Im Rahmen des nichttraumatologischen Schockraummanagements zur Versorgung kritisch kranker Patienten werden akute Störungen der Vitalfunktionen rasch detektiert und behandelt. Beim „primary survey“ (Erstversorgung) dient das etablierte ABCDE-Schema der strukturierten Untersuchung aller relevanten Vitalparameter. Akute Störungen werden hierbei unmittelbar detektiert und therapiert. „C-Probleme“ stellen den größten Anteil der ABCDE-Störungen bei nichttraumatologischen Schockraumpatienten dar und zeichnen sich durch eine hämodynamische Instabilität infolge hypovolämischer, obstruktiver, distributiver oder kardiogener Schockformen aus. Abhängig von den lokalen Versorgungsstrukturen umfasst die nichttraumatologische Schockraumversorgung hierbei auch die Stabilisierung von Patienten mit akutem Koronarsyndrom oder nach prähospitaler Reanimation (Cardiac Arrest Center).
Hinweise
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Einführung
Im Rahmen einer Artikelserie zum ABCDE-Schema (A: „airway“, B: „breathing“, C: „circulation“, D: „disability“, E: „exposure/environment“) und des „primary survey“ (Erstversorgung) des Schockraummanagements kritisch kranker nichttraumatologischer Patienten soll nachfolgend das Vorgehen bei sogenannten „C-Problemen“ (hämodynamische Instabilität) dargestellt werden. Die Pathogenese ist komplex und systematisch können 4 Schockformen unterschieden werden: distributiv (z. B. Sepsis, Anaphylaxie, neurogen), hypovolämisch (z. B. Exsikkose, akute gastrointestinale oder intraabdominelle Blutung), kardiogen (z. B. mono-/biventrikuläres Pumpversagen, hämodynamisch instabile Brady‑/Tachykardie, akutes Koronarsyndrom, dekompensierte Herzinsuffizienz) und obstruktiv (z. B. Lungenarterienembolie; [1]). All diesen Schockformen gemein ist die Notwendigkeit einer strukturierten und zügigen Diagnostik mit Einleitung zunächst symptomatischer und im Verlauf kausaler Therapiemaßnahmen. Auffälligkeiten im Sinne eines C‑Problems müssen daher bei der Ersteinschätzung des Patienten strukturiert und systematisch erfasst und unmittelbar behoben werden, bevor die weitere Versorgung stattfindet [2].
Epidemiologie
Das Schockraummanagement bei nichttraumatologisch kritisch kranken Patienten dient am Übergang von Rettungsdienst und Krankenhaus der Ersteinschätzung und Stabilisierung aller kritisch kranken Patienten. Zur Häufigkeit von C‑Problemen liefern die OBSERvE-Studie [3] und die OBSERvE2-Studie [4] erstmals Versorgungsdaten aus dem Kontext einer universitären zentralen Notaufnahme und beschreiben jeweils bei 35 % der nichttraumatologischen Schockraumpatienten ein C‑Problem als das häufigste vorliegende ABCDE-Problem.
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Da je nach Versorgungsstruktur der behandelnden Klinik einige kardiozirkulatorische Notfälle vom Rettungsdienst direkt auf die Intensivstation oder in das Herzkatheterlabor verbracht werden und aktuell noch bundesweite Register fehlen, lassen sich derzeit keine weiteren Aussagen über die Inzidenz treffen. Durch die zunehmende Etablierung eines Schockraummanagements bei nichttraumatologisch kritisch kranken Patienten an zahlreichen Kliniken werden in den nächsten Jahren weitere Erkenntnisse zur Epidemiologie erwartet [5]. Aufgrund knapper Intensivkapazitäten und durch die zunehmende Etablierung eines nichttraumatologischen Schockraummanagements werden in Zukunft vermutlich deutlich mehr überwachungs- und intensivpflichtige Patienten in zentralen Notaufnahmen versorgt werden. Rund 10–30 % der kritisch kranken Patienten können zudem nach initialer Therapie im nichttraumatologischen Schockraum der Notaufnahme so weit stabilisiert werden, dass keine weitere Intensivtherapie erforderlich ist und somit auch Ressourcen der Intensivmedizin geschont werden [3, 4, 6].
Merke.
Die Inzidenz von C‑Problemen im nichttraumatologischen Schockraummanagement beträgt rund 35 %.
Anmeldung durch den Rettungsdienst
Insgesamt erscheint eine Voranmeldung durch den Rettungs- und Notarztdienst und damit die Schockraumalarmierung aufgrund von kritischen Vitalparametern (z. B. systolischer Blutdruck < 90 mm Hg, Sauerstoffsättigung < 90 %, GCS (Glasgow Coma Scale) < 15) unter Berücksichtigung von Leitsymptomen oder Störungen nach ABCDE sinnvoll [5]. Patienten mit einem akuten C‑Problem stellen sich gelegentlich auch fußläufig in der zentralen Notaufnahme vor. Hier ist eine unmittelbare und korrekte Ersteinschätzung (Triage) mit sofortiger Verbringung des Patienten in den Schockraum entscheidend. So muss im Einzelfall auch der fußläufige Patient mit einem ST-Strecken-Hebungs-Infarkt, einer instabilen Herzrhythmusstörung oder einer Lungenarterienembolie mit intermediärem bzw. hohem Risiko frühzeitig erkannt und einer adäquaten Versorgung innerhalb der Notaufnahme zugeführt werden. Die Erhebung der Vitalfunktionen und Anwendung geeigneter Scores (z. B. qSOFA [7]) im Rahmen des Triageprozesses ermöglichen eine zeitnahe Detektion kritisch kranker Patienten mit einem C‑Problem [8], auch wenn die Sensitivität insbesondere für die Sepsis gering ist [9].
Vorbereitung
Zum Standardequipment im Schockraum sollten grundsätzlich Notfallmedikamente zur initialen hämodynamischen Stabilisierung (z. B. Katecholamine, Volumentherapie), Gefäßzugänge (großlumige periphervenöse/zentralvenöse Katheter, intraossärer Zugang), ein Sonographiegerät sowie ein Defibrillator (inkl. transkutaner Schrittmacherfunktion) vorgehalten werden. Additiv sollte Material für einen transvenösen Schrittmacher, ein Perikardpunktionsset und ein automatisches externes Reanimationsgerät (z. B. prolongierte Reanimationsmaßnahmen, innerklinischer Transport unter Thoraxkompressionen) sinnvoll sein. Vorgaben zur Strukturqualität von Cardiac Arrest Centern sind in den Leitlinien abgebildet [10]. Besteht in der Klinik eine Endoskopiemöglichkeit, sollten Alarmierungswege und das standardisierte Vorgehen bei Notfallinterventionen (z. B. Endoskopie im Schockraum bei Ösophagusvarizenblutung oder instabilen gastrointestinalen Blutungen) etabliert sein [11].
Fallbeispiel
Der Notarzt meldet einen 56-jährigen Patienten im nichttraumatologischen Schockraum der Notaufnahme mit der Verdachtsdiagnose „Thoraxschmerz“ an. Am Einsatzort imponiert ein führendes C‑Problem mit Blässe, Kaltschweißigkeit, Hypotonie und diskreter Tachykardie. Bei typischer Schmerzsymptomatik (reißender Thoraxschmerz) wird der Verdacht auf eine Aortendissektion gestellt und der Patient im nächstgelegenen Maximalversorger angemeldet. Prähospital wurden zwei großlumige periphervenöse Zugänge etabliert und zudem eine Sauerstoffgabe initiiert. Im 12-Kanal-EKG wurde keine ischämietypische Endstreckenveränderung detektiert. Auf eine Antikoagulation wurde aufgrund der Verdachtsdiagnose zunächst verzichtet. Der zuständige Oberarzt der zentralen Notaufnahme initiiert die Alarmierung des nichttraumatologischen Schockraumteams mit der Verdachtsdiagnose C‑Problem bei Aortendissektion. Neben der Vorbereitung des üblichen Notfallmaterials werden die Dienstärzte der Kardiologie und der Herz‑/Thoraxchirurgie im Sinne des erweiterten Schockraumteams alarmiert und die CT-Diagnostik angemeldet.
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Übernahme und Untersuchung
In der sog. „5 second round“ wird noch vor der Umlagerung/Übergabe und vor dem Beginn des „primary survey“ ein orientierender Blick durch den Teamleiter mittels <c>ABCDE durchgeführt. Das vorangestellte „c“ (<critical bleeding>) ist zur Detektion massiver Blutungszeichen (z. B. gastrointestinale Blutung, Extrauteringravidität, gedeckt rupturiertes Aortenaneurysma) gedacht und wird beim traumatologischen Schockraum genutzt. Die Übergabe durch den Notarzt bzw. das Rettungsdienstfachpersonal erfolgt situationsbezogen, d. h. bei akuter Instabilität verkürzt oder auf einen Zeitpunkt nach initialer Stabilisierung des Patientenzustands verschoben. Dabei sind systematische Übergaben relevant für das Behandlungsergebnis und sollten routinemäßig eingesetzt werden [12]. Nachfolgend wird der „primary survey“ als Teamapproach inklusive klassischer Untersuchung nach dem ABCDE-Schema, Etablierung eines Monitorings und Entkleidung des Patienten durchgeführt [13].
Merke.
Akute lebensbedrohliche Störungen müssen im Sinne des Treat-first-what-kills-first-Konzepts unmittelbar behandelt werden.
„Primary survey“ – Schwerpunkt „C“
A und B werden gemäß bereits beschriebener Verfahren abgearbeitet und detektierte Pathologien unmittelbar behandelt [11, 13, 14]. Beim Übergang zum „C“ bietet sich zunächst die klinische Untersuchung, ergänzt um das apparative Monitoring an, um eine hämodynamische Instabilität zu erkennen und Therapiemaßnahmen einzuleiten. Bei stabilem Patientenzustand schließen sich dann „D“ („disability“, Neurologie) und „E“ („exposure/environment“: Entkleiden, körperliche Untersuchung) an [13].
Fallbeispiel – Fortsetzung
Vor Eintreffen des Patienten führt das Schockraumteam ein Team-Time-out durch, bereitet Material und Medikamente vor, bespricht das geplante Vorgehen und antizipiert mögliche Komplikationen. Beim Eintreffen des Rettungsdiensts erfolgt durch den Teamleiter zunächst eine kurze Ersteinschätzung („5 second round“), erst daraufhin findet die strukturierte Übergabe des Notarztes statt. Die Symptomatik beim 56-jährigen Patienten begann akut (O: „onset“), zeigte keinerlei Lageabhängigkeit (P : „provocation and palliation“), aber einen reißenden Schmerzcharakter (Q: „quality“) mit Ausstrahlung vom Thorax in das Abdomen (R: „radiation“) und einer initialen Schmerzstärke von NRS (Numerische Rating-Skala) 8/10, nun bei 2/10 (S: „severity“). Anamnestisch sei eine arterielle Hypertonie bekannt, die Hausmedikation beinhaltet Ramipril. Allergien bestünden nicht. Ein Nikotinabusus wird berichtet (20 „pack years“). Die prähospitale Therapie wurde mit vorsichtiger Volumengabe (250 ml balancierte Infusionslösung), einer Analgesie mit fraktioniert 5 mg Morphin i.v. durchgeführt. Auf eine Antikoagulation wurde bei Verdacht auf eine Aortendissektion bewusst verzichtet. Nach Umlagerung des Patienten erfolgen das Entkleiden und das Anlegen des Monitorings (Pulsoxymetrie [SpO2], 3‑Kanal-EKG, nichtinvasive Blutdruckmessung [NIBP], Temperatur), während der Teamleiter den „primary survey“ beginnt. Die Atemwege sind frei, der Patient verneint Dyspnoe, die Lunge ist auskultatorisch unauffällig, die Atemfrequenz mit 15 /min im Normbereich, die SpO2 bei 95 % unter Raumluft. Bei der Komplettierung des „primary survey“ wird dokumentiert: „Verlängerte Rekap-Zeit (4 s), periphere Pulse schwach palpabel, Herzfrequenz (HF) tachykard mit 110 /min, NIBP: 88/45 mm Hg. Im Seitenvergleich fällt eine Blutdruckdifferenz zwischen linkem (NIBP: 88/45 mm Hg) und rechtem Oberarm (NIBP: 112/65 mm Hg) auf. Angina pectoris wird aktuell verneint. D: GCS 15, 4‑fach orientiert, Pupillen isokor, kein Anhalt für ein fokal-neurologisches Defizit. E: Temperatur 36,2 °C, Haut feucht, keine Ödeme. Schmerzen aktuell NRS 0/10“. Die Sauerstoffgabe wird fortgeführt (4 l/min mittels Nasenbrille), Blutproben werden entnommen (Standardaufnahmelabor der Notaufnahme inkl. hs-Troponin, D‑Dimere, Blutgasanalyse, Kreuzblut). In der initialen transthorakalen Echokardiographie zeigt sich eine erhaltene linksventrikuläre Pumpfunktion, zudem eine mittelgradige Aortenklappeninsuffizienz und ein geringgradiger Perikarderguss. Die V. cava inferior imponiert atemkollaptisch. In der erweiterten, fokussierten abdominellen Sonographie (eFAST) zeigt sich kein Hinweis auf freie intraabdominelle Flüssigkeit, zudem liegt kein Pneumothorax vor. Der Teamleiter fasst im Rahmen eines 10 s-for-10 min-Team-Time-outs die Untersuchungsbefunde zusammen und konstatiert ein persistierendes C‑Problem bei V. a. Aortendissektion.
Symptomatik
Folgende Symptome weisen auf ein mögliches hämodynamisches Problem hin (C-Problem; [15, 16]):
Zeichen der Stauung: z. B. Ortho‑, Tachy‑, Dyspnoe, Rasselgeräusche, Halsvenenstauung, Knöchel- oder Beinödeme, Aszites, Anasarka, Stauungsleber (Hepatomegalie), Stauungsgastroenteropathie
Zeichen der peripheren Perfusionsstörung: z. B. kalte Extremitäten/Kaltschweißigkeit, Oligurie, Schwindel, Vigilanzminderung
Zyanose, Blässe
Kühle und feuchte Haut (diese Patienten haben oftmals eine schlechte Prognose)
Rekapillarisierungszeit („capillary refill time“ [CRT]) > 3 s am Fingernagelbett oder präpatellar
Pulsqualität: schwach bzw. nicht palpabler Radialispuls
Blutdruck: Hypotonie (systolisch < 90 mm Hg) bzw. Hypertonie (≥ 180 mm Hg systolisch und/oder ≥ 110 mm Hg diastolisch)
Innerhalb weniger Untersuchungsschritte können mit rein klinischem Aspekt und Untersuchung Aussagen über ein vorliegendes C‑Problem getroffen werden, bevor die apparative Diagnostik (NIBP, 12-Kanal-EKG, Pulsoxymetrie) wichtige Hinweise zum Patientenzustand ergänzt und die hämodynamische Instabilität bestätigt (Tab. 1).
Tab. 1
Vorgehen bei der Untersuchung der hämodynamischen Stabilität („circulation“, C‑Problem)
Inspektion
Hautkolorit
Rosig
Blässe, Zyanose
„Capillary refill time“ (CRT)
Fingerbeere, alternativ Thorax/Stirn
≤ 3 s
>3s, verlängert
Pulsstatus
Periphere Pulse (A. radialis) palpabel
Palpabel
Nicht sicher palpabel (nur zentrale Pulse palpabel)
Pulsqualität
Kräftig
Schwach, fadenförmig
Pulsfrequenz
Normfrequent, regelmäßig
Bradykard (<60/min)
Tachykard (>100/min)
Hautstatus
Hauttemperatur (z. B. Akren)
Warm
Kühl
Hautfeuchtigkeit
Trocken, normal feucht
Kaltschweißig
Hautturgor (Spannungszustand)
Normal
Vermindert (Exsikkose)
Gesteigert (Ödeme)
Schleimhäute (Zunge, Mundhöhle)
Feucht (z. B. Borkenbildung)
Trocken
Blutungszeichen
Aktive Blutungszeichen, z. B. gastrointestinal
Keine Blutungszeichen
Hämatemesis, Teerstuhl
Hämatochezie, peranaler Blutabgang
Traumata/offene Wunden mit aktiver Blutung
Weitere Parameter nach Etablierung des Standardmonitorings
SpO2
Pulsoxymetrie peripher
SpO2 > 92 % (adaptiert)*
SpO2<92%
Nichtinvasiver Blutdruck
(beidseits gemessen!)
NIBP Oberarm beidseits
Normotension
Hypotension (RR sys.<90mmHg)
Hypertension (RR sys.>160mmHg)
Rhythmus-EKG
Rhythmus?
Regelmäßig (Sinusrhythmus)
Unregelmäßig
Frequenz?
Normfrequent (60–100 /min)
Bradykardie (<60/min)
Tachykardie (>100/min)
Arrhythmien?
Keine
Extrasystolen (SVES, VES u.a.)
SVES supraventrikuläre Extrasystole, VES ventrikuläre Extrasystole
Merke.
Auch bei nichttraumatologischen Patienten muss bei persistierender hämodynamischer Instabilität an eine Blutungsproblematik („innere Blutung“) gedacht werden!
Weitere Symptome („E“ – körperliche Untersuchung) als Zeichen einer Blutungssymptomatik sind:
Hämatemesis (z. B. bei oberer gastrointestinaler Blutung)
Hämatochezie, peranaler Blutabgang (z. B. untere gastrointestinale Blutung)
Hypo- (< 36 °C) oder Hyperthermie (> 38 °C; Sepsis)
Weitere diagnostische Maßnahmen
Die Notfallsonographie hat in der Initialphase der Schockraumversorgung einen hohen Stellenwert, da sie wenig invasiv ist und rasche diagnostische Erkenntnisse liefert.
eFAST-Protokoll.
Im Rahmen der Extended-focussed-sonography-for-trauma-patients(eFAST)-Untersuchung erfolgt die Suche nach freier Flüssigkeit (Hinweis auf Aszites oder intraabdominelle Blutung), Pleuraerguss/Hämatothorax und einem Perikarderguss [17]. Ergänzend können die Atemvariabilität und der Diameter der V. cava inferior (VCI) eingeschätzt werden. Trotz Einschränkungen in der Aussagekraft weist eine kollaptische bzw. stark atemmodulierte VCI auf das Vorliegen einer Volumenreagibilität hin [5, 18, 19]. Zwei einfache Regeln zur Differenzierung der Hypovolämie/Hypervolämie können hier genutzt werden:
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VCI-Durchmesser < 10 mm = Volumenreagibilität wahrscheinlich
VCI-Durchmesser > 22 mm = Volumenreagibilität unwahrscheinlich
Eine ergänzende fokussierte transthorakale Echokardiographie (TTE) kann orientierend Aufschluss über ein kardiales Pumpversagen, relevante Klappenvitien, regionale Wandbewegungsstörungen oder Rechtsherzbelastungszeichen geben.
RUSH-Protokoll.
Eine Kombination aus dem FAST-Untersuchungsgang und einer orientierenden TTE stellt das Rapid-ultrasound-for-shock-and-hypotension(RUSH)-Protokoll [13] dar. In insgesamt neun Untersuchungsschritten werden die kardiale Pumpfunktion sowie wesentliche kardiale Pathologien erfasst, es wird nach Zeichen eines Pneumothorax gesucht, freie intraabdominelle Flüssigkeit dargestellt und die VCI sowie Pathologien der Aorta abdominalis beurteilt. Das RUSH-Protokoll erlaubt so in kurzer Zeit Rückschlüsse auf klinisch relevante Ursachen einer Hypotension und Schocksymptomatik [20].
Merke.
Mittels eFAST oder RUSH-Sonographie kann häufig unmittelbar eine Differenzierung zwischen Hypovolämie und anderen C‑Problemen erfolgen und so eine zielgerichtete Therapie eingeleitet werden.
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Eine radiologische Diagnostik (z. B. Röntgen Thorax, Computertomographie) schließt sich üblicherweise an die initiale Versorgung nach dem „primary survey“ und damit nach initialer Stabilisierung des Patienten an [13, 21].
Point-of-Care-Diagnostik
Die Blutgasanalyse ist in jeder zentralen Notaufnahme obligat. Der absolute Hämoglobinwert ist immer in Korrelation zum klinischen Zustand zu sehen.
Als Ausdruck einer Mikrozirkulationsstörung, Sauerstoffunterversorgung bei Hypoperfusion oder einer regionalen Ischämie ist hierbei insbesondere die Laktatkonzentration (> 2 mmol/l) bedeutsam und liefert diagnostisch und prognostisch wichtige Hinweise [22, 23]. So ist bei einer Sepsistherapie die Laktatdynamik ein wichtiger Verlaufsparameter. Bei zirkulatorischen Notfällen mit hämodynamischer Instabilität sind initiale hohe Laktatkonzentrationen zu erwarten [22‐24]. Dies ist allerdings keinesfalls spezifisch, da das Serumlaktat zahlreiche Pathologien widerspiegelt [22].
Allgemeine Maßnahmen bei hämodynamischer Instabilität
Zunächst wird jede Vitalfunktion und damit jeder Buchstabe des ABCDE-Schemas, ggf. parallelisiert, aber immer strukturiert, abgearbeitet und potenziell lebensbedrohliche Störungen nach dem Grundsatz „Treat first what kills first“ unmittelbar behoben.
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Merke.
Beseitige zuerst die Vitalbedrohung, diagnostiziere das Problem und therapiere dann die Ursache.
Wie in den vorangegangenen Publikationen zum A‑ und B‑Problem beschrieben, werden durch die Atemwegssicherung und Einleitung einer Sauerstofftherapie eine ausreichende Oxygenierung und Ventilation sichergestellt [13, 14, 25]. Dies ist insbesondere bei Blutungssituationen mit Anämie – auch wenn keine subjektive Dyspnoe als Zeichen einer respiratorischen Insuffizienz besteht – essenziell, um bis zur Notfalltransfusion eine ausreichende Oxygenierung zu gewährleisten [26].
Zur Stabilisierung hämodynamisch instabiler Patienten werden geeignete Zugangswege zum Gefäßsystem geschaffen und prähospital bereits etablierte Zugänge überprüft. Ziel ist es, durch geeignete Maßnahmen eine ausreichende Gewebsperfusion sowie eine Blutungskontrolle zu erreichen. Primär sind bis zum Abschluss des „primary survey“ mindestens 2 periphervenöse Zugänge (18 G) ausreichend, unter Berücksichtigung lokaler Protokolle können nachfolgend zentralvenöse Zugänge etabliert werden. Bei instabilen Patienten besteht vor dem Hintergrund unterschiedlicher Indikationen auch die Möglichkeit der intraossären Punktion und Infusion [27].
Insbesondere beim hypovolämischen und distributiven Schock sind eine regelmäßige Überprüfung des Volumenstatus und das Ansprechen auf die Volumentherapie essenziell, um die Therapie zu steuern oder aber auch alternative Diagnosen in Erwägung zu ziehen. Hier sollte engmaschig im Sinne eines Closed-loop-Verfahrens eine Reevaluation und Beurteilung folgender Punkte erfolgen:
Makrozirkulation (z. B. Abfall der Herzfrequenz, Anstieg des mittleren arteriellen Drucks)
Volumenreagibilität mittels Sonographie der VCI oder Passive-leg-raise(PLR)-Manöver [1, 7, 26, 28]; das PLR-Manöver ist bei Patienten mit erhöhtem Hirndruck (z. B. Schädel-Hirn-Trauma), Beinamputation oder Verletzungen der Wirbelsäule oder der unteren Extremitäten obsolet.
Mikrozirkulation: Beurteilung der Laktatdynamik
Zum Abschluss des „primary survey“ ist der Patientenzustand als hämodynamisch stabil oder instabil einzustufen, ggf. sind weitere Maßnahmen zu initiieren [1, 26, 29]:
Etablierung von Gefäßzugängen (z. B. periphere Verweilkanülen, zentralvenöse Zugang, ggf. intraossärer Zugang), ggf. sonographiegestützt (Abb. 1)
Beginn einer Volumensubstitution mit 20 ml/kgKG balancierter Infusionslösung
Abschätzung der Volumenreagibilität bzw. der Vorlastabhängigkeit (z. B. PLR, VCI-Diameter bzw. -Variabilität, „fluid challenge“)
Engmaschige Reevaluation des Patientenzustands (Vitalparameter, inkl. serielle Laktatmessungen)
Therapie erfassbarer Ursachen (z. B. Adrenalin beim anaphylaktischen Schock)
Früher Beginn einer Katecholamintherapie
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Katecholamintherapie.
Vor jeder medikamentösen kreislaufunterstützenden Therapie sollten, wie oben dargestellt, der Volumenstatus, der Perfusionsstatus und der kardiale Status (insbesondere die linksventrikuläre Pumpfunktion) erhoben werden. Aktuelle Daten sprechen dafür, dass eine frühe Vasopressortherapie (z. B. auch über einen peripheren Zugang als „push dose pressors“ mit 10 µg Norepinephrin i.v. als Bolus) in der Notaufnahme vorteilhaft ist. Je nach Schweregrad der Sepsis und Studiendesign variieren die Ergebnisse zwischen weniger benötigtem Volumen und/oder frühzeitigerer Schockkontrolle [30‐32]. Die Einleitung einer niedrig dosierten periphervenösen und kontinuierlichen Katecholamintherapie (z. B. Noradrenalinperfusor 1–5 mg/50 ml NaCl 0,9 %) scheint auch bei systematischer Betrachtung sicher zu sein [33‐35]. Bei > 14.000 Patienten mit intraoperativer peripherer Katecholaminapplikation fanden sich nur in 5 Fällen Extravasationen (0,035 %; [36]).
Blutungsmanagement.
Analog zur Traumaversorgung bei akuter Blutung müssen zunächst symptomatische Maßnahmen zum Ausgleich der Hypovolämie erfolgen. Neben der Anlage großlumiger Venenkatheter und der Volumentherapie muss im Sinne eines strukturierten Blutungsmanagements auch auf den Erhalt der Normothermie, eine frühe Azidosekorrektur und eine Normokalzämie geachtet werden. Im Falle einer Notfalltransfusion (nach lokalem Protokoll) sollte immer auch die Indikation zur Gabe von Tranexamsäure (frühzeitige Gabe von 1 g i.v. über 10 min, ggf. additiv 1 g über 8 h) evaluiert werden [29]. Entscheidend ist bei Blutungssituationen vor allem ein Closed-loop-Verfahren, um bei Nichtansprechen auf eine Volumentherapie oder Transfusion („Nonresponder“) eine interventionelle oder operative Versorgung zu forcieren.
Merke.
Unter Volumengabe sollte engmaschig eine Kontrolle der Volumenreagibilität bzw. der Vorlastabhängigkeit erfolgen, bei Nichtansprechen sollten weitere Differenzialdiagnosen abgeklärt werden.
Merke.
Initial erfolgt in der Regel eine symptomorientierte Therapie, die schnellstmöglich in eine kausale Therapie münden sollte.
Spezifische Diagnostik und Therapie
Nachfolgend werden häufige Entitäten aus dem Themenkreis der C‑Probleme mitsamt spezifischer Therapie beleuchtet (Abb. 2).
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Spannungspneumothorax.
Neben einem klassischen B‑Problem kann ein Spannungspneumothorax mit einer Schocksymptomatik bis hin zum Kreislaufstillstand imponieren. Bei der Symptomtrias „Dyspnoe, Tachypnoe und aufgehobenes Atemgeräusch“ in Kombination mit Thoraxschmerzen und einer hämodynamischen Instabilität muss an einen Spannungspneumothorax gedacht werden. Der Nachweis gelingt rasch mittels Lungensonographie. Eine Entlastungspunktion und/oder eine Minithorakotomie und Drainageanlage sind die therapeutischen Notfallinterventionen [37]. Nach Klärung der Ursache des Spannungspneumothorax erfolgt die fachspezifische Aufnahme, ggf. auf eine Intensivstation.
Exsikkose.
Trockene Haut und Schleimhäute, verminderter Hautturgor und Vigilanzminderung sowie anamnestische Hinweise (z. B. verminderte Flüssigkeitszufuhr, Volumenverluste durch Gastroenteritis, Fieber, Diuretika in der Hausmedikation) lassen eine Hypovolämie (Exsikkose) vermuten. Die Sonographie der VCI, die Messung der Laktatkonzentration und des Hämatokrits können weitere Hinweise zur Diagnosesicherung liefern. Therapeutisch stehen zunächst die an Komorbiditäten angepasste Volumentherapie mit balancierter kristalloider Infusionslösung und eine regelmäßige Reevaluation im Vordergrund [1].
Sepsis und septischer Schock.
Die beiden schwersten Formen einer systemischen Infektion sind mit einer hohen Letalität assoziiert [7]. Zur Frühdetektion kritisch kranker Patienten können die qSOFA-Kriterien (Atemfrequenz ≥ 22 /min, Glasgow Coma Score < 15, systolischer Blutdruck ≤ 100 mm Hg), ggf. in Kombination mit anderen Risikoscores, angewendet werden. Neben der Früherkennung spielen eine ausführliche körperliche Untersuchung zur Detektion des Sepsisfokus, die Asservierung von Blutkulturen und Abnahme von inflammatorischen Biomarkern (Differenzialblutbild, C‑reaktives Protein, Prokalzitonin, ggf. Interleukin-6) und die Volumengabe mit mindestens 30 ml/kgKG balancierter kristalloider Infusionslösung in den ersten 3 h eine wesentliche Rolle [1, 7, 26]. Hierbei muss aber berücksichtigt werden, dass die Vorgabe einer Infusionstherapie von 30 ml/kgKG auch Nebenwirkungen (z. B. pulmonale Komplikationen) haben kann. Alternativ scheint die Gabe von niedrig dosierten periphervenös applizierten Katecholaminen sinnvoll und erfolgreich zu sein [30‐32].
Checklisten können helfen, das „1-hour sepsis bundle“ der Surviving Sepsis Campaign standardisiert und strukturiert umzusetzen [7, 38]:
Laktatmessung (und erneute Messung, wenn > 2 mmol/l)
Abnahme von Blutkulturen vor Antibiotikagabe
Gabe eines Breitspektrumantibiotikums innerhalb von 60 min
Rasche Volumensubstitution mit 30 ml/kgKG kristalloider Lösung bei Hypotension oder einem Laktat ≥ 4 mmol/l
Gabe von Vasopressoren, wenn Hypotension während oder nach der Gabe von Kristalloiden weiterbesteht, um einen mittleren arteriellen Druck von ≥ 65 mm Hg zu erreichen
Fokusidentifikation und Sanierung
Merke.
Die Gewinnung von mikrobiologischem Untersuchungsmaterial darf die Einleitung einer antibiotischen Therapie nicht verzögern.
Anaphylaktischer Schock.
Bei der Anaphylaxie als akut systemisch verlaufender Immunreaktion können potenziell alle Vitalfunktionen des ABCDE betroffen und insbesondere Atemwegsverlegungen (z. B. Stridor, Schwellung im Bereich der oberen Atemwege) oder eine pulmonale Symptomatik (z. B. Dyspnoe, Bronchospasmus) führend sein. Eine Anaphylaxie kann aber auch Hypotension und Brady‑/Tachykardie und damit eine hämodynamische Instabilität hervorrufen. Wegweisend sind oft eine entsprechende Anamnese und begleitende Urtikaria. Die sofortige intramuskuläre (ggf. intravenöse) Adrenalingabe sollte bereits bei beginnender zirkulatorischer Symptomatik mit Hypotonie und Tachykardie (also ab Stadium II) erfolgen [38, 39]. Weiterhin sind die Sauerstoffgabe (bis hin zur invasiven Atemwegssicherung), ggf. eine antiobstruktive Therapie, Kortikoidgabe und eine Volumensubstitution empfohlen [38, 39]. Eine weitere Monitorüberwachung des Patienten bis zum Abklingen der Symptome ist obligat, da ein Risiko auf einen biphasischen Verlauf in 5–20 % besteht [39].
Akute Thoraxschmerzen mit hämodynamischer Instabilität/kardiogener Schock.
Patienten mit akutem Thoraxschmerz und hämodynamischer Instabilität sind eine relevante Entität. Neben der initialen Stabilisierung ist insbesondere die rasche Differenzierung der als „Big Five“ bekannten Hauptentitäten des akuten Thoraxschmerzes relevant [40]: Akutes Koronarsyndrom, Lungenarterienembolie, Aortendissektion, Pneumothorax und Ösophagusruptur (Boerhaave-Syndrom). Patienten mit akutem Koronarsyndrom sollten rasch abgeklärt und ggf. einer perkutanen Koronarintervention zugeführt werden [41, 42]. Der Patient mit einem ST-Strecken-Hebungs-Infarkt (STEMI) sollte innerhalb eines Zeitfensters von 90 bis 120 min angiographiert und ggf. einer Intervention unterzogen werden. Der Zeitpunkt im Falle eines Nicht-STEMI (NSTEMI) richtet sich dagegen nach dem Risiko für ischämische Komplikationen. Nur im Ausnahmefall ist hier eine initiale Schockraumversorgung notwendig (z. B. regionale Protokolle, fehlende bzw. verzögerte Interventionsmöglichkeiten). Unter dem Begriff kardiogener Schock werden unterschiedliche Entitäten zusammengefasst, bei denen aufgrund verschiedener Pathomechanismen ein Pumpversagen des Herzens mit konsekutivem Abfall des Herzzeitvolumens resultiert. Dies kann das Myokard selbst betreffen (z. B. myokardiale Ischämie, Myokarditis, Kardiomyopathien), mechanische Ursachen haben (z. B. dekompensierte Klappenvitien, fulminante Lungenarterienembolie, Perikardtamponade) oder rhythmogen (z. B. Tachyarrhythmien) bedingt sein. In ungefähr 75 % der Fälle wird der kardiogene Schock durch einen Myokardinfarkt verursacht (sog. infarktbedingter kardiogener Schock). Der kardiogene Schock ist definiert als persistente Hypotonie (systolischer Blutdruck < 90 mm Hg über eine Zeitphase von ≥ 30 min) trotz adäquatem Füllstatus mit klinischen Zeichen einer Endorganhypoperfusion oder systolischer Blutdruck > 90 mm Hg unter Herz-Kreislauf-Unterstützung.
Bei V. a. einen kardiogenen Schock sind umgehend folgende ergänzende Maßnahmen indiziert [43, 44]:
12-Kanal-EKG (ggf. mit erweiterten links- und rechtsthorakalen Ableitungen), mit Befundung innerhalb von 10 min
Fokussierte transthorakale Echokardiographie, inklusive Sonographie der VCI und Lungensonographie
Beginn einer Volumen- und/oder Katecholamintherapie (Dobutamin als Inotropikum und/oder Noradrenalin als Vasopressor der ersten Wahl) zur Kreislaufstabilisierung und Organperfusion
Bestimmung von hs-Troponin, ggf. von BNP („B-type natriuretic peptide“) oder NT-proBNP („N-terminal pro-B-type natriuretic peptide“) bei zusätzlicher Dyspnoesymptomatik
Kausale Therapie erfassbarer Ursachen (z. B. Reperfusionstherapie bei akuter myokardialer Ischämie [45], Perikardiozentese bei Tamponade)
Ggf. Initiierung einer mechanischen Herzkreislaufunterstützung (z. B. ECLS[„extracorporal life support“]-Therapie)
Reanimationssituation.
Abhängig von der jeweiligen Klinikstruktur werden auch Patienten unter fortlaufender Reanimation oder nach erfolgreicher Reanimation im Schockraum der Notaufnahme aufgenommen. Entsprechend lokalen Protokollen und orientiert an den Empfehlungen zur Postreanimationstherapie [46] ist hier eine strukturierte, interdisziplinäre Versorgung mit Stabilisierung und Diagnostik des reanimierten Patienten vor Weiterverlegung auf die Intensivstation entscheidend. Neben der Restitution und Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen sind die EKG-Diagnostik, Ultraschalluntersuchung und ggf. Computertomographie weitere Säulen der initialen Versorgung. Wie in den OBSERvE-Studien [3, 4] aufgeschlüsselt, ist rund die Hälfte aller zugrunde liegenden Reanimationsursachen nicht kardiogen bedingt. Die zugrunde liegenden Ursachen und mögliche Komplikationen der Reanimationsmaßnahmen müssen im Schockraum erkannt und einer entsprechenden kausalen Therapie zugeführt werden [38, 47]. Für Patienten mit prähospitalem Herz-Kreislauf-Stillstand ohne infarktspezifische Zeichen sind daher Diagnostik- und Behandlungsalgorithmen für den nichttraumatologischen Schockraum zu entwickeln, während Patienten mit einer klar identifizierbaren Myokardischämie (STEMI) unmittelbar der Katheterintervention zugeführt werden [47]. Durch die Etablierung sog. „Cardiac Arrest Center“ zeigt sich hier eine zunehmende Versorgungsspezialisierung von reanimierten Patienten [10].
Fulminante Lungenarterienembolie.
Neben klassischen Symptomen (z. B. Dyspnoe, Tachypnoe, Husten, Hämoptysen) sind Thoraxschmerz, Tachykardie und Schocksymptomatik häufige Symptome einer hämodynamisch relevanten Lungenarterienembolie. Eine Blutgasanalyse kann eine Hypoxämie und Hypokapnie zeigen. Neben der fokussierten TTE (z. B. rechtsventrikuläre [RV] Dilatation, „D sign“, „early systolic notching“) und Laborparametern (insbesondere Troponin oder NT-proBNP) stellt die Mehrschicht-CT-Pulmonalisangiographie den Goldstandard dar [42]. D‑Dimere sind aufgrund der hohen Prätestwahrscheinlichkeit bei Patienten im Schock nicht indiziert. Im Falle einer deutlichen RV-Dysfunktion kann bei Schocksymptomatik und fehlenden CT-Kapazitäten eine systemische Fibrinolysetherapie eingeleitet werden. Auch in Reanimationssituationen bei anamnestischem oder klinischem Verdacht auf eine zugrunde liegende Lungenembolie kann eine Fibrinolyse mit nachfolgender mindestens 60- bis 90 minütiger prolongierter Reanimation erwogen werden [48].
Aortendissektion.
Das klinisch stark variierende Bild einer Aortendissektion führt nicht selten zu Fehlinterpretationen. Klinische Manifestationen sind Schmerzereignisse (Thoraxschmerzen mit initial reißendem Schmerzcharakter und „Wanderung“ nach abdominell), Synkopen, neurologische Symptome (Zeichen eines Schlaganfalls, epileptischer Anfall bei Beteiligung der A. carotis). Aber es gibt auch subklinische Verläufe. Hinweise sind eine Puls- und Blutdruckdifferenz zwischen den beiden oberen Extremitäten. Daher sollte die nichtinvasive Messung bei Aufnahme im Schockraum obligat beidseits erfolgen. Negative D‑Dimere schließen eine Dissektion mit hoher Wahrscheinlichkeit aus [49]. Wenn im Rahmen der Dissektion zusätzlich eine mesenteriale Ischämie vorliegt, kann eine erhöhte Laktatkonzentration vorliegen. In der TTE finden sich womöglich ein Perikarderguss, eine Aortenklappeninsuffizienz, eine Dissektionsmembran (Intima-Flap) und/oder eine globale/regionale Einschränkung der Pumpfunktion im Falle einer Mitbeteiligung einer Koronararterie als Hinweise auf eine Typ-A-Aortendissektion. Goldstandard der Diagnostik ist die Computertomographie [50, 51]. Eine Möglichkeit der Risikostratifizierung bietet der Rogers-Score bei V. a. Aortendissektion [51]. Therapeutische Intervention ist die sofortige operative Versorgung, insbesondere bei ausgeprägter hämodynamischer Instabilität [50].
Symptomatische Bradykardie.
Eine Bradykardie kann je nach klinischer Ausprägung zu einem relevanten Abfall des Herzzeitvolumens führen. Insbesondere höhergradige AV-Blockierungen bergen das Risiko, im Verlauf in eine Asystolie oder einen langsamen Kammerersatzrhythmus überzugehen. Therapeutisch sehen die Leitlinien einen möglichen Therapieversuch mit Atropin (0,5 bis max. 3 mg i.v.) vor allem bei Sinusbradykardien vor. Insbesondere bei höhergradigen AV-Blockierungen sollte niedrig dosiertes Adrenalin i.v. appliziert werden (0,1–0,5 µg/min pro kg), um einen positiv chronotropen Effekt und damit eine klinische Stabilisierung zu erzielen. Eine transkutane Schrittmachertherapie unter Analgosedierung stellt hier überbrückend das Mittel der Wahl dar, sollte eine medikamentöse Therapie initial nicht ausreichend sein [52]. Eine prähospital eingeleitete transkutane Schrittmachertherapie sollte bei Übernahme im Schockraum lückenlos fortgeführt werden. Im Rahmen des nichttraumatologischen Schockraummanagements kann im Einzelfall die Anlage eines transvenösen Schrittmachersystems sinnvoll sein, um den Patienten vor Verlegung auf eine Intensivstation zu stabilisieren.
Symptomatische Tachykardie.
Bei einer symptomatischen, neu aufgetretenen Tachykardie sollte zunächst eine reversible Ursache ausgeschlossen werden. Zur detaillierten diagnostischen Differenzierung sollte idealerweise ein 12-Kanal-EKG unter der Tachykardie abgeleitet werden. Kriterien einer hämodynamischen Instabilität sind Schock (systolischer Blutdruck < 90 mm Hg), Synkope (Vigilanzminderung), myokardiale Ischämie (inkl. Angina pectoris) und tachysystolische Herzinsuffizienz (± Lungenödem). Eine medikamentöse Therapie ist bei instabilem Patientenzustand obsolet und unabhängig von der Entität der Tachykardie sollte eine rasche Elektrotherapie (Kardioversion bei Schmal‑/Breitkomplextachykardien oder Defibrillation bei Kammerflimmern) unter Reanimationsbereitschaft durchgeführt werden [52]. Bei stabilem Zustand, insbesondere bei wachen Patienten mit adäquater Hämodynamik, ist neben einer symptomatischen Therapie (z. B. Elektrolytsubstitution) oftmals eine antiarrhythmische Therapie indiziert, die sich nun nach der Entität der tachykarden Rhythmusstörung richtet. Bei regelmäßigen Schmalkomplextachykardien werden primär vagale Manöver (Valsalva-Pressversuch) empfohlen. Sollten vagale Manöver fehlschlagen, ist die Gabe von Adenosin (6–18 mg i.v.-Bolus) indiziert. Bei tachykardem Vorhofflimmern sollte zunächst eine Frequenzkontrolle mit z. B. Metoprolol erfolgen. Eine Amiodarontherapie ist bei stabiler Breitkomplextachykardie eine mögliche Therapieoption [52].
Gastrointestinale Blutung.
Akute gastrointestinale Blutungen können mit Hämatinerbrechen, Teerstuhl oder peranalem Blutabgang und bei hämodynamischer Relevanz mit Schocksymptomatik einhergehen. Neben der symptomatischen Therapie wie der Volumensubstitution, Notfalltransfusion und Gerinnungsoptimierung stehen die Gabe von Protonenpumpeninhibitoren und ggf. die zeitnahe Notfallendoskopie als kausale Therapieansätze im Vordergrund. Hier ist nach initialer Stabilisierung und im Einzelfall die Endoskopie noch im Schockraum angezeigt. Insbesondere bei der Ösophagusvarizenblutung sollte auch die Gabe von Terlipressin i.v. (1–2 mg als Bolus) erfolgen [11]. Im Falle einer aktiven Blutungssituation (z. B. Zeichen einer gastrointestinalen Blutung) mit hämodynamischer Instabilität sollten eine Point-of-Care-INR-Bestimmung und ggf. Substitution von Gerinnungsfaktoren oder -konzentraten und die Therapie erfassbarer Ursachen (z. B. Initiierung einer Notfallendoskopie) erfolgen.
Akutes Abdomen mit hämodynamischer Instabilität.
Eine Vielzahl intraabdomineller Blutungsursachen kann eine ausgeprägte Schocksymptomatik entwickeln (z. B. gedeckt-rupturiertes infrarenales Aortenaneurysma, eine atraumatische Milzruptur, Extrauteringravidität). Zudem können auch Hohlorganperforationen (z. B. Ulkusperforation, Tubenruptur) oder ein Ileus zu einer Sepsis und Peritonitis mit Schocksymptomatik führen. Die vielfältige Genese von Schockzuständen mit einem abdominellen Fokus macht neben der initialen Notfallsonographie meist eine notfallmäßige Computertomographie notwendig. Aufgrund der Bandbreite der Differenzialdiagnosen ist trotz Bildgebung dennoch eine reibungslose interdisziplinäre Zusammenarbeit (z. B. Gastroenterologie, Allgemeinchirurgie, Gefäßchirurgie, Gynäkologie) unter Leitung eines Notfallmediziners essenziell, um den Patienten schnellstmöglich der geeigneten Diagnostik und Intervention zuzuführen. In der klinischen Versorgung kann es erforderlich sein, bestimmte Fachdisziplinen dann gezielt mit hinzuzuziehen, wenn diese entweder für eine zeitnahe Weiterversorgung außerhalb der Notaufnahme erforderlich oder bestimmte Kompetenzen im Schockraum nicht bei den Notfallmedizinern vorhanden sind. Dies verdeutlicht eine indikationsbezogene und gezielte Hinzunahme einzelner Fachdisziplinen und nicht die pauschale Alarmierung aller Fachlichkeiten bei Vorliegen eines C‑Problems.
Merke.
Initial erfolgt in der Regel eine symptomorientierte Therapie, die schnellstmöglich in eine kausale Therapie münden sollte.
Fallbeispiel – Fortsetzung
Mit dem Abschluss des „primary survey“ wird der Patient nach Anlage von zwei peripheren Verweilkanülen (16 G und 18 G) sowie der Anlage einer arteriellen Kanüle (A. radialis rechts) und der Gabe von 250 ml balancierter Infusionslösung in stabilem Zustand der Computertomographie zugeführt, die sich unmittelbar in der Nähe der Schockräume befindet. Nach Kontrastmittelgabe zeigt sich bei Darstellung der Aorta eine ausgedehnte Dissektion (Typ Stanford A) mit Beteiligung der supraaortalen Gefäße. Die Präsentation der Befunde erfolgt interdisziplinär an das gesamte Team inklusive der anwesenden Herz‑/Thoraxchirurgie. Der Patient wird unmittelbar für die Operation vorbereitet und dem Anästhesieteam übergeben.
„Secondary survey“
Während die initiale Versorgung im Rahmen des „primary survey“ auf die Stabilisierung der Vitalfunktionen ausgerichtet ist, stehen beim „secondary survey“ die weitergehende Diagnostik und spezifische Therapie im Vordergrund [13]. Da bei C‑Problemen eine Vielzahl an Ursachen möglich ist, variieren hier die möglichen diagnostischen und therapeutischen Schritte. Im Vordergrund stehen folgende Maßnahmen:
Erhebung der Vitalfunktionen und ggf. Instrumentierung (venöse und arterielle Gefäßzugänge)
12-Kanal-EKG
Sonographie des Abdomens und Thorax
Ausführliche TTE oder TEE (Transösophageale Echokardiographie)
Kontrastmittelgestützte Computertomographie des Thorax und Abdomens
Erweiterte Labordiagnostik
Anlage eines transurethralen Dauerkatheters (z. B. Bilanzierung, Urinstatus)
Mikrobiologisches Sampling bei Sepsis (z. B. erneute Blutkulturen, Trachealsekret, Urinkultur)
Temperaturmanagement bzw. Wärmeerhalt
Im Verlauf sollte nach Abschluss des „secondary survey“ ein Team-Time-out („10 s for 10 min“) erfolgen, um alle Teammitglieder auf denselben Stand zu bringen und die bisherigen Untersuchungsbefunde, Diagnosen und bereits durchgeführten Maßnahmen zusammenzufassen. Hierbei sollte reevaluiert werden, ob sich der Patient durch die bereits getroffenen Maßnahmen stabilisiert hat („stabil“ vs. „instabil“). Definierte, der Situation angepasste Zielwerte können hier hilfreich sein. Zudem ist bei allen Notfallpatienten auch die Anamneseerhebung inklusive der Vormedikation und Allergien essenziell. Hier bietet sich das SAMPLER-Schema an, mit dem strukturiert die aktuellen Symptome (S), Allergien (A), Medikation (M), Vorerkrankungen („Past medical history“), Nüchternheit (Letzte Mahlzeit), vorangegangene Ereignisse (E) und Risikofaktoren (R) erfasst werden.
Merke.
Eine ständige Reevaluation insbesondere der Hämodynamik ist wichtig, um eine Stabilisierung unter der laufenden Therapie bewerten zu können.
Fazit für die Praxis
C‑Probleme stellen mit einem Drittel den größten Anteil der Leitsymptome im Rahmen des nichttraumatologischen Schockraummanagements dar.
Ein strukturiertes und entschlossenes Vorgehen („Treat first what kills first“) ist bei allen kritischen Patienten erforderlich, um schwerwiegende Komplikationen zu vermeiden.
Die Notfallsonographie stellt eine diagnostische Schlüsselintervention dar, wesentliche Ursachen der Schocksymptomatik lassen sich hiermit differenzieren und wichtige Therapieschritte ableiten.
Volumen- und Katecholamintherapie sind bei Notfällen mit C‑Problemen wichtige therapeutische Maßnahmen.
Ein fachübergreifendes interdisziplinäres Vorgehen (Notfallmedizin, Kardiologie, Gastroenterologie, Allgemein- und Viszeralchirurgie, Gefäßchirurgie, Herz‑/Thoraxchirurgie, Gynäkologie, Urologie, Anästhesie) unter Leitung eines Notfallmediziners ist bei C‑Problemen essenziell, um den Schockraumpatienten adäquat zu versorgen.
Danksagung
Die Autoren danken Herrn Andreas Bauer (Makroskopische und Klinische Anatomie, Medizinische Universität Graz, Österreich) für die Erstellung der Illustration in Abb. 1.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
M. Michael, B. Kumle, M. Pin, G. Michels, N. Hammer, P. Kümpers und M. Bernhard geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts, über die Patienten zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/oder ihren gesetzlichen Vertretern eine schriftliche Einwilligung vor.
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