Erschienen in:
01.02.2014 | Originalien
Verlauf der zerebralen Sinus-/Venenthrombose
Daten einer monozentrischen Kohortenstudie über 15 Jahre
verfasst von:
C. Geisbüsch, C. Lichy, D. Richter, C. Herweh, W. Hacke, PD Dr. S. Nagel
Erschienen in:
Der Nervenarzt
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Ausgabe 2/2014
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Zusammenfassung
Einleitung
Die zerebrale Sinus-/Venenthrombose (SVT) ist eine seltene Erkrankung, bei der es zu einem thrombotischen Verschluss zerebraler Venen oder Sinus kommt. Wir untersuchten in einer monozentrischen retrospektiven Kohortenstudie klinische Charakteristika, Risikofaktoren, Bildgebungsbefunde und die Prognose unserer Patienten über einen Zeitraum von 15 Jahren.
Methoden
Im Zeitraum von Januar 1998 bis März 2013 wurden alle Patienten, welche in der Neurologischen Klinik der Universität Heidelberg stationär aufgrund einer SVT behandelt wurden, systematisch erfasst. Neben den klinischen Befunden wurde als Skala zur Beurteilung des klinischen Schweregrades die modified Rankin Scale (mRS) verwendet. Zu drei Zeitpunkten erfolgte eine Follow-up-Visite. Bei der Auswertung der Prädiktoren für ein gutes neurologisches Outcome (mRS 0–2) und für die Mortalität bei Entlassung sowie beim Follow-up wurden Odds Ratios zur Verdeutlichung der Stärke der Assoziation berechnet. Signifikante Variablen in der univariaten Analyse wurden in einem logistischen Regressionsmodell auf ihre Unabhängigkeit überprüft.
Ergebnisse
Es konnten 143 Patienten in die Studie eingeschlossen werden. Das mediane Alter lag bei 43 Jahren (17–84, min–max) und 67,4 % der Patienten waren weiblich. Die häufigsten Symptome waren Kopfschmerzen (70,6 %), epileptische Anfälle (50,4 %) und Lähmungen (37,8 %). Der häufigste klinische Risikofaktor war die Einnahme einer oralen Kontrazeption (40,4 %). Die beiden häufigsten Lokalisationen der Thrombose waren der Sinus transversus mit Übergang in den Sinus sigmoideus (66,4 %) und der Sinus sagittalis superior (47,6 %). 42,7 % der Patienten hatten eine begleitende Hirnblutung und 12,6 % einen Stauungsinfarkt. In 9,5 % (10/105) der Fälle konnte eine pathologisch erniedrigte APC (aktiviertes Protein C) -Resistenz nachgewiesen werden und in 8,4 % (6/94) eine Prothrombinmutation. Alle Patienten wurden initial mit Heparinen behandelt und 88,7 % im Verlauf auf Phenprocoumon eingestellt. Die mediane Dauer der Antikoagulation lag bei 15,75 Monaten (1–121). 77,7 % der Patienten hatten bei Entlassung ein gutes Outcome (mRS 0–2) und die Mortalität während des stationären Aufenthaltes lag bei 4,7 %. Die mediane Dauer des Follow-ups von 108 Patienten lag bei 36 Monaten (3–132) und 74,1 % dieser Patienten erreichten ein gutes Outcome (mRS 0–2). 18,5 % der Patienten waren bis dahin verstorben. Unabhängige Prädiktoren für die Mortalität bei Entlassung waren ein hoher mRS bei Aufnahme (OR 2,2, 95 %-CI 1,03–4,7) und für Mortalität beim Follow-up das Vorhandensein eines Malignoms (OR 50,2, 6–423) und eine Hirnblutung bei Aufnahme 10,3 (1,7–62,6).
Diskussion
Unsere Ergebnisse orientieren sich eng an der bisher publizierten Datenlage zur SVT. Die wesentlichen klinischen Risikofaktoren für eine SVT waren das weibliche Geschlecht und die Einnahme oraler Kontrazeptiva. Ungefähr 75 % der Patienten hatten bei Entlassung und beim Follow-up nach durchschnittlich 3 Jahren ein gutes Outcome erreicht. Ein schlechter klinischer Zustand bei Aufnahme und das Vorhandensein einer Hirnblutung waren wesentliche Prädiktoren für die Sterblichkeit.