Einleitung
Die Fähigkeit, Salz (und damit Wasser) für den Körper zu konservieren, bot evolutionär sicherlich Vorteile zu einer Zeit, in der sich der Mensch salzarm ernähren musste. Andererseits bestand kein hoher Selektionsdruck für die Entstehung von Mechanismen, die der Natriumelimination dienen. Während die „großzügige“ Sekretion von
Aldosteron infolge verschiedener Stimuli sowie das Auftreten von Autonomien einst förderlich sein konnte, sind diese Prozesse heutzutage, da wir Menschen länger leben und generell zu viel Salz aufnehmen, mit einem stark erhöhten kardiovaskulären Risiko verbunden.
Aldosteron wird in den Kalium-, Angiotensin II- und ACTH-sensitiven Zellen der Zona glomerulosa in der Nebennierenrinde gebildet. Uni- oder bilaterale hyperplastische Veränderungen (häufig), mehr oder weniger kleine gutartige Nebennierenrindentumore (häufig) oder größere
Nebennierenrindenkarzinome (sehr selten) können die Quelle einer autonomen Aldosteronsekretion sein. Diese Läsionen treten in der Regel sporadisch auf, wenngleich bei ca. 30–50 %
somatische Mutationen gefunden werden: veränderte Kaliumkanal- bzw. ATPase-Aktivitäten. Es gibt wenige familiäre Formen eines Conn-Syndroms. Bei der Variante des glukokortikoidabhängigen Aldosteronismus ist der
Promotor der Aldosteronsynthase derart verändert, dass ACTH zum Hauptregulator der Aldosteronsynthese wird und diese unabhängig von
Kalium und Angiotensin II erfolgt. Bei einer anderen Form ist – ähnlich wie bei den sporadischen Aldosteronomen – das Gen des Kaliumkanals
KCNJ5 betroffen, nur eben als
Keimbahnmutation.
Pathophysiologie
Die autonome, also von Kalium- oder Angiotensin-II-Blutkonzentrationen unabhängige Aldosteronproduktion, bedingt in der Niere eine auf Kosten von
Kalium und Protonen gesteigerte Natriumretention. Die Serumnatriumkonzentration wird über ein vermehrtes Durstgefühl und eine inadäquate Vasopressinsekretion und Wasserretention entsprechend verdünnt, wobei die Flüssigkeit über das Herz bei guter Funktion aus dem venösen Pool auch in das arterielle Gefäßsystem überführt wird.
Die Hypervolämie
führt zur Vorhofdehnung und damit zur Sekretion natriuretischer Faktoren wie ANP und BNP aber auch bei entsprechender Füllung zu einem erhöhten Gefäßwiderstand und somit zu einer
Hypertonie. Die Suppression von
Renin bewirkt niedrige Spiegel von Angiotensin I und Angiotensin II, die jedoch keinen Zugriff auf die inadäquat gesteigerte Aldosteronsynthese in den autonomen Zellen haben.
Klinik
Im Vordergrund steht die
arterielle Hypertonie. Klassischerweise lässt sich keine Nachtabsenkung finden. Das kann als
Kopfschmerzen und innere Spannung gefühlt werden. Auch wenn die
Hypertonie sehr schwer und mit Komplikationen schon in relativ jungem Alter assoziiert sein kann, sind milde Hypertonieformen bei jungen Patienten genauso möglich.
Sehr typisch ist auch bei den milden Verläufen, dass das Ansprechen auf die antihypertensive Medikation reduziert ist. Aufgrund der Suppression von
Renin und Angiotensin läuft die antihypertensive Medikation mit
Betablocker, Reninantagonisten,
ACE-Hemmern und AT1-Rezeptorantagonisten oder deren Kombination ins Leere. Die Therapie mit Vasodilatatoren schafft zwar etwas „Raum“, doch erst die Therapie mit
Diuretika beseitigt die Hypervolämie. Der Einsatz von Thiaziden und Schleifendiuretika bleibt allerdings limitiert, da sie den renalen Kaliumverlust und die Neigung zur Hypokaliämie steigern.
Liegt eine Hypokaliämie vor, so kann diese schließlich auch Missempfindungen oder gar Muskelkrämpfe oder Tetanien verursachen.
Die Polyurie-Polydipsie-Symptomatik
hat ihren Ursprung in der gesteigerten Hyperfiltration im Glomerulum bei hohem Filtrationsdruck sowie in einem gesteigerten Durstempfinden bzw. dem Gefühl eines ständig trockenen Mundes, die aus der Natriumretention resultieren. Auch sehr junge Menschen und Patienten ohne augenscheinliche
Herzinsuffizienz geben bei Diagnosestellung deshalb häufig eine Nykturie an.
Die Hypervolämie führt bei relativ guter Herzfunktion bereits früh zu
Ödemen. Das hohe Blutvolumen lässt wenig Spielraum zur Modulation des Blutdrucks durch vasoaktive Prozesse, so dass kleine Anlässe, die eine Vasokonstriktion zur Folge haben, bereits zu krisenhaften Blutdruckanstiegen führen können. Hinzu kommt, dass bei Entstehen einer
Herzinsuffizienz das Volumen im venösen Gefäßsystem und somit das
Renin inadäquat hoch für das Blutvolumen bleiben, was Anlass für wiederholte kardiale Dekompensationen ist.
Da der Schweregrad der Erkrankung nicht nur vom Aldosteronexzess abhängt, sondern auch vom Salzkonsum, wird gelegentlich eine episodenhafte Blutdruckproblematik beschrieben (unterschiedliche Ausprägung der
Hypertonie während des Alltags im Vergleich zu Urlaub, Kur, Auslandsaufenthalt, Schwangerschaft, etc.).
Nicht zuletzt sollten Anamnese und klinische Untersuchung auch dazu dienen, einem etwaigen
Hyperkortisolismus, der in Kombination mit einem Hyperaldosteronismus auftreten kann, auf die Spur zu kommen.
Differenzialdiagnostik
Überlegungen, die maßgeblich das weitere klinische Management beeinflussen, sind in Tab.
3 dargestellt.
Tab. 3
Einflussfaktoren für das weitere klinische Management
Unilaterale Erkrankung | ↔ | Bilaterale Erkrankung | Häufig |
Alleiniger Aldosteronexzess | ↔ | | ca. 5 % |
Sporadische Erkrankung | ↔ | familiäre Erkrankung | ca. 5 % |
Benignes Aldosteronom | ↔ | | Selten |
Adrenaler Hyperaldosteronismus | ↔ | Ovarieller Hyperaldosteronismus | Rarität |
Unilaterale versus bilaterale Erkrankung
Um diese Entitäten zu differenzieren, helfen der Nebennierenvenenkatheter („Goldstandard“) und bildgebende Verfahren in Dünnschichttechnik (ca. 2 mm). Eine gute Differenzierung bezüglich uni- oder bilateralter Erkrankung ist auch mittels Metomidateszintigraphie möglich. Bei Patienten über 40 Jahren bedeutet der Nachweis eines Nebennierenrindentumors nicht unbedingt, dass dieser auch die Quelle des Aldosteronexzesses ist. Das liegt daran, dass ab einem Alter von ca. 40 Jahren eine Nebennierenläsion im Sinne eines hormoniaktiven Tumors statistisch zu häufig vorkommt (ca. 5 %).
Alleiniger Aldosteronexzess versus Cosekretion von Kortisol
Auch wenn eine klinisch relevante Cosekretion von
Kortisol selten vorkommt, so ist diese für die Interpretation von Nebennierenvenenkatheterergebnissen, Szintigraphien und für das postoperative Management von großer Bedeutung. Neben einer guten Anamnese und einer kundigen körperlichen Untersuchung sind die Bestimmungen von 18-Hydroxy- oder 18-oxo-Kortisol bzw. von Kortisol im Dexamethasonhemmtest oder in einem 24-h-Urin wegweisend.
Sporadische Erkrankung versus familiäre Erkrankung
Zum Ausschluss familiärer Formen ist es möglich, eine Gendiagnostik vorzunehmen. Beim glukokortikoidabhängigen Aldosteronismus ist es möglich, über die Bestimmungen von 18-Hydroxy- oder 18-oxo-Kortisol bzw. von
Aldosteron und
Kortisol im Dexamethasonlangtest die Spur aufzunehmen. Der familiäre Hyperaldosteronismus-Typ-2 ist klinisch definiert und kann durch eine Mutation im Kaliumkanal KCNJ5 charakterisiert sein.
Benignes Aldosteronom versus Nebennierenrindenkarzinom
Das
Nebennierenrindenkarzinom fällt über die Bildgebung auf und kommt in der Regel als großer inhomogener Tumor zur Darstellung. Das Frührezidiv oder ein nicht erfolgreich operiertes „Conn-Adenom“ liefern ebenfalls Anlass für eine entsprechende Abklärung.
Adrenaler Hyperaldosteronismus versus ovarieller Hyperaldosteronismus
Das „ovarielle Conn-Syndrom“ stellt eine Rarität dar.
Therapie
Unilaterale Erkrankungen können operiert werden, ein Umstand, der bei Einverständnis des Patienten den Motor für die aufwendige Diagnostik darstellt. Der retroperitoneoskopische Zugang ist heute Standard, gefolgt von transabdominellen mikrochirurgischen Verfahren.
Die medikamentöse Therapie stellt die Alternative zur operativen Intervention dar. In Deutschland ist für die Therapie des Hyperaldosteronismus das Spironolacton
zugelassen. Diese Substanz besitzt jedoch eine potente
gestagene und antiandrogene Aktivität, was ab 50 mg pro Tag klinisch relevant und labordiagnostisch erfassbar wird. Der Einsatz in niedriger Dosierung und die frühe Kombination mit anderen antimineralokortikoiden Substanzen wie Triamteren oder Amilorid erscheint pathophysiologisch sinnvoll, um an Spironolactondosis zu sparen. Eine Alternative besteht im Einsatz von Eplerenon, was nur für die
Therapie der Herzinsuffizienz zugelassen ist und aufgrund seiner kurzen
Halbwertszeit mehrfach am Tag eingenommen werden muss. Ziel der Therapie ist die Beseitigung der Retentionshypervolämie, was sich in der Normalisierung von
Renin, proBNP sowie
Kalium ausdrückt. Sollte unter diesen Voraussetzung eine
Hypertonie fortbestehen, können Vasodilatatoren
additiv gut eingesetzt werden.
Die medikamentöse Therapie eignet sich auch dazu, Patienten für eine Operation „vorzubereiten“. Als „Mittelweg“ zwischen Operation und konservativem Prozedere könnte die Alkoholinjektion in Nebennierentumore darstellen. Dem Alkohol wird Kontrastmittel beigemischt; eine gewisse Größe des Aldosteronoms ist hierfür jedoch eine Voraussetzung (ca. 2 cm).
Beim glukokortikoidabhängigen Aldosteronismus kann Prednisolon in niedriger Dosis zusätzlich zu Spironolacton in niedriger Dosierung gegeben werden, womit sich der Hyperaldosteronismus gut kontrollieren lässt.