Zu dieser Gruppe sehr heterogener und seltener primärer Kopfschmerzerkrankungen zählen der primäre Donnerschlagkopfschmerz, der primäre stechende Kopfschmerz, der Münzkopfschmerz und der schlafgebundene Kopfschmerz. Vor Diagnosestellung dieser
Kopfschmerzen ist der Ausschluss einer sekundären Genese erforderlich.
In Kapitel 4 der ICHD-3 werden andere primäre, insgesamt sehr heterogene Kopfschmerzerkrankungen zusammengefasst. Diesen
Kopfschmerzen ist gemein, dass die Pathogenese weitgehend unverstanden ist und die Therapieempfehlungen häufig auf Fallberichten beruhen. Vor Diagnosestellung dieser Kopfschmerzen ist meist der Ausschluss einer sekundären Genese erforderlich (Kap. „Sekundäre Kopfschmerzsyndrome“).
Primärer Donnerschlagkopfschmerz
Der primäre Donnerschlagkopfschmerz
ist ein plötzlich einsetzender Vernichtungskopfschmerz wie bei einer
Subarachnoidalblutung (s. Übersicht unten für weitere Differenzialdiagnosen), der zwischen einer Stunde und bis zu 10 Tagen anhalten kann. Für die Diagnose müssen Bildgebung mit Gefäßdarstellung und Liquoranalytik unauffällig sein. Es wird diskutiert, ob dem primären Donnerschlagkopfschmerz nicht Mikroaneurysmen oder Vasospasmen zugrunde liegen, die der Bildgebung entgehen (Dilli
2014; Ducros und Bousser
2013; Schwedt
2015).
Primärer stechender Kopfschmerz
Schlafgebundener Kopfschmerz (engl. Hypnic Headache)
Neu aufgetretener täglicher Kopfschmerz (New daily persistent headache)
Weitere seltene primäre Kopfschmerzen
Primärer Husten- und Anstrengungskopfschmerz
Der primäre Hustenkopfschmerz sowie der primäre Anstrengungskopfschmerz sind plötzlich bei Belastung bzw. kurzzeitiger intrakranieller Drucksteigerung auftretende
Kopfschmerzen. Der
primäre Hustenkopfschmerz ist von kurzer Dauer (Sekunden bis 30 Minuten). Für eine primäre Kopfschmerzdiagnose müssen v. a. Pathologien in der hinteren Schädelgrube ausgeschlossen werden. Bei ca. 20–40 % der Patienten mit persistierenden Hustenkopfschmerzen bestehen anatomische Dispositionen wie
Arnold-Chiari-Malformationen Typ I oder Aneurysmen (dann sekundärer Hustenkopfschmerz). Ständig auftretende Hustenkopfschmerzen sollten daher hinsichtlich obiger Differenzialdiagnosen eingeordnet werden. Die Behandlung, sofern notwendig, erfolgt symptomatisch mit nichtsteroidalen Analgetika (Cordenier et al.
2013).
Der primäre
Anstrengungskopfschmerz hält zwischen 30 Minuten und 48 Stunden an und entspricht einem Vernichtungskopfschmerz wie bei einer
Subarachnoidalblutung. Umgebungsfaktoren wie heißes Wetter oder größere Höhen können das Auftreten des Kopfschmerzes begünstigen. Auch diese Diagnose darf nur gestellt werden, wenn symptomatische Ursachen (Aneurysma, Dissektate, Blutungen) sicher ausgeschlossen sind (Sandoe und Kingston
2018).
Primärer Kopfschmerz bei sexueller Aktivität
Der primäre Kopfschmerz bei sexueller Aktivität
kann sich allmählich in der Erregungsphase vor dem Orgasmus als dumpfer, bilateraler Kopfschmerz entwickeln oder als plötzlicher Vernichtungskopfschmerz in der Orgasmusphase auftreten (González-Quintanilla und Pascual
2019). Die Dauer ist sehr unterschiedlich zwischen wenigen Minuten bis Stunden. Auch hier ist die
Subarachnoidalblutung die wichtigste Differenzialdiagnose, die ausgeschlossen werden muss. Therapeutisch kann bedarfsabhängig vor dem Verkehr
Indometacin oder bei längeren Episoden eine Prophylaxe mit Metoprolol oder Propranolol analog zur
Migräne eingesetzt werden.
Facharztfragen
1.
Welche Differenzialdiagnosen des Donnerschlagkopfschmerzes kennen Sie?
2.
Wie kann der primäre stechende Kopfschmerz von einer
Trigeminusneuralgie oder einem SUNCT-/SUNA-Syndrom abgegrenzt werden?
3.
Welche Medikamente können für den neu aufgetretenen täglichen Kopfschmerz ausprobiert werden?
4.
Welche therapeutischen Maßnahmen können für den schlafgebundenen Kopfschmerz eingesetzt werden?