Erschienen in:
01.12.2003 | Trends und Medizinökonomie
Vorhersage von Übelkeit und Erbrechen in der postoperativen Phase durch ein künstliches neuronales Netz
verfasst von:
M. Traeger, A. Eberhart, G. Geldner, A. M. Morin, C. Putzke, H. Wulf, PD Dr. L. H. J. Eberhart
Erschienen in:
Die Anaesthesiologie
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Ausgabe 12/2003
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Zusammenfassung
Fragestellung
Übelkeit und Erbrechen in der postoperativen Phase (PONV) sind nach wie vor häufige und subjektiv sehr unangenehme Nebenwirkungen einer Narkose. Dennoch sollte eine antiemetische Prophylaxe nur bei Risikopatienten durchgeführt werden, die durch entsprechende Vorhersagemodelle identifiziert werden müssen. Alle traditionellen Risikoscores basieren auf den Ergebnissen logistischer Regressionsanalysen. Alternativ kann aber auch ein künstliches neuronales Netz (KNN) für solche Vorhersagen eingesetzt werden, mit dem sich komplexe und nichtlineare Zusammenhänge gut modellieren lassen. Es wird die Entwicklung eines solchen KNN zur PONV-Vorhersage vorgestellt und dessen Prognosegenauigkeit mit der zweier vereinfachter Risikomodelle (Apfel- und Koivuranta-Score) verglichen.
Methodik
Grundlage für die Entwicklung des KNN waren die Daten von 1.764 Patienten, die sich einer elektiven Operation in balancierter Allgemeinanästhesie unterzogen hatten. Das Training der KNN erfolgte an 1.364 Datensätzen, mit weiteren 400 wurde es überwacht. Das KNN mit der besten Vorhersagegenauigkeit wurde im nächsten Schritt mit den etablierten Risikomodellen an weiteren 400 externen Patientendaten verglichen. Bewertet wurden Diskrimination (gemessen anhand der Fläche unter einer Receiver-operating-characteristic-Kurve) und Kalibration (gemessen anhand der Ausgleichsgerade einer gewichteten linearen Korrelation zwischen vorhergesagter und tatsächlicher PONV-Inzidenz) sowie die praktische Anwendbarkeit.
Ergebnisse
Die Diskriminationsfähigkeit des KNN war mit 0,74 (95%-Konfidenzintervall: 0,70–0,78) signifikant besser (p<0,0001) als beim vereinfachten Score von Apfel (0,66; 95%-KI: 0,61–0,71) oder Koivuranta (0,69; 95%-KI: 0,65–0,74). Die Übereinstimmung zwischen der vorhergesagten und der tatsächlichen PONV-Inzidenz war beim KNN ebenfalls am besten. Die Ausgleichsgerade des KNN kam den Anforderungen an einen idealen Verlauf (y=1,0x+0) sehr nahe (KNN: y=1,11x+0; Apfel: y=0,71x+1; Koivuranta: 0,86x−5).
Schlussfolgerung
Die Verbesserung der PONV-Prognose durch das KNN ist klinisch relevant. Dennoch überwiegen die praktischen Nachteile eines solchen Systems, das nicht ohne Rechnerunterstützung angewandt werden kann. Wegen der einfachen Handhabung in der klinischen Praxis empfehlen wir weiterhin die Anwendung eines der beiden vereinfachten Vorhersagemodelle.