund-Länder Projektgruppe „Silvester“ [vollständige Wiedergabe im Schlussbericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses IV. Landtag NRW: Drucksache 16/14450 Bundeskriminalamt (2016) Abschlussbericht der Bund-Länder Projektgruppe „Silvester“ [vollständige Wiedergabe im Schlussbericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses IV. Landtag NRW: Drucksache 16/14450
Zurück zum Zitat Egg R (2016) Gutachterliche Stellungnahme zu den anonymisierten Strafanzeigen der Ermittlungsgruppe Neujahr [vollständige Wiedergabe im Schlussbericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses IV. Landtag NRW: Drucksache 16/14450 Egg R (2016) Gutachterliche Stellungnahme zu den anonymisierten Strafanzeigen der Ermittlungsgruppe Neujahr [vollständige Wiedergabe im Schlussbericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses IV. Landtag NRW: Drucksache 16/14450
Zurück zum Zitat Egg R, Rettenberger M, Welsch R (2016) Die Kölner Silvesternacht 2015/2016: Eine Analyse der Strafanzeigen. Dtsch Richterz 94:414–419 Egg R, Rettenberger M, Welsch R (2016) Die Kölner Silvesternacht 2015/2016: Eine Analyse der Strafanzeigen. Dtsch Richterz 94:414–419
Zurück zum Zitat Wiermer C, Voogt G (2017) Die Nacht, die Deutschland veränderte. Hintergründe, Fakten und Enthüllungen zu den dramatischen Übergriffen der Silvesternacht in Köln. Riva, München Wiermer C, Voogt G (2017) Die Nacht, die Deutschland veränderte. Hintergründe, Fakten und Enthüllungen zu den dramatischen Übergriffen der Silvesternacht in Köln. Riva, München
Zurück zum Zitat Zimbardo P (2012) Der Luzifer-Effekt. Die Macht der Umstände und die Psychologie des Bösen. Springer, Berlin Zimbardo P (2012) Der Luzifer-Effekt. Die Macht der Umstände und die Psychologie des Bösen. Springer, Berlin
Zurück zum Zitat Bundeskriminalamt (2017) Bericht zur Polizeilichen Kriminalstatistik 2016 Bundeskriminalamt (2017) Bericht zur Polizeilichen Kriminalstatistik 2016
Zurück zum Zitat Hessisches Landeskriminalamt (2017) Polizeiliche Kriminalstatistik des Landes Hessen 2016 Hessisches Landeskriminalamt (2017) Polizeiliche Kriminalstatistik des Landes Hessen 2016
Metadaten
Titel
Kölner Silvesternacht 2015
Verlauf, Ursachen und Folgen
verfasst von
Prof. Dr. Rudolf Egg
Publikationsdatum
07.08.2017
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Erschienen in
Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie / Ausgabe 4/2017
Print ISSN: 1862-7072
Elektronische ISSN: 1862-7080
DOI
https://doi.org/10.1007/s11757-017-0439-y

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