Erschienen in:
14.04.2020 | Triage | Originalien
Der Notfall „geht“ ins Krankenhaus
Eine Befragung von Patienten mit niedriger Dringlichkeit in einer Notfallaufnahme mit regionaler Alleinstellung
verfasst von:
A. K. Reinhold, F. Greiner, W. Schirrmeister, F. Walcher, Dr. B. Erdmann
Erschienen in:
Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin
|
Ausgabe 6/2021
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Hintergrund
Neben einem Anstieg der Fallzahl in deutschen Notfallaufnahmen ändert sich dort auch das Spektrum der vorstelligen Patienten. Statt einer Versorgung im vertragsärztlichen Sektor bevorzugen Patienten im akuten Krankheitsfall zunehmend die Notfallaufnahme als Anlaufstelle. Diese Arbeit untersucht das Inanspruchnahmeverhalten sowie dazugehörige Motive von Notfallaufnahmepatienten mit niedriger Dringlichkeit.
Methoden
Anonyme schriftliche Befragung in der Notfallaufnahme des Klinikums Wolfsburg zwischen 12/2015 und 03/2016 mit deskriptiver Auswertung. Teilnahmeberechtigt waren alle Patienten mit niedriger Dringlichkeit (Manchester-Triage-System (MTS), Stufen blau und grün).
Ergebnisse
81,5 % der Befragten (729 auswertbare von 7000 ausgegebenen Fragebögen) stellte sich zwischen 8:00 und 17:00 Uhr in der Notfallaufnahme vor, 70,1 % waren „Selbstvorsteller“. Am häufigsten (48,3 %) wurde eine vermutete bessere Versorgung als Motiv für die Inanspruchnahme genannt. 67,8 % der Befragten schätzten sich entgegen der MTS-Stufe als mittelschweren bis lebensbedrohlichen Notfall ein. Als alternative Anlaufstelle würden 49,2 % eine benachbarte Klinik in der Region wählen.
Diskussion
Die selbsteingeschätzte Behandlungsdringlichkeit der Patienten divergiert mit der Ersteinschätzung nach MTS. Bei akuter Angst um die Gesundheit werden vertragsärztliche Angebote, wie die Notfallpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung in unmittelbarer Nähe, unzureichend genutzt. Bisherige Ansätze der Patientensteuerung scheinen in dem von uns untersuchten Setting wenig erfolgreich. Eine Stärkung der Notfallaufnahmen als alleinige Anlaufstelle 24/7 bei gleichzeitiger Abschaffung paralleler Versorgungsstrukturen sollte diskutiert werden.