Erschienen in:
07.03.2016 | Suizid | Leitthema
Psychopharmaka zur Behandlung suizidaler Patienten und zur Suizidprävention
verfasst von:
Dr. R. Haußmann, M. Bauer, U. Lewitzka, B. Müller-Oerlinghausen
Erschienen in:
Der Nervenarzt
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Ausgabe 5/2016
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Zusammenfassung
Die Behandlung suizidaler Patienten stellt ein häufiges, zumeist akutpsychiatrisches Problem dar. Vor dem Hintergrund der Häufigkeit dieses Phänomens imponiert die aktuelle Datenlage zu suizidverhindernden Wirkeffekten von Psychopharmaka insgesamt unzureichend und enttäuschend. Mit Ausnahme von Lithium und Clozapin ist eine suizidverhindernde Wirkung von Psychopharmaka nicht belegt, ja nach bislang vorliegenden Studien unwahrscheinlich. Nach wie vor fehlen zum einen kontrollierte, randomisierte Studien, zum anderen limitieren ethische und methodische Probleme die klinische Forschung auf diesem Gebiet, was insbesondere an der aktuellen Datenlage zu den immer wieder behaupteten suizidpräventiven Wirkeffekten von Antidepressiva deutlich wird. Im Rahmen der Akutbehandlung ist unter Antidepressiva eine Reduktion der depressiven Störung zugeordneten Suizidgedanken möglich, jedoch muss die ebenfalls mögliche suizidprovozierende Wirkung insbesondere der neueren Antidepressiva gleichzeitig berücksichtigt werden. Der zeitnahen symptomatischen Behandlung psychomotorischer Erregung und Ängstlichkeit muss in Form einer sedierenden Pharmakotherapie mit Benzodiazepinen oder niedrig-potenten Neuroleptika höchste Bedeutung beigemessen werden. Im Rahmen der Erhaltungstherapie sollten Patienten vor dem Hintergrund der aktuellen Datenlage nach stattgehabten Suizidversuchen oder chronischer Suizidalität im Rahmen bipolarer oder unipolarer affektiver Erkrankungen von den positiven Effekten einer Behandlung mit Lithium und im Rahmen psychotischer Erkrankungen einer Behandlung mit Clozapin möglichst überzeugt werden.