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21.03.2019 | DGP 2019 | Redaktionstipp | Nachrichten

Schlafassoziierte Atemstörungen

Der Schlaf kann Freund oder Feind des Gehirns sein

verfasst von: Dr. med. Peter Stiefelhagen

Schlafassoziierte Atemstörungen und Gehirn beeinflussen sich wechselseitig. So ist eine Reihe von neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen häufig mit schlafbezogenen Atmungsstörungen assoziiert. Doch was ist Henne und was ist Ei?

„Zwischen Gehirn und Schlaf bestehen sehr enge Verbindungen“, erläuterte Professor  Robert Göder von der psychiatrischen Universitätsklinik in Kiel. Ein gesunder Schlaf sei wichtig für die Kognition, Emotionen, den Metabolismus und das Immunsystem. 

OSAS bei zentralnervösen Erkrankungen

Unbestritten erhöht ein unbehandeltes obstruktives Schlaf-Apnoe-Syndrom (OSAS) das Risiko für einen Schlaganfall deutlich, nämlich um das 2,2-fache. Der entscheidende pathophysiologische  Faktor dürfte die Sympathikusaktivierung mit konsekutiver arterieller Hypertonie sein. Für diese kausale Verknüpfung spricht auch, dass eine CPAP-Behandlung das Schlaganfallrisiko senkt. Auch bei Patienten mit einer Epilepsie findet sich in ca. 10 Prozent ein OSAS. Trigger dürften die Hypoxämie, Schlafentzug und –fragmentierung sein. „Eine  CPAP-Therapie verbessert die Anfallskontrolle“, so Göder. In einer klinischen Studie wurde die Anfallshäufigkeit durch CPAP bei 74 Prozent der Patienten um 50 Prozent gesenkt, ohne diese Therapie nur bei 14 Prozent. 

Auch bei Parkinson-Patienten findet sich häufig ein OSAS. Die Prävalenz beträgt 60 Prozent. Die Inzidenz des Morbus Parkinson liegt bei Patienten mit einem OSAS  bei 2,3 pro 1000 Personenjahre, im Vergleich zu nur 1,7  bei Patienten ohne OSAS. Man muss also annehmen, dass ein OSAS die Manifestation eines Morbus Parkinson fördert, und zwar über eine hypoxämische Zellschädigung. Doch Behandlungsstudien liegen nicht vor, so dass die Frage „Was ist Henne und was ist Ei?“ nicht abschließend beantwortet werden kann. Auch morgendliche Kopfschmerzen treten bei Patienten mit einem OSAS signifikant häufiger auf. Doch die Effekte einer CPAP-Behandlung sind bei diesem Symptom nicht konsistent. In einer Populations-basierten Studie konnte eine Assoziation mit Migräne oder Spannungskopfschmerz nicht nachgewiesen werden. Was die Entstehung einer Demenz betrifft, so ist dieses Risiko bei einem OSAS um 26 Prozent erhöht. 

Auch ein Zusammenhang mit psychiatrischen Erkrankungen

Die Gedächtniskonsolidierung erfordert einen erholsamen Schlaf. So verbessert -Tiefschlaf die Leistung im deklarativen Gedächtnis, viel REM-Schlaf die Leistung im prozeduralen Gedächtnis. Bei einem OSAS sind vor allem das deklarative und motorische Gedächtnis gestört. Doch kann CPAP kognitive Defizite verhindern oder aufhalten? „In einer Studie bei OSAS-Patienten mit einer milden kognitiven Einschränkung fand ich in der CPAP-Gruppe eine deutlich geringere Abnahme der kognitiven Fähigkeiten im Mini-Mental-Test“ , so Göder.  

Schlafstörungen erhöhen das Depressionsrisiko um das 2,6-fache. Auch liegt die Prävalenz eines OSAS für psychiatrische Patienten bei 24 Prozent (36 Prozent bei Männern und 13 Prozent bei Frauen). Hier dürfte nach Meinung von Göder auch die zum Teil deutliche Gewichtszunahme unter Antipsychotika, die die Manifestation eines OSAS begünstigt,  eine wichtige Rolle spielen. Doch in Interventionsstudien konnte für CPAP insgesamt nur eine leichte Verbesserung der depressiven Symptomatik nachgewiesen werden. Bei Patienten mit einer ausgeprägten Depressivität war die Wirkung allerdings ausgeprägter. 

Schlaganfallpatienten ins Schlaflabor

Unspezifische zerebrale Läsionen erzeugen schlafbezogene Atemstörungen (SBAS), vor allem zentrale und zwar unabhängig von der Lokalisation der Läsion. Die Prävalenz einer SBAS beträgt bei Schlaganfallpatienten 60 Prozent. Betroffen sind auch Patienten mit einer minimalen neurologischen Symptomatik, eine solche kann sogar ganz fehlen. Bei Patienten mit einer zentralen Atemstörung und unauffälligem konventionellen MRT finden sich als neuroanatomisches Korrelat der Atemregulationsstörung subtile mikrostrukturelle Veränderungen des Hirnstamms. Diese umschriebenen mikrostrukturellen Veränderungen sind durch eine Beatmungstherapie beeinflussbar. „Deshalb sollt jeder Schlaganfallpatient in einem Schlaflabor untersucht werden“, so Dr. Peter Young von der neurologischen Universitätsklinik in Münster.

Warum ist nicht jeder OSAS-Patient müde?

Ein Leitsymptom des OSAS ist die Tagesschläfrigkeit, die nicht selten zu einem Verkehrs- oder Arbeitsunfall führt. Dann stellt sich immer die Frage, warum dies nicht schon früher aufgefallen ist. „Doch es gibt Patienten, die keine Schläfrigkeit angeben, sogar wenn sie den typischen OSAS-Phänotyp haben“, so Professor Maritta Orth vom Theresienkrankenhaus in Mannheim. Es gebe Patienten, die die Schläfrigkeit definitiv nicht haben oder diese nicht bemerken, sie falsch einschätzen oder sich daran gewöhnt haben. Auch kommt es vor, dass Patienten bewusst keine Schläfrigkeit angeben z.B. bei drohenden Sanktionen. „Aber auch Ärzte denken zu selten daran, dass ein OSAS mit einem stark erhöhten Unfallrisiko einhergeht“, so Orth. 

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