03.11.2021 | Bewegungstherapie | Physiotherapie
Laktatveränderungen während der Mobilisation internistischer IntensivpatientInnen
Eine retrospektive Beobachtungsstudie
verfasst von:
Stefan Nessizius, Laura Oelinger, B.Sc., Univ.-Prof. Dr. med. Erich Mur, Univ.-Prof. Dr. Michael Joannidis
Erschienen in:
Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin
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Ausgabe 1/2022
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Zusammenfassung
Hintergrund
Für IntensivpatientInnen ist die Rückkehr ins gewohnte Leben meist ein langer und anstrengender Weg. Neben der Schwere der Grunderkrankung beeinflussen etwaige Komorbiditäten, das Sedierungs- und Schmerzmanagement sowie diverse Medikamente und die Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation den Verlauf der Frührehabilitation und damit das funktionelle Outcome. Insbesondere IntensivpatientInnen sind während der Mobilisation extremen Belastungen ausgesetzt und kommen dabei an ihre kardiopulmonale Belastungsgrenze. Um derartige Limits zu erfassen, wird in der Leistungsdiagnostik bei SportlerInnen die Laktatmessung eingesetzt.
Methodik
Im Rahmen einer retrospektiven Untersuchung wurden bei 20 IntensivpatientInnen, die bis zu ihrer subjektiven maximalen Belastbarkeit im Rahmen der Physiotherapie mobilisiert wurden (Querbettsitz [n = 6], Stehen [n = 12] bzw. Gehen [n = 2]), mittels routinemäßiger arterieller Blutgasanalyse die Laktatwerte erhoben. Die Werte wurden bezüglich eines Zusammenhangs zwischen der subjektiv empfundenen Belastungsänderung (Borg-Category-Ratio-10[CR10]-Skala) und den Veränderungen der Laktatmessungen untersucht.
Ergebnisse
Sowohl auf der Borg-Skala als auch bei den Laktatmessungen kam es zu Veränderungen im Sinne einer Belastungssteigerung. Die subjektiv empfundene Anstrengung während der Mobilisation erhöhte sich im Mittel um 4,85 Punkte (p = 0,13; 95 %-Konfidenzintervall [KI] 4,58–5,12). Eine signifikante mittlere Zunahme des Laktats um 10,8 mg/dl (p < 0,001; 95 %-KI 9,73–11,87) wurde festgestellt. Es zeigte sich kein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen den belastungsinduzierten Veränderungen der Borg-Werte und der Entwicklung der Laktatwerte (Pearson-Korrelation: r = 0,123).
Schlussfolgerung
Bei allen 20 in die Untersuchung einbezogenen IntensivpatientInnen konnten eine subjektive Belastungssteigerung auf der Borg-CR10-Skala und eine signifikante Steigerung des Laktats nach der Mobilisation festgestellt werden. Durch die Mobilisation konnte eine effiziente Belastung im Sinne einer trainingserwünschten Superkompensation erreicht werden. Die Korrelationstendenz zwischen den Veränderungen auf der Borg-CR10-Skala und den Laktatwerten kann als Hinweis dafür gewertet werden, dass die Entwicklung der Laktatwerte bei IntensivpatientInnen zur Vermeidung einer Überbelastung in der Frührehabilitation eingesetzt werden könnte.