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Dengue-Viren

Verfasst von: W. Stöcker
Dengue-Viren
Englischer Begriff
Dengue virus
Beschreibung des Erregers
Familie: Flaviviridae; Gattung: Flavivirus; Spezies: Dengue-Virus (Serotypen 1–4). Plusstrang-RNA-Genom, behüllt, 50 nm Durchmesser.
Erkrankungen
Dengue-Fieber (in 1 % der Fälle: hämorrhagisches Dengue-Fieber, Dengue-Schocksyndrom).
Verbreitung: weltweit in über 100 tropischen und subtropischen Ländern. Dengue-Fieber ist die häufigste vektorübertragene Virusinfektion des Menschen.
Vektor: Stechmücken (Aedes aegypti und albopictus).
Wirte: Primaten, Mensch (etwa 95 % der Infizierten sind Kinder).
Übertragung auch transplazentar und durch Bluttransfusion oder Organtransplantation möglich.
Klinik: Erstinfektionen verlaufen häufig asymptomatisch. Die Krankheit ist gekennzeichnet durch plötzlich auftretendes hohes Fieber und grippeähnliche Symptomatik, Muskel- und Gelenkschmerzen, Exantheme, Petechien, Splenomegalie, Bradykardie, Hypotension, Thrombozytopenie, Lymphozytopenie.
Bei Kindern unter 15 Jahren und allgemein nach Zweitinfektion mit einem anderen Serotyp: Hämorrhagien und Schocksymptomatik, Letalität 6–30 %.
Therapie und Prophylaxe: nur symptomatische Behandlung; Impfstoff noch in Entwicklung. Schutz vor Mückenstichen, Bekämpfung der Vektoren.
Analytik
Das Arbeiten mit dem Erreger erfordert Laboratorien der Sicherheitsklasse 3.
Direktnachweis: im Blut mittels RT-PCR (PCR (Polymerase-Kettenreaktion)), Antigen-Capture-ELISA (NS1-Protein) oder Virusanzucht in Zellkultur.
Serologie: Spezifische Antikörper der Klassen IgG und IgM werden durch Hämagglutinationshemmtest, Neutralisationstest, indirekte Immunfluoreszenz (Immunfluoreszenz, indirekte) und verschiedene Enzymimmunoassays (s. Enzymimmunoassay) nachgewiesen. Aviditätstests ergänzen die Serologie bei unklaren Befunden.
Untersuchungsmaterial – Probenstabilität
Direktnachweis und Kultur: Blut oder Blutbestandteile (PCR). Die Proben sollten bei +4 °C transportiert und innerhalb von 6 Stunden (PCR) und 24 Stunden (Kultur, direkte Immunfluoreszenz) analysiert werden.
Serologie: Serum oder Plasma sind für den Nachweis der Antikörper bei +4 °C bis zu 2 Wochen lang beständig, bei −20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen.
Diagnostischer Wert
Direktnachweis: möglich während der ersten 2–7 Krankheitstage; Serotypisierung mittels RT-PCR. Der Nachweis des hochspezifischen Dengue-NS1-Antigens im Serum gelingt bei Dengue-Viren-infizierten Patienten ab Beginn der klinischen Symptomatik sowohl bei primären als auch bei sekundären Infektionen. Damit stellt dieser Antigennachweis nicht nur ein wichtiges Werkzeug zur Detektion akuter Dengue-Infektionen dar, sondern kann auch die zeitintensivere RT-PCR ersetzen.
Serologie: Dengue-Virus-spezifisches IgM erscheint bereits am 2. –4. Krankheitstag. Es erreicht sein Maximum nach 2 Wochen und bleibt 2–3 Monate nachweisbar. Spezifisches IgG findet man bei einer Primärinfektion erst ab dem 9. Krankheitstag. Ein IgG-Nachweis zu Beginn der Erkrankung kann somit als Beweis für eine sekundäre Infektion herangezogen werden. Bei einer solchen Zweitinfektion mit einem heterologen Dengue-Virus-Serotypen (1–4) kann der IgG-Titer bis zu 10-fach höher ausfallen als nach der Erstinfektion, während oftmals kein IgM nachweisbar ist. IgG-Antikörper bleiben als immunologisches Gedächtnis über Monate und Jahre erhalten. Niedrige Dengue-Virus-spezifische IgM-Titer können monatelang persistieren und eine aktive Dengue-Infektion vortäuschen. Dagegen kann ein signifikanter Anstieg des spezifischen IgG-Titers als eindeutiger Nachweis einer frischen Infektion gewertet werden. Zu beachten sind Kreuzreaktionen, zum einen zwischen den 4 Serotypen untereinander (die aber keinen gegenseitigen Immunschutz bewirken), zum anderen mit Antikörpern gegen andere Flaviviren (Zika-Viren, FSME-Viren, Gelbfieber-Viren, West-Nil-Fieberviren, Japanische-Enzephalitis-Viren etc.).
Differenzialdiagnosen: Zika-Viren-Infektion, Gelbfieber und andere Arbo-Virus-Infektionen, Typhus, Malaria, Masern, Röteln.
Zum Screening von Bluttransfusionen auf virale RNA oder auf spezifische Antikörper können PCR-Tests oder serologische Methoden verwendet werden.
Durch die Verordnung zur Anpassung der Meldepflichten nach dem Infektionsschutzgesetz an die epidemische Lage (IfSG-Meldepflicht-Anpassungsverordnung), die am 01.05.2016 in Kraft getreten ist, wurde die Meldepflicht für Labore nach § 7 Abs. 1 Satz 1 IfSG auf den direkten oder indirekten Nachweis von Chikungunya-Viren, Dengue-Viren, West-Nil-Fieberviren, Zika-Viren und sonstige Arboviren ausgedehnt, soweit der Nachweis eine akute Infektion anzeigt. Darüber hinaus können allgemeine nicht erreger- oder krankheitsspezifische Meldepflichten bestehen.
Literatur
Halstead SB (2007) Dengue. Lancet 370(9599):1644–1652CrossRefPubMed
Robert-Koch-Institut, Berlin (2011) Steckbriefe seltener und importierter Infektionskrankheiten. Robert-Koch-Institut, Berlin
Senanayake S (2006) Dengue fever and dengue haemorrhagic fever – a diagnostic challenge. Aust Fam Physician 35(8):609–612PubMed
Teo D, Ng LC, Lam S (2009) Is dengue a threat to the blood supply? Transfus Med 19(2):66–77CrossRefPubMedPubMedCentral