Direkte Sympathomimetika
Ephedrin ist ein potentes Stimulans, das aber gegenüber den
Amphetaminen eine geringere Wirksamkeit aufweist. Eine Zulassung für den Einsatz in der Therapie von
Schlafstörungen gemäß „ICSD-3“ gibt es nicht. Nach oraler Gabe hält sein Effekt über mehrere Stunden an, die
Halbwertszeit beträgt 3–6 Stunden. Die Dosierung erfolgt in bis zu zweimaliger Gabe zwischen je 25–75 mg. Es wird unverändert ausgeschieden. Ephedrin ist nicht betäubungsmittelpflichtig. Offene oder systematische randomisierte Doppelblindstudien existieren nicht.
Indirekte Sympathomimetika
Amphetamine sind Psychostimulanzien, die sich von Beta-Phenylethylamin ableiten. Sie verursachen eine zentrale Stimulation, setzen Hunger- und Durstgefühl herab, verbessern Konzentrations- und Lernkapazität, hemmen Schläfrigkeit und üben einen peripheren sympathomimetischen Effekt auf das kardiovaskuläre und auf das Energiesystem aus. Der
Haupteffekt der
Amphetamine besteht in der Freisetzung von Dopamin und in geringerem Ausmaß von Norepinephrin und von
Serotonin (siehe „Tryptophan und Serotonin“). In höheren Dosierungen führt es zu Entleerung und Hemmung von monoaminergen Speichern. Das D-Isomer des Amphetamins ist ein spezifischer Speicher für die dopaminerge Übertragung und ein effektiveres Stimulans. Metamphetamin ist lipophiler als Amphetamin und hat deshalb mehr zentrale und weniger periphere Wirkungen als D-Amphetamin. Alle Amphetamine werden zu mehr als 90 % resorbiert, passieren die Blut-Hirn-Schranke und erreichen ihre maximale Plasmakonzentration nach 1–4 Stunden. Die
Eliminationshalbwertszeit beträgt zwischen 10–30 Stunden.
Die Hauptnebenwirkungen sind Übererregbarkeit, Hyperaktivität, Stimmungsänderungen,
Kopfschmerzen, Palpitationen, Schwitzen, Tremor, Anorexie und
Insomnie, Körperkerntemperaturerhöhung und Erhöhung von Blutdruck, Herzfrequenz, Gefäßwiderstand und Energiemetabolismus. Dosierungen von >60–100 mg täglich verursachen toxische Effekte mit „schnellem Denken“, „Schwierigkeiten, Gedankenausbrüche zu kontrollieren“ und „Ausbrüche verbaler Aggressivität“. Psychotische Reaktionen können auftreten. Wegen teratogener Effekte bei Tieren sind
Amphetamine bei Schwangeren kontraindiziert.
Methylphenidat verursacht wie die
Amphetamine eine Dopaminfreisetzung, hat aber keine wesentliche Auswirkung auf die Monoaminspeicherung. Der klinische Effekt ist den Amphetaminen ähnlich. Es hat eine kurze
Halbwertszeit von 2–7 Stunden, die Tagesdosis kann deshalb zwei- bis dreimal eingenommen werden. Die retardierten Präparate Concerta und Ritalin SR („slow release“) sind ausschließlich für die Behandlung der „Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung“ (
ADHS) zugelassen. Durch eine veränderte
Pharmakokinetik von Concerta (osmotisch kontrollierte Freisetzung) wird die Plasmahöchstkonzentration nach ca. 6–8 Stunden erreicht, sodass die Wirkdauer ca. 12 Stunden beträgt. Möglicherweise werden durch die kontrollierte Freisetzung weniger Nebenwirkungen erzielt und Toleranzentwicklung verringert. Zum Gebrauch von unretardiertem Methylphenidat bei
Narkolepsie liegen Berichte zu Studien der Evidenzklasse II vor, die eine signifikante Verbesserung der
Tagesschläfrigkeit, gemessen im Multiplen Wachbleibetest (Maintenance of Wakefulness Test, MWT), zeigen. Die Nebenwirkungen sind dieselben wie bei den Amphetaminen. Appetitminderung und Blutdruckerhöhungen scheinen jedoch geringer als unter D-Amphetamin.
Pemolin ist nur zur Behandlung der Aufmerksamkeits-Hyperaktivitätsstörung zugelassen. Es ist ein Oxazolidinderivat mit einer langen
Halbwertszeit von 12 Stunden und sollte daher nur einmal täglich eingenommen werden. Es ist ein mildes Stimulans, blockiert selektiv die Dopaminaufnahme und stimuliert nur schwach dessen Freisetzung.
Mazindol ist ein Imidazolidinderivat mit ähnlicher Wirkung wie die
Amphetamine. Es hat schwache dopaminfreisetzende Eigenschaften, aber es hemmt mit hoher
Affinität die Dopamin- und Norepinephrinwiederaufnahme.
Kontrollierte Studien liegen nicht vor. Es war bis 2003 ein in der Narkolepsiebehandlung häufig eingesetztes Präparat, für das breite klinische Erfahrung vorlag. Die Nebenwirkungen sind mit denen anderer Stimulanzien vergleichbar. Die Dosis beträgt bis zu zweimal 50 mg täglich.
Andere Medikamente
Koffein ist ein schwaches Stimulans. Einige „Wachmacher“ enthalten
Koffein. Seine Wirkdauer ist sehr kurz.
Gammahydroxybuttersäure (GHB) ist ein
Neurotransmitter/Neuromodulator, der durch seine spezifischen Rezeptoren und durch Stimulation von GABA-B-Rezeptoren wirkt. Gammahydroxybuttersäure dämpft im Wesentlichen dopaminerge Neurone.
Natriumoxybat, das Natriumsalz der Gammahydroxybuttersäure, ist in Deutschland ausschließlich zur Behandlung der
Kataplexie bei
Narkolepsie zugelassen. Es unterliegt dem
Betäubungsmittelgesetz und muss entsprechend rezeptiert werden. Es konnte gezeigt werden, dass das Präparat in der Behandlung der
Tagesschläfrigkeit vergleichbar wirksam ist wie Modafinil und eine Zunahme von Tiefschlaf in der Nacht verursacht, sodass es in den USA bereits für die Indikationen Tagesschläfrigkeit und gestörter Nachtschlaf bei Narkolepsie zugelassen wurde.
Das Präparat wird initial mit 3–4,5 g/Nacht eindosiert. Die volle Wirkung entfaltet sich meist unter einer Dosis von 6–9 g/Nacht. Es ist nur in flüssiger Form erhältlich und muss zweimal pro Nacht eingenommen werden. Die Anwendung sollte durch erfahrenen Behandler erfolgen.
Modafinil ist chemisch nicht mit den
Amphetaminen verwandt ist. Es ist ein postsynaptischer α1-Rezeptoragonist. Tierexperimentell hat es eine niedrige
Affinität zu Dopaminrezeptoren, keine Affinität zu α- und β-adrenergen, 5-HT- und dopaminergen Rezeptorsubtypen. Seine Wirkung wird über direkte und indirekte Interaktionen mit dopaminergen, serotonergen und GABAergen Mechanismen vermutet (siehe auch „Neurotransmitter“). Gegenüber Metamphetamin zeigt es beim Absetzen keine Rebound-Hypersomnie, hat tierexperimentell eine geringere Zunahme der lokomotorischen Aktivität und unterdrückt
REM-Schlaf länger. Bei oraler Applikation wird es langsam absorbiert, zeigt 2–4 Stunden nach Einnahme Spitzenplasmawerte mit geringer inter- und intraindividueller Variabilität. Ein Steady State wird nach 8 Tagen erreicht. Der Anstieg der Plasmakonzentration ist dosisabhängig linear. Die
Eliminationshalbwertszeit beträgt 10–13 Stunden.
Tagesschläfrigkeit und
Lebensqualität von Narkolepsiepatienten verbessern sich dosisabhängig. In bisherigen Untersuchungen fanden sich keinerlei Zeichen eines „amphetaminartigen“ Entzugs, einer Toleranzentwicklung oder eines Abhängigkeitspotenzials. Bis zu 40 % aller Narkolepsiepatienten respondieren nicht auf Modafinil. Berichte über Toleranzentwicklungen liegen vor. Möglicherweise kommt es über einen COMT-Polymorphismus zu geschlechtsspezifisch unterschiedlichem oder fehlendem Ansprechen auf das Präparat. Modafinil kann
Cytochrom-P-450-Induktion verursachen. Wegen der Interaktion mit oralen
Kontrazeptiva sollten Präparate mit mehr als 50 μg Ethinylöstradiol verordnet werden.
Zusammenfassung
Die Zulassung von Stimulanzien beschränkt sich in Deutschland auf die Behandlung der „Narkolepsie“. Zugelassen für die Therapie der
Tagesschläfrigkeit sind Modafinil und unretardiertes Methylphenidat. Für die Therapie der
Kataplexie und der Tagesschläfrigkeit ist Pitolisant zugelassen. Natriumoxybat ist als Antikataplektium zugelassen, hat aber auch einen positiven Effekt auf die Reduktion der Tagesschläfrigkeit und kann deswegen auch unter diesem therapeutischen Aspekt in der Therapie der
Narkolepsie angewendet werden. Da für andere Stimulanzien keine Zulassung mit der Indikation Narkolepsie besteht, muss deren Anwendung streng geprüft und begründet werden.
Nicht zugelassene Medikamente können off-label verordnet werden. Damit die Medikamente verordnet werden dürfen, sind laut Bundessozialgerichtsentscheidung vom 19. März 2002 folgende Bedingungen zu erfüllen:
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schwerwiegende, das heißt lebensbedrohliche oder die
Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung;
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keine andere Therapie verfügbar;
-
aufgrund der Datenlage bestehende begründete Aussicht, mit dem betreffenden Präparat einen Behandlungserfolg, sei es kurativ oder palliativ, zu erzielen.
Die Behandlung mit Stimulanzien sollte durch schlafmedizinisch erfahrene Behandler erfolgen oder begleitet werden.